Bergsteigen

Wenn in den Nachrichten von Bergrettungseinsätzen berichtet wird, schau ich immer wieder, was Openstreetmap an den Orten enthält. Und eigentlich hat mich das immer beruhigt. Vor ein paar Tagen allerdings ist mir da etwas untergekommen, das ich nicht so einfach vom Tisch wischen kann.

Wenn ich von der Rieder Hütte im Höllengebirge mir den Weg zum Parkplatz am Langbathsee geben lasse, dann führt OSRM mich durch den Totengraben. Ich kenn die Gegend nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass das nicht jedermanns Sache ist, insbesondere hinunterwärts. Hier ein paar Fotos, https://www.alpenverein.at/schwanenstadt/alben/bergtouren/Alben_2019_Bergtouren/2019_08_10_GrTotengraben/index.php

Ich hab beim Quelltext Repository der OSRM Routing Profile einen issue geöffnet, dass Wege mit hohem Wert beim sac_scale Tag vielleicht besser ausgelassen werden. Da hat sich aber nach ein zwei Wochen noch nichts ergeben. Ehrlich gesagt, wenn ich mir hier https://taginfo.openstreetmap.org/keys/sac_scale#values anschau, wie die Werte vom Tag verteilt sind, dann hege ich da wenig Hoffnungen. Ein ähnlicher issue bei OSM-Carto, wo es darum geht, dass solche Steige eine eigene Darstellung bekommen liegt auch seit Jahren auf Eis. Immerhin hat dort jemand einen Vorschlag gebracht, wie das in den Daten “repariert” werden könnte. Nach so langer Vorrede also zum Kern:

Was hält die Österreichische Bergsteigerinnen und Bergsteiger OSM-Community davon, zu beginnen, solche mehr oder weniger weglose Routen auf eine andere Basis als “highway=path” zu stellen? Nämlich in ein Sport Schema: “sport=mountaineering” + “mountaineering=route”?

Im Karwendel warten mindestens zwei Notizen der Art “Hier ist kein Weg” eigentlich nur darauf. Wenn nicht inzwischen jemand die komplett gelöscht hat, was ich auch schon beobachtet hab. Ein paar weitere fallen mir auf der Stelle ein, auch einer drunter, den ich selber angelegt hab.

Ich hab des ja schon so oft angemerkt: Theoretisch kannst du, obwohl es praktisch m.b.M.n. komplett idiotisch ist, auf fast jeden Gipfel, oder von beliebigen Punkten A nach B einen “Highway” einzeichnen, also einen Wanderweg. Track visibility: “no” und eintragbare SAC Skalen bis T6 machen’s möglich. Das sind dann die ganzen Phantasiewege die eingetragen werden. Durch das gebetsmühlenartige Vortragen des Satzes “Open Street MAP ist keine KARTE” kommt natürlich dazu, dass etliche denken, dies sei quasi ein GPS-Portal von Weglos Routen und man kann da alles reinpfeffern, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn dann beim Eintragen eines (real existierenden) Weges auch noch “Warnhinweise” vom OSM-System kommen, dass man den Weg doch bitteschön weglos weiterverfolgen müsse, bis er auf einen anderen Weg stößt, obwohl er, wie in der Realität oft der Fall, eben aufhört im Gelände, ja dann weiß man wo der Hase hinläuft.

Beim Weglos Aufstieg via Blausteigkar auf die Falken im Karwendel ist es zum Glück so, dass die Felswand mit der ungesicherten, ausgesetzten Kletterstelle (manche schreiben II+ , manche III UIAA) gleich am Anfang kommt. Von oben wird auch keiner runter geroutet, weil bisher dies noch der einzige eingetragene Aufstieg zum Gipfel ist. Was hat man überhaupt von solchen Einträgen (außer das der Steinmetz vielleicht an Grabstein mehra zum machn hat, Naturschützer und Jäger aufgrund stärkerer Begehnung evtl. schon Pläne für “Schutzzonen” bzw. "Wegegebote bzw. -verbote ausarbeiten, und die Bergwacht noch mehr unterwegs ist) ? Ein Bergsteiger findet solche Routen auch so, der braucht für sowas keine Open street Map Wege-Eintragung. Ansonsten is er kein g’scheider Bergsteiger und hat auf solchen Routen auch nichts verloren.

Also, T6 Sachen würd ich generell rausschmeißen. T5 boah… ich hab eine Route auf T5 gesetzt vor kurzem, weil sie bei Nässe (Felsnische Nord, oft glitschig, UIAA I+) dann schon in die T5 Richtung geht. Wenn’s trocken ist ist’s nur T4. Diese Tour wird relativ oft begangen. Das ist schon grenzwertig, aber für mich noch ok, weil man kann auch schnell umkehren. Ich muss es nicht drin haben, aber ich hab’s drin gelassen.

Nachtrag: Ich hab mir ein Youtube Video zur offiziellen SAC Beispieltour von T6 angeschaut. (Niesengrat). Das ist zwar brutal ausgesetzt (schmaler Grat) aber ansonsten nicht so wild. Außerdem gibt’s da sogar Trittbügel und Seile bei der Schlüsselstelle. Wenn ich mir den Chiemgau bei OSM anschau, was da z.T. als T4 angegeben wird, geht schon in die Richtung. Auch die Kletterstelle beim Blausteigkar (Karwendel/ Tirol) ist um einiges schwieriger als der Niesengrat.

Der Niesengrat ist bewertet worden, als es die Steighilfen noch nicht gegeben hat. Ich glaub, nicht nur ich kann gut damit leben, wenn weglose Routen nicht als Wege in der Standardansicht von OSM erscheinen und man mit dem Standardrouter von OSM Ausflüge dort planen kann - die Wegzeiten sind so was von daneben. Umtaggen find ich aber besser als löschen. Die Apps, die drauf wert legen, die können nachziehen.

es gibt eine recht lautstarke Lobby (ok, lautstark ist v.a. fkv), die alles als path haben will
siehe bspw.

https://www.openstreetmap.org/note/3053909
https://www.openstreetmap.org/note/3053889
https://www.mail-archive.com/talk-at@openstreetmap.org/msg10566.html
https://lists.openstreetmap.org/pipermail/talk-at/2021-September/011356.html

Ein Wespennest :wink: Wird aber dort auch angesprochen: Steige die über das hinausgehen, was die SAC Wanderskala abbilden kann (Da würde es die SAC Hochtourenskala brauchen), werden trotzdem mit dem “schwierigsten” Grad erfasst, auch wenn es falsch ist, mangels Alternative.

Mein Vorschlag ist eine Alternative: Weg von der Basis “path”, dort wo sie nicht passt, und das ist nicht selten. Die Lücke in der Standardansicht wird wahrscheinlich nie geschlossen werden, aber OSM ist in mancherlei Hinsicht mehr als OSM-Carto.

Die Klettern Gemeinde hat zB https://kletterspots.de/ - warum soll die Bergsteigen Gemeinde nicht auch so vorgehn? Wenn ich irgendwo fremd bin, dann tu ich mir mit sowas viel leichter als Basis für weitere Recherchen.

PS: Hier wie die Werte in Österreich ausschauen - https://taginfo.geofabrik.de/europe/austria/keys/sac_scale#values von weltweit 2186 T6 Routen sind 478 in AT. Nicht schlecht für so ein kleines Land. Man könnte da was ausrichten, OsmAnd ist sicher dabei :wink:

PPS: https://community.openstreetmap.org/t/rfc-sport-mountaineering/2314 - Für alle die scheuen im Forum hier ein Konto anzulegen, wenn das eh mit Monatsende schließt.

Das finde ich sowieso einen schwachsinnigen Grund. Es werden auch tausend andere Sachen, wie Radrouten, Loipen, etc. auf OSM-Carto nicht angezeigt, dafür gibts aus gutem Grund eigene Stile und kein Mensch wird sich bei einer Kletterroute damit orientieren.

Nach weiteren Unterhaltungen in andren Foren, ein wenig Umüberlegen, ist die Idee nun so weit gediehen, ganz offiziell Kommentare einzuholen: https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Talk:Proposed_features/highway%3Dscramble

Eine neue Art “Straße=Kraxlerei”, nämlich “highway=scramble”, auf der es die Hände braucht, um voranzukommen. Bitte um Stellungnahme, falls es etwas auszusetzen gibt oder zu verbessern oder …

Ich sehe das auch eher kritisch, ein besonderes Schmankerl ist https://www.openstreetmap.org/note/1480240 (spoiler: Mt.Everest NO-Grat, hier ist tatsächlich ein path gemappt)