OT: Neues Waldgesetz in Hessen droht mit massiven Einschränkungen

Ja, Wandern ist out, und darum sind Wanderer für die Politik nicht mehr interessant. Die alpinen Vereine haben zwar noch viele Mitglieder, aber die jungen tun nicht mehr wandern, sondern nur noch sportklettern. Hauptsächlich in der Halle, oder in Klettergärten möglichst nah an einer Parkmöglichkeit.

Das Problem gibt es nicht nur in Hessen, sondern auch in Österreich und wahrscheinlich in ganz Mitteleuropa. Hier in Österreich gilt zwar noch ein freies Betretungsrecht für Wanderer, aber nur noch in der Theorie. In der Praxis werden um alle Jagdgebiete riesen Zäune errichtet, mit Stacheldrähten oben und unten, damit ja keiner reinkommt. Und die Einfahrten sind gesichtert wie Fort Knox. Wenn ich Funktionäre von alpinen Vereinen drauf anspreche, heißt es immer nur: Da kann man nichts machen. In Wahrheit können sie sehr wohl was machen, nur sind sie zu faul dazu. Für 1 oder 2 verrückte Querfeldeinwanderer im Verein werden sie keine juristische Maschine anwerfen. Lieber plaudern diese Funktionäre von alten Zeiten oder schauen bei schönen Bildvorträgen zu.

Sinnlos. Um in der Politik etwas zu erreichen, braucht man gute Kontakte oder Schmiergeld oder ein Druckmittel. Petitionen landen im Papierkorb.

Wie von Taunide schon ausgeführt, gibt weder der Gesetzestext noch die Begründung irgendwelche Hinweise, was “nach den örtlichen Gegebenheiten eine Beeinträchtigung” darstellt und wer diese Bewertung vornimmt. Der Text “nach den örtlichen Gegebenheiten” riecht verdächtig danach, daß sich Waldbesitzer, örtliche Jäger oder schlecht gelaunte Nachbarn berufen fühlen dürfen, die Regeln aufzustellen.

Das Gesetz ist nicht nur ein Problem für Mountainbiker.

Man stelle sich einfach vor, eine Familie macht einen Sonntagsspaziergang und der Jagdpächter behauptet als “örtlicher Experte”, das fröhliche Kindergeschrei verscheucht das ganze Wild [1]. Damit liegt erstmal eine angebliche Beeinträchtigung durch mehrere Personen vor.

  • die Familie darf fortan den Wald nicht mehr betreten
  • oder sie muß alle Waldbesitzer in dem zum Spaziergang vorgesehenen Waldstück vorher ausfindig machen und einzeln um Betretungserlaubnis bitten
  • oder sie muß versuchen vor Gericht eine andere Interpretation von “Beeinträchtigung” für ihren Einzelfall zu erstreiten.

bye
Nop

[1] ähnliche Begegnungen und Behauptungen habe ich selbst als “geräuschloser” Reiter und bei Benutzung 4m breiter Fortsstraßen schon erlebt.

Bei uns im Taunus werden Wanderwege, die es seit mehr wie 100 Jahren auf derselben Streckenführung gibt, vom Taunusklub von der unbefestigten Ursprungsroute auf die benachbarte Schotterpiste ummarkiert. Vielleicht weil Forst und Jagd Druck gemacht haben, oder vielleicht auch weil die betreffenden Damen und Herren in Sandalen wandern wollen. Da fasst man sich an den Kopf.

Die “Interessenverbände” der Reiter sind nach meiner Erfahrung aber nicht anders. Die interessiert das alles nicht, die bemühen sich nicht um Kontakte bei den politischen Entscheidungsträgern, die kennen niemanden. Wollen auch nicht genervt werden durch Mitglieder die auf unschöne Entwicklungen hinweisen. Maximal kommt dann ein gequältes “Wir kümmern uns drum (stört uns nicht!)”, und man hört nie wieder was. Das läuft jetzt wieder genau nach diesem Muster ab. Alles was Reiter in den letzten Jahren erreicht haben (z.B. in Sachen Pferdesteuer), kam von “unten” - lokal gesteuerte Proteste.

16.000 Zustimmungen in nur 2 Tagen ist schon klasse. Die Politik kann so etwas schlecht ignorieren. Außerdem ist es eine tolle Werbung für die DIMB. Gute Aktion! Wenn ich nicht Schiss hätte mich daneben zu blamieren hätte ich für Reiter schon etwas ähnliches gestartet. Ich bin mir nicht mal sicher ob es die heutigen Reiter noch interessiert in grösserer Menge. 90% davon haben nur noch Zierpferde, oder reiten bloss noch in der Halle, oder maximal 4 Ecken um den Hof rum. Dass Pferdebesitzer auch in nennenswertem Umfang reiten, glauben bloss einige Nichtpferdeleute…

Im Falle eines neuen Gesetzes fehlt hier die Auslegung/ Deutung durch Richter, Kommentare usw.
Dadurch wird das vermutlich präzisiert und vom Effekt her vermutlich (hoffentlich!) abgemildert werden.

Aber die Vorlage ist jedenfalls sehr steil, es könnte (theoretisch) auf den oben beschriebenen Fall herauslaufen.

mW wird die Erholungsnutzung im Wald vom Stellenwert sehr hoch eingeordnet (dürfte in D auch gesetzlich verankert sein), je nach Lage (Stadtnähe) auch vor der “materiellen” Nutzung von Forst und Wild.

Das ist in der Tat so, und zwar ist das generelle Betretungsrecht des Waldes hier verankert. Aus diesem §§ ergibt sich auch der, sehr unterschiedlich ausgeübte (und mit den Landesregierungsparteien häufig wechselnde), Gestaltungsspielraum im (die Einzelheiten reglenden) Länderrecht.

Dieser “Gestaltungsspielraum” ist natürlich nicht als Freibrief zu verstehen für Regelungen wie die hier genannten, die schlicht rechtsstaatswidrig und unverhältnismässig sind.

Man braucht keineswegs auf Rechtsurteile nach dem neuen Gesetz zu “warten”. Zweckmässiger ist es den Gesetzentwurf durch die öffentliche Debatte solange zu torpedieren bis die Regierungsfraktionen ihn zurückziehen, und die Abgeordneten entsprechend aufzuklären. Es spricht ja doch einiges dafür dass hier “interessierte Kräfte” ihnen unter dem Deckmantel des Naturschutz etwas unterjubeln wollen das in erster Linie Eigeninteressen dient.

Da hier bundesweit gezeichnet wird, werd ich die Petition auch aus BaWü unterstützen.

Danke für den Einwurf, genau deshalb hatte ich “sollte” und “wohl” geschrieben und den Konjunktiv gewählt. Ganz davon abgesehen, ist imho eher zweifelhaft, ob der Entwurf tatsächlich überhaupt und falls ja in dieser Form in die Tat umgesetzt wird.

@Taunide/Nop: Ich bin ganz bei euch, was die Ablehnung angeht und sehe auch die entsprechenden Gummiparagraphen als ebenso kritisch an. Mich hat nur Suidakras eher absolute Formulierung gestört.

I. ü. gibt es (natürlich) auch im Bundeswaldgesetz entsprechende Passagen bzgl. Zugangsbeschränkungen:

[Kommentare und Urteile zu (2) habe ich jetzt nicht extra gesichtet.]

Nur Nebenbei: Warum nur fallen einem beim Thema Föderalismus immer nur schlechte Beispiele ein?

Meinst du echt, das hat mit Bequemlichkeit zu tun? Diese ganzen neuen “Premiumwege” z.B. werden auch danach gestaltet, dass die möglichst wenig Forstweg haben.
ich würde auch eher tippen, dass andere Gruppen effektiver Druck machen. Jäger haben oft echt gute Kontakte zu manchen Parteien.

Edit:

aber echt!

Das kann auch viel mit Kriterien irgendwelcher Zertifizierungsstellen zu tun haben…

Gerade gelesen, dass es eine Petition gegen das Gesetz gibt:
http://openpetition.de/petition/online/open-trails-hessen-mountainbiker-gegen-ein-bikeverbot-in-hessens-waeldern

(via http://www.dosenfischer.de/2012/07/04/dosenfischen-geocaching-podcast-195))

moin moin,

noch nicht ganz wach? :wink:

hier noch ne quelle:
http://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?pid=252794#p252794 und
http://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?pid=252886#p252886

gruss
walter

ISO9000 für Wanderwege oder was?

Ach mist, sorry das hatte ich letztens gar nicht verfolgt. Und ja, eindeutig zu früh für einen Studenten :wink: gähn

ich habe gezeichnet, weil es einfach nicht sein kann, dass die Bevölkerung nach Gutsherrenmentailität aus dem Wald gesperrt wird.

Sehe ich das richtig, dass dann highway=path grundsätzlich für Fahrräder verboten ist und bei highway=track lediglich tracktype=grade1 (evtl. noch grade2) befahren werden darf? Da bleibt ja dann nicht mehr viel übrig.
Btw. was ist, wenn ein offiziell ausgeschilderter Radweg über einen hw=path geht?

Das hängt vom Land ab, siehe http://wiki.openstreetmap.org/wiki/OSM_tags_for_routing/Access-Restrictions.

Mit blauem Lolly? Auf highway=cycleway ändern, ggf. mit surface=ground. Oder meinst du nur Radrouten (z.B. MTB-Routen)? Die kannst du auf highway=path lassen, sie gehören nur in eine Routenrelation.

Danke, das ist schon klar, meine Frage bezog sich auf den o.g. Gesetzesvorschlag in Hessen. Mit ausgeschildertem Radweg meine ich eine Routen Relation.

Ich will nur drauf hinweisen, das path==Pfad von vielen als unsinnige Zuordnung gesehen wird, sondern path als allgemeiner Weg abseits der Straßen verstanden wird.

Moin,

die Formulierung ist doch nichts anderes, als den Begriff “feste Wege” genauer zu definieren.
Und letztendlich ziemlich analog zur BaWü-2m-Regelung.

Sie bezieht sich auf die Breite von etwa 2m (“zweispuriges Kraftfahrzeug”), die ganzjährige Tragfähigkeit des Untergrundes (“befestigte oder naturfeste”) und auf die ‘smothness’ (“nicht geländegängiges”).

Eigentlich ganz normale Vorgaben für ‘normale’ Radfahrer.

Die Winterräumung hat damit nix zu tun - ist der Untergrund tragfähig und eben genug, kann man den Weg ganzjährig befahren - man müsste ihn halt nur ständig “freifahren”.
Im Gegensatz dazu die Wege, die durch zu große Feuchtigkeit/Trockenheit ihre Tragfähigkeit/smothness verlieren, und dementsprechend nicht ganzjährig befahren werden können.

Es geht also darum, Mountainbiker und Reiter von den “nicht festen” Wegen (Rückegassen, Trampelpfade etc.) fernzuhalten, von querfeldein ganz zu schweigen.
Da kann man jetzt geteilter Meinung sein, was nun jedem “Schutz des Naturraums” oder “Einschränkung der persönlichen Freiheit” bedeutet.

Gruß
Georg

Von einer Breite von 2m ist im geplanten hessichen Gesetz nicht die Rede. Entsprechend muss man im §32STVZO nach den Maximalbreiten suchen aus denen man dann folgern muss wie breit der Weg sein muss, also sich die Mindestbreite ableiten lässt: http://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/BJNR067910012.html Und da landet man dann bei 2,5 bzw. 3m je nach Interpretation!

Das “querfeldein” fahren ist auch durch die jetzige Gesetzeslage schon untersagt. Was man aber nun versucht hinten rum zum Nachteil der Mountainbiker und Reiter (neben den Einschränkungen für andere Waldnutzer) zu ändern ist die Defintion der Wege. Wenn auf dem gleichen Weg weiterhin gewandert werden darf aber nicht mehr mit dem Rad gefahren und geritten werden darf, dann sind alle Argumente die für die Gesetzesänderung sprechen an den Haaren herbei gezogen!