Proposal: Deprecation von landuse=forest

Die Variante 6 (aka “Münzwurf”) ist international bei weitem vorherrschend :/.

Eben. Ich habe damit auch kein Problem, das nennt man “normative Kraft das Faktischen”. Elitäre Zirkel wie hier im Forum oder im Wiki können sich noch so sehr auf den Kopf stellen, 80 Prozent der Bestandsmapper werden von irgendwelchen Änderungen im Wiki nie Kenntnis nehmen - “wir haben das schon immer so oder so gemacht” - und munter weiter landuse=forest oder natural=wood taggen, je nachdem, was in ihrer Region gerade üblich ist. Jetzt - nach über zehn Jahren OSM - noch einmal elementare Tags umzuwerfen, ist schlicht gaga. Ich habe den Eindruck, dass schon die PTV-Experten oft mit der Umstellung von Version 1 auf 2 überfordert sind. Wie soll so etwas von viel größerer Tragweite erst bei Nichtexperten funktionieren?

Ein Waldbesitzer muss diese Diskussion irritiert verfolgen, ob der verbreiteten Ahnungslosigkeit.

Wald ist in D (ähnlich wie in Österreich) immer noch zu >95% Nutzwald, und das seit Hunderten von Jahren. (wäre klar ein landuse=forest).
Sein Flächenanteil von 30% Deutschlands hat sich ebenfalls seit vielen Jahrzehnten nicht verändert, denn jeder Waldbesitzer, ob privat (50%) staatlich (30%) oder kommunal (20%) ist verpflicht, seine Flächen zu bestocken, oft sogar mit vorgeschriebenen Gehölzen. Einmal schnell Rapsanbau oder Weide auf gerodeter Fläche geht garnicht (Grundwasserschutz, u.v.m.).

Es gab eine minimale Zunahme des Waldes aufgrund von neu genehmigten “Energiewäldern” auf ehemaligen Feldern mit schlechter Bodengüte. Die werden nach 10 Jahren komplett verhackschnitzelt. Ansonsten stehen die Waldgrenzen in D fest, oft seit Jahrhunderten.

Neben dieser sehr intensiven Forstwirtschaft hat sich mit dem Aufkommen der Kohle im 19. Jh. die Nutzung des Waldes hin zur extensiven Forstwirtschaft (=Hochwald) stark verändert. Statt Niederwald im Privat- u. Kommunalwald (max. 30 Jahre Umtriebszeit) zur Versorgung der Bevölkerung mit Heiz-/Kochmaterial, hat die Umtriebszeit sich immer mehr dem Staatswald angepasst: 80 bis zu 150 Jahre Wachstum, für möglichst langes Stammholz. Deshalb nimmt die Biomasse des Waldes in D auch jährlich 5-10% zu, selbst bei Dürrejahren und den größten Stürmen.
Pflegemaßnahmen benötigt dieser Wald schon, wenn er gute Erträge erwirtschaften soll, nur halt in viel größeren Abständen.
Es mag es wie ungepflegter “Stangelwald” aussehen, ist aber häufig beabsichtigt: Eine enge Pflanzung sorgt für gemeinsames Höhenwachstum statt Seitentriebe (Wertminderung), vermindert Windangriffsfläche und Schneebruch. Dann tut sich lange nix.
Erstes Auslichten nach 10 und weiteren 20 Jahren, und auch nur dann wenn es notwendig ist und sich rechnet (bei Fichte nie, lässt man verrotten, wenn nicht gerade Borkenkäferplage herrscht und alles rausmuss, mancherorts).

Ein anderer erkennt nach einem Kahlschlag nur Brombeerhecken und Gebüsch, ohne zu sehen, dass in dieser Unordnung dazwischen bereits Eichensetzlinge wachsen, sehr langsam, die aber den Schatten benötigen und nur von Zeit zu Zeit freigeschnitten werden. Am dollsten sind mir die Satellitenmapper, die mitten in den Wald ein großflächiges natural=scrub eintragen ohne vor Ort gewesen zu sein. Wunderschön auch der Kollege der in Südhessen plötzlich rechteckige natural=heath zu entdecken glaubt.
Will man die Schagflächen nicht mehr als forest taggen, sondern als landcover, dann hat man was zu tun, über Jahre, nach jedem Großschirmschlag… obwohl es weiterhin landuse=forest ist, mit Setzlingen oder Naturverjüngung

Von Hessen, RLP und BY weiß ich, dass sie bereits spätestens 1860 komplett kartographiert waren (Forsteinrichtung), eingeteilt in Schläge, in Waldabteilungen und Distrikte. Die sieht jeder heute noch, der etwas tiefer in den Wald läuft und Ahnung hat: ein, zwei oder drei Ringe markieren die Waldgrenzen. Staatsforsten und Kommunen hängen zur Orientierung Täfelchen mit den Namen auf. Vermutlich finden sich davon in Bayerns Wäldern zehn mal so viele wie es Ortsschilder gibt, z. B. für alle, die Holz machen. Da benötigt man kein Spezialkataster, nur den Blick

Befristet unbenutzte Weiden könnte man dann auch zu natural=grassland umtaggen, mit der gleichen Logik.

Wie anfangs gesagt, das Wissen um den Wald wird eh immer geringer, da kann man auch gerne ein landuse zum natural machen, selbst wenn wir fast nur Kulturwald in D haben.
Cepesko,

Bei grossen Waldflächen, in denen irgendwo gerade ein Rechteck abgeholzt wurde, ist die Sache für mich auch klar. Das ist landuse=forest. Wenn ich aber vor einem vertockneten Maisfeld stehe und in OSM ein landuse=forest erfasst wurde, dann muss ich doch denken “Hier war anscheinend mal Wald” bzw. “Hier sollte eigentlich Wald sein”. Kann aber auch gut sein, dass da nie Wald war und die Daten in OSM einfach immer schon falsch waren. Ist etwas abseits und ich habe nie drauf geachtet.
In meiner Nachbarschaft ist gerade ein innerstädtisches Wäldchen (nicht mal ein Hektar) mit landuse=forest “umgepflügt” worden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass da bald gebaut wird. In dem Fall weiss ich also, dass da Bäume standen, aber ich weiss nicht, ob die Fläche in irgendeinem Register als “Wald” erfasst war und es damit einen “Waldbesitzer” gibt. Kann aus meiner Sicht auch gut sein, dass das Grundstück schon seit 50 Jahren Bauland ist und einfach nicht als solches genutzt wurde.
An anderen Stellen wurden neue Strommasten aufgestellt. Ich vermute mal, dass der Wald, der dafür abgeholzt wurde, auch nicht wieder wachsen darf und stattdessen irgendwo anders neuer Wald angepflanzt werden muss. Sind ja immer nur Streifen von etwa 60 m. Im Moment sind die Flächen in OSM nicht erfasst, so wie z.B. hier: https://www.openstreetmap.org/way/898589398

Dass in Mitteleuropa fast jede größere Waldfläche forstwirtschaftlich genutzt wird und damit ein landuse=forest nach deutscher Interpretation ist, bestreitet niemand.
Es gibt aber auch in DE baumbestandene Flächen (Kernzonen, Stadtwälder), bei denen diese Nutzung zumindest fraglich ist. Fällt dann z.B. die Pflege als Schutz gegen herabfallende Äste darunter?
Weit gravierender aber halte ich den Umstand, dass weltweit die Art der Nutzung von Wäldern äußert unterschiedlich ist. Da ist die Verwendung von forest vs. wood fast nur historisch begründet.

Eigentlich müsste man da die Unterscheidung in einer Tabelle je nach Land aufführen, so wie es das für die Klassifikation von highway gibt. Da geht dann eben ein für uns besserer Feldweg entsprechend der lokalen Einteilung als trunk durch und ein Fast-Urwald als forest.
Alternativ könnte man ja auch ein landuse:de=forest einführen ;).
Per normativer Kraft des Faktischen kann man weltweit landuse=forest kaum sicher von natural=wood unterscheiden. Das muss einen nicht stören, ist halt eine der vielen historisch gewachsenen Inkonsequenzen in OSM.

Am besten wäre wohl ein landcover=trees, dass dann spezifiziert werden kann mit:
trees = forest - Zumindest gering Forstwirtschaftlich genutzt
trees = wood - Komplett ungenutzt oder gepflegt
trees = managed - Landschaftspflegerisch gepflegt ohne Holzgewinnung als Primärziel
trees = park - Unterklasse von managed mit Nutzung als Park
trees = agriculture - Kurzumtriebsplantagen
trees = … - Es gibt bestimmt noch mehr sinnvolle Kategorien

Vorallem darum, weil diejenigen, die sich damals die taggs ausgedacht haben sich nicht darum geschert haben, ob die Gegebenheiten global identisch sind. Damals gab es andere Prioritäten und Sesselmapping gabs mangels Luftbildern auch noch nicht.

[Meta]

Hi,

“das Imperium schlägt zurück!”

Wenn man so die Abstimmung verfolgt, kann man feststellen, daß nach anfänglich überwiegender Zustimmung und zwischenzeitlich vermehrter Ablehnung (aufgrund der hiesigen Diskussion?) nunmehr wieder viele zustimmende Stimmen abgegeben werden. Es ist/bleibt spannend …

Ciao

tracker51

Du hast aber auch Forstwirtschaftliche Fläche, wo gerade keine Bäume stehen. Daher sollte die Art der gewidmeten Nutzung unabhängig davon eingetragen werden von dem “landcover”.

Was irgendwie komplett aus dem Fokus geraten ist: Die meisten (Karten)nutzer interessieren sich nur für die Information, ob in einem Gebiet gerade Bäume stehen oder nicht bzw. was anderes. Diese Info ist für die Orientierung im Gelände allgemein nützlich.

Die fortswirtschaftliche Einstufung dagegen ist ein Expertenwissen, das nur für extreme Nischennutzer interessant ist. Von daher ist es nach cepeskos Ausführungen noch viel mehr ein Unding, daß man in Deutschland natural=wood und landuse=forest nicht gleichzeitig verwenden darf. Sonst könnte man den Fall “gerade keine Bäume sichtbar weil in Aufforstung, aber trotzdem Forstwirtschaft” mit den beiden Tags sehr einfach abbilden.

Mich hat an dem ganzen Proposal hauptsächlich die vorgeschlagene Verwendung des boundary tag gestört.
Die boundary keys lasst uns mal für Grenzen nehmen, wie gehabt.
Es ist tatsächlich so, und da gebe ich Nop recht, dass sich die meisten Kartennutzer primär dafür interessieren, ob da Bäume stehen oder nicht.
Ob forstwirtschaftlich genutzt oder Naturwald sind weitergehende Informationen.
Ich hätte nichts gegen eine Vereinfachung gehabt, aber man will es ja komplizierter machen.
Man hätte alles einfach “Wald” nennen können !
NUR MIT Zusatzkeys z.B. “wood:forestry_use” versehen.
Dann müsste man keine neuen Grenzen ziehen, keine neuen Polygone basteln.
Alles ohne boundary, ohne weiteren Schnick-schnack
Mit dem Zusatzkey “wood:forestry_use” wäre klar, dass da auch mal ein Kahlschlag kommen kann und danach eine Neuanpflanzung, und zwischendurch also vielleicht mal gerade kein Baum da ist.
Hätte man für DE auch schnell mal umswitchen können auf so ein neues Tagging.
Pfadfinder schrieb in Bezug auf das Forum und das Wiki irgendwas von “elitärer Haufen” oder so ähnlich :wink:
Man entschuldige meine Überspitzung.
Damit hat er in meinen Augen zumindest teilweise recht.
Einfache Lösungen gehen aus irgendwelchen Gründen immer irgendwie nicht.
Denkt aber bitte auch an die tausenden Durchschnittsmapper weltweit.

dx125

+1

+1

Forstgrenzen zu erfassen, um daraus möglicherweise eine Nutzung/Nichtnutzung ist der falsche Weg und nicht unsetzbar. Anhand einer Forstgrenze kann man nicht sagen, ob die betreffende Fläche eine Nutzung hat, oder nicht. Auch ungenutzte Waldflächen haben eine Forstadresse und sind somit Bestandteil der Forstgrenze.

Einem Proposal nur zur Zusammenführung von landuse=forest zu natural=wood hätte ich zugestimmt.

Sven

Das ist aber gerade das Problem, wo ich einfach mit landuse=forest hadere. Es ist halt nur der Wald an sich, Landuse=forest => da wo (mehr oder weniger bewirtschafte) Baumfläche ist. Zu Forstwirschtaftlichen Flächen zählt aber mehr, als nur die Fläche des mit Bäumen bestelltem.
Und gerade da setzt doch das Proposal an. Damit man halt keine Doppeldeutungen mehr hat.

  1. Da wo Bäume stehen => natural=wood
  2. Das was forstwirtschaftliche Fläche ist => boundary=forestry

Und die erfassung von Forstwirtschaftlichen Flächen kann ja daraus dann noch spezifiziert werden, z.B. um die Art der Bewirtschaftung. Aber das ist mir als “einfacher User” egal - weil ich derzeit diese Info einfach nicht brauche.

Doch Unklarheiten bleiben. Nach den hier existierenden forstlichen Grenzen oder besser Grenzen der Waldeinteilung hat man keine Chance eine Unterscheidung nach forstlich bewirtschafteter Fläche und unbewirtschafteter Fläche zu treffen. Schau dir die Forstgrundkarte an…

Sven

=== WERBEEINBLENDUNG ===

Da sich hier so viele Waldinteressierte tummeln…

Erfasst Naturwaldreservate!

Da haben wir ein etabliertes Schema, jenseits von wood vers. forest vers. landcover-Wirrniss.

Hier gibts Links zum Thema mit Beispielen, die als Tagging-Vorlage dienen können:
https://wiki.openstreetmap.org/wiki/User:Jo_Cassel/Naturwaldreservate
auch mal grob, anhand der Ausschilderung - die derzeitige Erfassungsquote in OSM ist miserabel, gegenwärtig nur 20 von ca. 750 in D in OSM auffindbar erfasst, es kann nur besser werden.

Aber das verwendet ja “boundary”! Viel zu kompliziert! Könnte man das nicht viel einfacher per landuse mappen?

Duck und weg.

Ansonsten aber ein gutes Beispiel, dass einfache ways genügen, dass es ohne Relationen auch geht.

Bei meiner Einlassung ging es nicht um “Expertenwissen” oder “extreme Nischennutzer” (framing?) sondern lediglich darum, darauf hinzuweisen, dass Wald in DE flächenmäßig definiert ist und 95% davon in den nächsten 100 Jahren (genutzter) Wald bleiben werden. Das schließt nach meinem Verständnis aber nicht aus, bestimmte (Schutz-, Flussrand-) Flächen als natural=wood zu definieren. Flächenmäßig ist das aber zu vernachlässigen.

Taggen wir die anderen 99% Wald zu natural=wood, bekommen wir bei Kahlschlag und Windwurf permanent rotierende natural=heaths, grasslands, scrubs und sonstige “Löcher”, mit dem dann validen Argument, dass da “gerade keine Bäume stehen”. An die Pflege und Fehleranfälligkeit(->Zeit) zusätzlich zum Umtaggen will ich garnicht denken.

Und ich muss dir widersprechen, Nop: Ich glaube eben nicht, dass “die meisten Kartennutzer wissen wollen, ob irgendwo gerade Bäume stehen oder nicht”. Nach einem Sturm oder Kahlschlag steht kein Baum mehr. Und doch wird kein Experte benötigt, um festzustellen: “Hier ist keine Heide, sondern ein Waldgebiet”. Der Durchschnittsbegabte kann - wie ja mit allen sonstigen Topo-Karten ohne aktuellen Bewuchs - sich sicher im Gelände orientieren (und besonders wenn ihm auf OSM noch Infos zum Namen der Waldabteilung geliefert werden, in der er sich gerade befindet).

Cepesko

Okay, dann mal Butter bei die Fische:

Im Spätherbst 2019 bin ich

hier https://www.openstreetmap.org/#map=16/52.2336/9.5976

im Deister gewandert. Im amtlichen Geobasisdatenviewer sieht das so aus:

https://www.geobasis.niedersachsen.de/?x=9.5987&y=52.2345&z=11&m=lglnTopo

Dabei entstand auf dem Kalenberg folgendes Foto:

Zum Vergleich hier die Kartenausschnitte:

Und hier die zugehörigen Luftfotos, wobei das von Google Maps ganz offensichtlich deutlich aktueller ist als das amtliche:

So, und jetzt Du: Wo soll ich als Durchschnittsmapper die Grenze des forstwirtschaftlich genutzten Gebiets eintragen? Wo bekomm’ ich die nötigen Daten her? Das wäre ein Job für Profi-Mapper - wie viele kennst Du, die so viel Zeit dafür aufwenden können? Ganz abgesehen von der Frage, ob die entsprechenden Daten für Otto Normalmapper überhaupt zugänglich sind! Bleibt doch mal auf dem Boden der Realität! Für mich ist das Wald!

Kopfschüttelnd

tracker51

Edit: Typo beseitigt

Bei Käferflächen trage ich inzwischen landuse=forest ein, weil ich davon ausgehe, dass in fünf Jahren dort wieder Bäumchen stehen (wahrscheinlich sogar früher), dann aber niemand den Zwischenstand “scrub” bereinigt. Solche Fälle habe bei Kahlschlagflächen in Brandenburg dauernd. Irgendwann hat ein Sesselmapper “meadow” erkannt, aber niemand räumt auf, wenn dort wieder munter Wald sprießt. Zwischenstände trage ich nur dort ein, wo ich selbst regelmäßig unterwegs bin, entweder physisch vor Ort oder zumindest per Sat-Bild, und somit die spätere Rück-Umwandlung in forest sicher scheint.