Interessant, in der Form wusste ich das bisher nicht. Macht aber Sinn.
Hier in der Gegend waren die Leute wohl etwas wohlhabender (und die Bodenpreise geringer), sodass man sich ein größeres Grundstück und ein größeres Haus leisten konnte. Wahrscheinlich weil der Boden für die Landwirtschaft besser geeignet ist. (Außerhalb der Ortskerne ist es bei älterer Bebauung ohnehin oft so, dass die Häuser auf der der Straße zugewandten Schmalseite der (ehemals) zugehörigen Äcker stehen; da war natürlich Grundstücksgröße eher kein limitierender Faktor für die Bebauung.)
Das ständige An- und Umbauen ist allerdings auch hier nicht unbekannt. Meinen eigenen Beobachtungen gerade nahe und in den Innenstädten der Kleinstädte, wo tatsächlich geschlossene Bebauung vorherrscht. Da ist vorne die Straße, rechts und links sind Nachbarn, aber nach hinten wurde dem Hinterhof je nach Bedarf und Möglichkeiten der Wohnraum schon fast quadratmeterweise abgerungen, entweder durch direkte Anbauten oder Umnutzung von Nebengebäuden (die man dann weiter hinten neu errichtet). Irgendwann haben die Anbauten der Anbauten dann halt wieder Anbauten. Und wenn da zwischen ein Zwischenraum bleibt, kann man den immer noch überdachen und einen Schuppen draus machen. Das Ergebnis kann man dann vielleicht am besten als “organisch gewachsen” bezeichnen.
Der Prozess ist meiner Beobachtung nach bis heute nicht abgeschlossen, und ob das immer alles so genehmigt ist sei mal dahingestellt. (Wenn man nicht gerade Kleinkrieg mit dem Nachbarn hat, der von seinem Fenster aus über die hohe Grenzmauer schauen kann, dürfte das aber auch keinen interessieren.)
Selbst in Neubaugebieten passieren bei länger Beobachtung bisweilen interessante Dinge, sobald die Häuser ein paar Jahre stehen, die Gärten angelegt und die Straßen gepflastert sind: Damit man draußen sitzen kann, wird die Terrasse überdacht. Und weil es, wenn es windig ist, da zieht und man gerade zufällig ein Fensterelement mehr oder weniger passender Größe aufgetrieben hat, macht man die eine Seite halt zu. Und dann zieht es auf der anderen Seite auch. Und wenn die dritte Seite zu ist, hat man einen, wenn auch leicht improvisiert wirkenden, Wintergarten. Bei hinreichender Bauweise kann man sogar die Terrassentür entfernen und hat ganz plötzlich ein größeres Wohnzimmer. Auch sollen schon Fälle vorgekommen sein, wo das Garagentor durch ein Glaselement ausgetauscht wurde, und plötzlich hat das Haus ein Zimmer mehr, das da offiziell vielleicht eher nicht sein sollte, schon wegen Grenzabstand und so.
(Ich persönlich störe mich nicht daran und bin schon gar nicht der Hilfskontrolletti fürs Bauamt. Ich betrachte es lediglich mit Faszination.)
Ein bekannter hat übrigens einen eigenen Begriff für solche An- und Umbauten: Er nennt es “das Hausen”. Wenn irgendwo derartige Bautätigkeiten einsetzen, sagt er: “Da geht jetzt das Hausen los.”
Aber um zum eigentlichen Thema zurückzukommen: Für solche mehr oder weniger geschlossene, mehr oder weniger organisch gewachsene Gebäude (egal ob in “Deinen” Dörfern oder “meinen” Kleinstädten bleibt dann, wenn es Wohnhäuser sind und es zum Mehrfamilienhaus nicht reicht, wohl wirklich nur “house” übrig. Dennoch würde ich es nicht als Reihenhäuser bezeichnen, denn Reihenhäuser sind normalerweise in einem Zug geplant und gebaut und typischerweise weitestgehend einheitlich (sowohl hierzulande als auch in GB).
(Ehemals identische Reihenhäuser, die durch individuelle An- und Umbauten individuelle Züge annehmen, sind dann noch mal eine andere Geschichte. Auch dass kommt gar nicht so selten vor.)
Es wird im Wiki kurz als ein weiterer “Unterfall” von “house” kurz erwähnt, hat aber keine eigene Seite:
https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Tag:building%3Dhouse
https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Tag:building%3Dhouse
Interessanterweise ist da als Symbolbild für ein “house” wiederum ein (recht altes) Doppelhaus.
PS: Hat es einen tieferen Sinn, dass Doppelhaushälften “semidetached_house” heißen, Einzelhäuser aber nur “detached”, oder ist das nur zufällig so entstanden und es wäre den Aufwand nicht wert, es jetzt noch zu ändern? (Irgendwie habe ich mittlerweile das Gefühl, das große Teile der Tags einfach so entstanden statt systematisch geplant sind?)