Dem kann ich allerdings nicht voll und ganz zustimmen.
Dem interessierten Wanderer, der sich nicht nur für Aussichtspunkte und Naturschönheiten interessiert, sondern auch gerne auch Informationen über historische Relikte hat, nützt eine separate Datenbank gar nichts.
Und genau hier sehe ich ein Grundsatzproblem dieser Diskussionen. Es ist unstrittig, dass jedes Hügelchen im Wald, das ein steinzeitliches Hügelgrab ist, als Archälogische Stätte eingezeichnet wird. Es ist unstrittig, dass Ruinen eingezeichnet werden, von denen nur noch die Grundmauern kaum sichtbar vorhanden sind. Es ist unstrittig, dass in OSM auch Informationen zu historischen Gebäuden eingetragen werden nach Art: “ehemalige Zentscheune”, obwohl dieses Gebäude inzwischen als Stadthalle genutzt wurde und vorher eine Zeit lang ein Lebensmittelmarkt da drinnen war. Und ebenso gibt es real existierende Relikte von ehemaligen Eisenbahnstrecken. Manche davon sind sogar touristisch aufgearbeitet und haben den Status einer acheological-site wie diese hier https://www.openstreetmap.org/relation/12581911 andere haben keinen offiziellen Status als Denkmal oder Archäologische Stätte wie diese hier https://www.openstreetmap.org/relation/12581911. Das erste Beispiel war ein historischer Versuch, einen Tunnel durch einen Mittelgebirgshöhenzug anzulegen, der aber nicht über das Baustellenstadium herauskam. Hat insofern Prallelen zu den Relikten von nie fertiggestellten Autobahnen. Das zweite Beispiel ist eine Strecke die vor gut 20 Jahren aufgegeben wurde, nachdem parallel ein Tunnel durch den Mittelgebirgshöhezug hindurch gebaut wurde. Die Gleiste und Schwellen wurden abgebaut, auch der obere Gleisschotter wurde größtenteils abgetragen. Doch die Geländeeinschnitte und die teilweise sehr mächtigen Bahndammanlagen sind noch vorhanden und es gibt diverse Relikte wie Entwässerungskanäle ober- und unterirdisch. Teilweise wird die Bahntrasse nun als Forstweg genutzt (daher auch als highway=track) eingezeichnet - teilweise verläuft dort nur ein Trampelpfad. Diese Strecke ist als abandoned:railway eingetragen (nicht von mir, ich habe allerdings dieses Frühjahr die Strecke erkundet und einiges korrigiert und Details rechts und links der Strecke ergänzt. Ob abandoned dort der korrekte Präfix ist oder man teilweise auf demolished umstellen müsste, darüber kann man durchaus diskutieren).
Das ganze hat zwar keinen offiziellen Denkmalstatus, die Spuren sind aber eindeutig vorhanden und durchaus von allgemeinem Interesse. Es gibt Trailläufer, die reizt es, mal auf der ehemaligen Bahnlinie entlangzulaufen, es gibt Mountainbiker, die auch genau wegen dieser Spuren dort entlangfahren und es gibt Spaziergänger mit Hund, die sich vielleicht einfach darüber wundern, wieso der Weg auf einem hohen Damm entlangführt und sich freuen, wenn ihnen OSM Auskunft gibt, was dies voher war. Und die deren nächster Gedanke dann ist: Von wo bis wo verläuft denn diese ehemalige Bahnstrecke.
Wie gesagt: Das sind alles tatsächlich vorhandene Geschichtsspuren, für die ein allgemeines Interesse von sehr unterschiedlichen Personengruppen und OSM-Nutzer-Gruppen besteht.
Mich ärgert es, wenn immer wieder darüber diskutiert wird, ob so etwas in OSM hineingehört bzw. wenn immer wieder die Forderung gestellt wird, solche historischen Relikte auszulagern. Dann bitteschön aber auch fordern, dass Informationen über Hügelgräber, Burgruinen, mittelalterliche Zentscheunen, … auch aus OSM ausgelagert werden müssen. Dann bitte auch fordern, dass ein Hügelgrab nur als Hügel eingezeichnet wird, eine Ruine nur als Mauer, die ehemalige Zentscheune allein als Stadthalle, der Graben nur als Graben und nicht als Relikt einer Wasserburg.
Merwürdig finde ich, dass bei der Stadthalle, die eine ehemalige Zentscheune ist (was man aber nur noch an der Gebäudeform erkennen kann) niemand ein Problem zu haben scheint, aber bei dem Radweg, der auf einem Bahndamm angelegt wurde, wird in Frage gestellt, ob die Information in OSM hinein gehört, dass dies früher ein Bahndamm war.
Ich halte es daher nicht für ein Sonderprivileg von Bahnfreaks, dass auch on-the-ground vorhandene Relikte ehemaliger Bahnstrecken in OSM eingetragen werden.
Bei historischen Objekten, die auf mehrere, räumlich voneinander getrennte Relikte verteilt sind, hilft es auch dem Nichthistoriker, dem neugieren Wanderer, dem Tourist, wenn diese Relikte in einer Sammelrelation zusammengefasst werden. Wer in einem historischen Städtchen auf die Reste einer Stadtmauer trifft, freut sich vielleicht, über eine Sammelrelation zu erfahren, wo sich weitere Reste befinden. Auch solche Sammelrelation halte ich auch absolut im Einklang mit den Prinzipien von OSM. Wieso nur den Zusammenhang eines aus vielen kleine Wegschnipseln bestehenden Wanderweg, wieso nur den Zusammenhang einer Bundesstraße durch eine Relation abbilden und nicht auch bei der von mir weiter oben als Beispiel angeführten historischen Tunnelbaustelle den Zusammenhang zwischen den beiden Geländeeinschnitten und den drei Schächten auf der geplanten Tunnelstrecke dazwischen über eine Relation zu einem historischen Objekt zusammenfügen? Wieso nicht die nie vollendete Brücke, den merkwürdigen Geländeeinschnitt und den als Viehunterstand genutzte Unterführung nicht als Relikte einer nie vollendeten Reichsautobahn eintragen und alle dazugehörigen Relikte in einer Sammelrelation zusammenfassen.
Ich ärgere mich zunehmend darüber, dass dies aber immer und immer wieder in Frage gestellt wird.
Die Diskussion über solche tatsächlich vorhandene Relikte wird vermischt mit einer (für mich verständlichen) Diskussion darüber, auch nicht mehr erkennbare Relikte eingezeichnet werden sollen. Es wird gefragt: Ist es legitim, auch zwischen den vorhandenen Relikten eines linienförmigen Objekts, eine Linie einzuzeichnen? Bei der nie vollendeten Reichtsautobahn gibt es gute Gründe, dieses abzulehnen. Denn zwischen den Relikten ist ja nie etwas gebaut worden. Es gab zwischen den tatsächlich gebauten Objekten ja nur einen Plan, dort eine Autobahn entlangzuführen. Trotzdem verspüren natürlich einige OSM-Mitwirkende den Wunsch, die nie vollendete Reichsautobahn nicht nur als eine Zusammenfassung einiger Einzelrelikte einzutragen. Dazu ist meine Haltung recht klar: Kein Eintragen von etwas, was nur als Plan existiert hat.
Wie ist das aber bei dem Limes? Der hat ja als durchgängige Grenzbefestigung existiert. Selbst dort, wo man oben nur eine gleichmäßige Ackerfläche sieht, auch dort, wo inzwischen eine Straße ist, wird es noch meistens Spuren unter der Erdoberfläche geben.
Wie ist das bei Eisenbahnlinien. Was ist mit den Abschnitten, bei denen der Bahndamm weggebaggert wurde, wo der Geländeeinschnitt zugefüllt wurde, wo mitten im Ackerland noch nicht einmal mehr irgendeine Geländeunebenheit mehr zu erkennen ist, die darauf schließen lässt, dass hier mal eine Eisenbahnstrecke entlangführte?
Hier bin ich durchaus zwiegespalten. Der Gleisplan des inzwsichen planierten und überbauten Rangierbahnhofs gehört sicherlich nicht in OSM.
Aber wo ist die Grenze zu ziehen?
Bei dem Naturdenkmal “Externsteine”, einer über die Region hinaus bekannten Sandsteinklippe führte z.B. mal der Vorgänger der B1, nämlich die R1 hindurch. Und auf dieser R1 führte auch eine Straßenbahn entlang. Es gibt an dem Felsen auch noch einen Haken, an dem die Oberleitung befestigt war. Tja, und die Kuriosität, dass sich das ländliche Fürstentum Lippe ein Straßenbahnnetzt geleistet hat, dass die Kleinstädte Detmold, Blomberg, Horn-Bad Meinberg untereinander und über die damalige Landesgrenze hinweg mit der Stadt Paderborn verband (diese Straßenbahn wurde aber bis Ende der 1950-Jahre komplett durch Buslinien ersetzt und die Schienen wurden abgebaut). Diese frühere Straßenbahn wird inzwischen vielfach touristisch vermarktet. Und die Straßenbahn und die früher zwischen den Externsteinen hindurch führende Reichsstraße 1 sind immer und immer wieder Thema in diversen Facebookgruppen, es gibt also ein allgemeines Interesse daran, wo beides entlang führte. An der seit Jahrzehnten als Forstweg genutzten ehemaligen Reichsstraße 1 steht ein Hinweisschild zur Straßenbahn. Im Wald an den Externsteinen stehen mitten zwischen später dort gewachsenen Waldbäumen noch die früheren Alleebäume. Am Europäischen Wanderkreuz sind einige Meter neben dem asphaltierten Waldweg noch Reste der früheren Straßenbegrenzung und Entwässerung der R1 zu sehen. Ist es legitim, durch eine Linie, eine Routenrelation den früheren Verlauf der R1 und/oder den früheren Verlauf der Straßenbahngleise in OSM einzutragen, auch wenn man selbst mit geübtem Auge nur noch sehr, sehr wenig Spuren erkennen kann? Rechtfertigt in diesem Fall ein allgemeines Interesse die Eintragung in OSM? Was gilt tatsächlich hier als noch vorhandenes Relikt? Ist es der ehemalige Straßendamm, der erkennbar breiter ist, als er für den jetzt vorhandenen Forstweg gebaut worde wäre?