Sachsenforst Stelle: rechtliche Schritte gegen Online-Kartendienste?

Ich habs mal ohne Gewähr abgetippt, diese Mediathek-Beiträge sind ja immer so schnell verschwunden…

Stimme aus dem Off: “400km Wanderwege werden rege genutzt. Oftmals zu rege.”

Wandergruppe mit Ministerpräsident samt Entourage im Wald, davor Ulf Zimmermann, Leiter Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz.
Der sagt: “Entscheidend ist, was im Handy drinsteht und da steht ganz ganz viel Müll drin, viele unerlaubte Wege, weil die ja jeder im OSM eintragen kann. Da können unsere Wächter ein Lied von singen, wo ihnen auf einmal mitten aus dem Busch irgendwelche Gruppen entgegenkommen. >>Was machen Sie hier?<< >>Ja, ist doch hier drinne, is doch alles klar!<< Also die holen sich da so die Legitimation aus dem Netz.”

Gemurmel: “Jaja”.

Da macht man es sich zu einfach. Aber hieß es nicht vor Jahren öfter mal in den Medien, wenn sich ein Lastzug in einer zu engen Nebenstraße festgefahren hatte: Das Navi habe den Fahrer dort hergeschickt, das Navi sei Schuld? Diesen unsinnigen Vorwurf (weil dabei in der Regel sowohl Verkehrszeichen als auch die augescheinliche Situation vor Ort ignoriert wurden) habe ich schon länger nicht mehr gehört. Nun haben wir eine ähnliche Situation mit OSM.

Dabei könnte die Nationalparkleitung selbst vor Ort und in OSM für mehr Klarheit sorgen, indem sie z.B. in OSM aus erster Quelle die korrekten Access-Tags einträgt oder indem sie vor Ort für eine eindeutige Beschilderung sorgt. Schon ein kleines Schild “Durchgang verboten” an einem Trampelpfad, der sich irgendwo gebildet hat, obwohl er dort nich sein sollte, könnte helfen. Aber in der Regel beschränkt man sich darauf, eine Löschung von faktisch vor Ort vorhandenen Wegen zu fordern nach dem Motto: Was man auf der Karte nicht sieht, gibt es auch nicht. Da habe ich beinahe den Eindruck, dass Militär-Verantwortlicher in der Hinsicht eine deutlich realisitischer Haltung haben. Vorbei sind die Zeiten, bei denen diese verlangten, dass militärische Sperrgebiete in Luftbildern unkenntlich gemacht wurden oder in Karten ignoriert wurden. Man nimmt hin, dass Wege und Straßen nach Luftbild eingezeichnet werden und es scheint denen zu reichen, dass diese mit einem access=no versehen sind. Für den Rest sorgen die schon selber durch Beschilderung, Sperren und Kontrollen.

Einen Nationalpark habe ich zwar nicht in dem von mir bearbeiteten Gebiet, aber diverse Naturschutzgebiete. Doch selbst für sehr gewissenhafte und erfahrende OSM-Mapper ist es oft kaum nachvollziehbar, für welche Wege in einem solchen Naturschutzgebiet ein Betretungsverbot gilt und für welche nicht. Die einzige Quelle ist oft lediglich ein Landschaftsplan, den man nur mit Mühe im Internet findet und dem es oft an konkreten Details fehlt.

Aber OSM ist dann Schuld, wenn es die tatsächliche Realität so gut es geht abzubilden versucht.

Dabei sollen doch Nationalparks gerade auch Besucher anlocken. Eine wichtige Aufgabe ist ja auch, den Menschen die geschützte Natur nahezubringen. Man könnte sich dazu entscheiden, die vielen OSM-Mapper bei ihrer Fleißarbeit zu unterstützen (z.B. mit Informationen) und sich dann darüber freuen, durch detaillierte und aktuelle Karten bei Öffentlichkeitsarbeit und Besucherinformation Unterstützung zu bekommen. Man scheint auch zu ignorieren, dass es immer mehr Menschen gibt, die nicht einfach nur entlang festgelegter und ausgeschilderter Routen auf breit ausgebauten und befestigten Wegen unterwegs sein wollen sondern bei denen jeder Trampelpfad den Enteckermodus aktiviert. Diese Freude am Entdecken, am Detail, am nicht so offensichtlichen ist doch etwas, was man konstruktiv nutzen kann. Man sollte aber nicht Veräumnisse bei Information und Besucherlenkung bei OSM suchen. Und man sollte die Schuld nicht bei OSM sondern bei dem jeweiligen App-Ersteller suchen, wenn von Wander-Apps Access-Tags ignoriert werden oder im Kartenbild nicht eindeutig zwischen gesperrten und ungesperrten Wegen unterschieden wird.

Das Problem sind nach meiner Erfahrung in den seltensten Fällen die Karten. In allen Fällen bei denen ich auf gesperrten Wegen gelandet bin hat an einem oder sogar beiden Enden des Wegs ein eindeutiges Sperrschild gefehlt. Gerade wenn die meisten Wege klar erkennbar gesperrt markiert sind geht man bei dem einen unklar oder nicht beschilderten Weg natürlich davon aus, dass man diesen entlanggehen darf. Wenn dieser Weg in OSM als gesperrt markiert ist gehe ich eher davon aus, dass sich das geändert hat.

Dann gibt es auch Fälle, vor allem bei temporärer Sperrungen, bei denen man ohne Warnung in Sackgassen landet und einige km zurück laufen müsste.

Die Zahl der Leute die trotz klarer Beschilderung samt Umleitung u.ä. den Weg einfach entlang laufen, ist aber auch nicht gerade klein. Dagegen hilft Löschen der Wege von der Karte aber auch nicht. Dort wo wirklich sehr viele Leute sind, wie etwa in Berlin, sind die empfindlichen Gebiete fast alle umzäunt.

Werter Kollege, derartige Gedankengänge lassen mich vermuten, dass Du für Leitungsaufgaben in diesem unserem Land ungeeignet bist …

Es geht in solchen Fällen primär darum, Probleme und deren Ursachen - insbesondere gegenüber der übergeordneten Hierarchieebene - im Vagen und gaaanz weit entfernt von der eigenen Person zu verorten.
Herr Z. macht dies vorbildlich richtig: “irgendwelche Gruppen” + “im OSM” + “[das] Netz” - so qualifiziert man sich für und in Leitungspositionen;-)

Danke, war offline!!

1+

Ich finde es nur schade, dass der Leiter der Nationlparkverwaltung nach den nicht nur hier sondern auch hier https://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?id=71992&p=2 und andernorts geführten Diskussionen (an denden sich sogar seine Mitarbeiter beteiligt haben und m.E. schon ein Konsens gefunden worden war, immer noch nicht verstanden hat, dass das Problem nicht bei OSM zu lösen ist, sonden bei den Auswertern, den Anwendern und in seinem Haus (Schilder und Sperren können nicht die OSM-Mitwirkenden aufstellen - das zu veranlassenn ist seine ureigenste Aufgabe!) - und dass er dafür die große politische Bühne nutzt und OSM schlecht macht!
Wie kann man ihm das nur begreiflich machen???

… fragt sich Uwe

Selbst ohne Ortsbezug - würde ich als Betroffener so reagieren:
Bei
Publikumsservice@mdr.de
nachfragen, ob sie denn an ernsthafter journalistischer Arbeit interessiert sind, und bereit sind, mal nachzuhacken von welchen problematischen OSM-Einträgen denn konkret die Rede sei.
Die OSM-Community nehme die Belange des Naturschutzes sehr ernst und betreibe ein deutschsprachiges Forum, auch um diesen Belangen gerecht zu werden.

oder direkter: sachsenspiegel@mdr.de

Einzig der Schlussforderung kann beigepflichtet werden: mehr Personal für die Nationalparkbehörde, damit die ihren Aufgaben besser nachkommen können …

Meint er OSM oder vielleicht doch seine Wunschvorstellung von der Demokratie? Wo kommen wir da hin, wenn jeder einfach ohne Erlaubnis der Obrigkeit was machen kann. Auf sowas reagiere ich empfindlich. :roll_eyes:
Zum Glück ist der OSM-Verantwortliche des Parks in Ordnung. :slight_smile:

Vielleicht kann er ja die Aussagen seines Chefs hier einmal kommentieren

In OSM können nur Wege erfasst werden, die schon vorher da waren…
Weltweit Werbung machen und sich dann wundern, dass tatsächlich viele Menschen kommen und auf Wegen laufen, bei denen vor Ort nicht ersichtlich ist, dass diese eigentlich gar nicht betreten werden dürfen.

Verbot aufheben und auf Eingenverantwortung setzen, so wie bei anderen Dingen auch, dann braucht es auch nicht mehr Personal.

Das sollte nicht unser Thema sein, darüber zu befinden, aber

geht definitiv schief. Da spreche ich aus eigener Erfahrung.

Dazu mal allgemein und anknüpfend an

Unser Beispiel-NSG in der Dokumentation ist die “Döche”, stadtnah also mit sog. “Freizeitdruck”, per Verordnung mit Wegegebot.

Die Verantwortlichen insb. HessenForst haben dort um 2019 das Wegekonzept überarbeitet, attraktive Rundwege markiert, und an den Zugängen neue, gelungene Wandertafeln aufgestellt.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:NSG_1611004_D%C3%B6nche_2020-06-30.JPG
(gibts auch 1:1 als pdf zum download im Netz)
Alles ganz Prima, und ließ sich sauber in OSM übernehmen.

Dort laufen aber aber immer noch Leute querfeldein, und viele lassen ihre Hunde trotz Leinenpflicht frei laufen bzw. stöbern - ist dann halt ein Ahndungsdefizit vor Ort.

Hallo zusammen,
es tut mir leid, was da von Hr. Zimmermann gesagt wurde. Ich habe bisher nur eine kurze Antwort erhalten, dass es nicht so gemeint war, wie er es gesagt hat.
Ich bitte um noch eine ausführlichere Antwort und habe im Zusammenhang auch nochmal gesagt, dass ich nach 2 Jahren Arbeit mit OSM, dem Austausch mit der Community und FOSSGIS-Konferenz die Dinge sehr anders sehe, als wie es im Beitrag vermittelt wurde.

Außerdem liegt der Anteil der Nutzer von digitalen Karten bei “nur” ca. 50 % - schon daran kann man schlussfolgern, dass OSM nicht pauschal an allen Problemen schuld ist, die wir im Gelände haben. Es gibt leider deutliche Defizite in unserer Arbeit vor Ort
Ich teile völlig die Meinung dazu, dass gesperrte Wege im Gelände deutlich gekennzeichnet werden müssen - nur so haben die Besuchenden eine Chance zu erkennen und sich bewusst zu entscheiden, ob sie die Sperrung ignorieren wollen oder nicht.

Vielen Dank für deine Rückmeldung und die Klarstellung. Ich bin gespannt auf die ausführlichere Antwort, denn selbst mit eventuellem Kontext wäre die Aussage in dem Videobeitrag recht deutlich.

+1

Da sieht man auch, was unglückliche Aussagen von Leuten (Hr. Zimmermann), die anscheinend nicht den Einblick ins Detail haben, auslösen können. Ich finde, daß sich unsere Mapping-Zusammenarbeit mit Nationalpark Sächsische Schweiz sehen lassen kann.

Sven

Bei der Gelegenheit mach ihm nochmal klar, dass ein Weg, der REAL da und NICHT als gesperrt erkennbar ist, aber auch NICHT im Kartenmaterial steht, in jedem Forschergeist die Neugier weckt, wo es da wohl hingeht, ob Mapper oder nicht.

Das klingt doch beides nach einer guten und realistischen Zusammenarbeit! Danke dafür.

@streckenkundler
Vielen Dank für das Lob! Ich gebe mir weiterhin Mühe, dass das so bleibt!

Hr. Zimmermann hat mir inzwischen seine Antwort zukommen lassen:

"
Geschätzte Mitglieder der OSM-Community,
Meine Aussagen im MDR-Beitrag über die Schwierigkeiten in einem Schutzgebiet, die durch eine vereinfachte Orientierung im Gelände via Handy für jeden möglich ist, haben für zahlreiche Verwirrungen und Entrüstungen bei Ihnen geführt. Zurecht, wenn man nur diesen Ausschnitt des MDRs sieht. Mein Zitat war durchaus unglücklich von mir gewählt und greift im Nachhinein betrachtet zu kurz. Das tut mir leid. Es lag mir fern, OSM und insbesondere Sie als „Mapper“ an den Pranger zu stellen. Mein Ziel war es, den politischen Vertretern mit wenigen Worten die Funktionsweise von digitalen Plattformen zu vermitteln und die enormen Herausforderungen zu verdeutlichen, vor die uns die heutigen Medien vielfach stellen; wie eng Fluch und Segen der digitalen Welt zusammenliegen und wie leicht dann auch Informationen, obwohl eigentlich gut gemeint und als Hilfe vorgesehen, genau das Gegenteil bewirken können.

Ich bin Ihnen allen sehr dankbar für Ihr bisheriges Engagement, für Ihr Verständnis für die Anliegen der Schutzgebiete und das entgegengebrachte Vertrauen gegenüber meiner Mitarbeiterin. Ihre Arbeit und das detailgetreue Darstellen im Netz kommt vielen Akteuren zu Gute – den Gästen, der Bergwacht und auch vielen unserer eigenen Mitarbeitenden! Gerade die Eintragung der Notrufstandorte inkl. Nummern ist sehr hilfreich. Herzlichen Dank dafür! Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir es schaffen, die Bedeutung der Verhaltensregeln in einem Schutzgebiet wie auch die Unterscheidungen zwischen offiziellen und stillgelegten Wegen/Trampelpfaden besser bekannt zu machen.

Es würde mich freuen, wenn wir weiterhin gemeinsam im Dialog Lösungen für eine verbesserte Besucherlenkung und eine hilfreiche Anwendung Ihres Netzwerkes in Schutzgebieten erarbeiten können. Wir werden dazu unsere Arbeit im Gelände verbessern und gesperrte Wege deutlich kennzeichnen. Leider fehlt es immer noch an Personal dafür. Hinzu kommt, dass manche Gäste gezielt aufgemalte Sperrsymbole („X“) von den Bäumen abkratzen und offensichtlich versperrte und zurückgebaute Wege, die für den „normalen“ Besucher nicht mehr erkenntlich sind, wieder freischneiden und zugänglich machen. Das ist leider ein ständiges „Katz- und Maus-Spiel“, das es bereits seit der Gründung des Nationalparks lange vor dem Beginn von OSM gibt.

Wir wollen in den nächsten beiden Jahren unsere Besucherlenkungskonzeption überarbeiten, um den Bedürfnissen der Besucher einerseits und den Ansprüchen der Natur andererseits besser gerecht zu werden. Im Zuge dessen möchten wir natürlich auch die Navigation optimieren, analog wie digital. Dazu brauchen wir auch weiterhin Ihre Hilfe, damit der Nutzer erkennen kann, welche Wege im Sinne einer Balance von Mensch und Natur begehbar sind.

Gerne stehen wir für weitere Rückfragen zur Verfügung. Sie können uns unter nationalpark-digital@smekul.sachsen.de kontaktieren oder uns über die Nachrichtenfunktion bei OSM anschreiben.

Viele Grüße und danke für Ihr Interesse am Nationalpark Sächsische Schweiz und einer guten Zusammenarbeit,
Ulf Zimmermann, Leiter Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz.
"

Danke.

Ich arbeite hier in Brandenburg selbst auch im Naturschutz (IT und Geoinformation), da verschwimmt auch gerne privat und dienstlich… Falls jemand fragt… nicht fragen es ist so, wenn das Herz dran hängt…

Im dienstlichen Sinne editiere ich aber nicht in OSM, da produzieren wir zu wenig möglicherweise OSM-relevante Daten…

Aber dahingehend kenne ich auch etwas den Spagat bei der Besucherlenkung zwischen Theorie und Praxis…

Sven