Fahrrad-Tagging auf Gehsteigen

Mir fallen derzeit vermehrt Gehsteige auf, die mit bicycle=yes oder bicycle=designated getaggt sind. Selbstverständlich ist das keine legale Kombination und dennoch immer wieder anzutreffen. Woran liegt das?

  1. will sagen, hier fahren alle?
  2. will sagen, hier radelt es sich gut?
  3. hier ist ein touristischer Radwegweiser, also muss es ein Radweg sein?
  4. der Gehsteig (Trottoir, Bürgersteig) wird nicht als solcher erkannt?

Punkt 4 möchte ich etwas ausführen, da er nicht so selbstverständlich ist, wie er scheint.

§2 der StVO 1960 definiert den Gehsteig als: ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße.

Die Tücke liegt im Wort “dgl.”, das einen weiten Interpretationsspielraum öffnet. Die folgenden Bilder zeigen Fälle, wo ich mir unsicher war und wie ich mich entschieden habe. Alle Bilder zeigen die vollständige Information, d.h. es gibt keine Verkehrsschilder außerhalb des Bildes, die den Typ bestimmen.

Abb 1: links: Fahrbahn; rechts: Gehsteig. Quelle: Mapillary

Gehsteig?

Abb 2: links: Gehsteig; rechts: Parkstreifen. Quelle: Mapillary

Gehsteig?

Abb 3: links: Gehsteig, rechts: Gehsteig. Quelle: Mapillary. Eine Diskussion findet sich im Artikel von derwesten.de

Gehsteig?

Abb 4: rechts: kein Gehsteig - ein Gehweg! Für die Zugangsbeschränkungen ist diese rechtliche Unterscheidung aber irrelevant. Eine kuriose Fleißaufgabe der Gemeinde, wohl zur expliziten Abwehr von Radler gedacht. Quelle: Mapillary

Gehsteig?

Abb 5: links: Gehsteig. Quelle: Mapillary

Gehsteig?

Abb 6: rechts: kein Gehsteig - ein schmaler, allgemeiner Weg. Quelle: Mapillary

Gehsteig?

Abb 7: links: Gehsteig. Quelle: Mapillary

Gehsteig?

Servus, ich habe so einen Fall, da habe ich einen Gehsteig der ein geteiler Geh- und Radweg ist. Ohne getrennte Markierung. https://www.openstreetmap.org/way/820373425/history der ist jetzt als path drinnen, wohl laut https://osmtools.de/traffic_signs/ DE:240 getagged exklusive dem segregated=no (keine Ahnung, warum), ich würde hier aber zumindest noch ein footway=sidewalk dazupacken laut https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Gehsteig#Sidewalk_als_eigenst.C3.A4ndiger_Weg wenn man jetzt laut https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Bicycle/Radverkehrsanlagen_kartieren#Stra.C3.9Fenbegleitende_Wege geht und DE:240 würde ich das nur mehr laut Beispiel 2, baulich getrennt mappen. Natürlich dabei die entsprechenden Kreuzungen beachten und korrekt taggen - das ist wichtig.

Es handelt sich um das hier https://www.mapillary.com/app/?lat=47.82515736560322&lng=13.054719445762657&z=20&pKey=Csu4KEZdnmA3Ykx3T1gL2g&focus=photo

Zu deinen Bildern: Ich sags ganz ehrlich, ich hätte auch bei Abb1 rechts einfach einen Parkstreifen getagged, weil ich diese Oberfläche ausschließlich als Parkfläche kenne. Und wo genau ist der Unterschied zwischen 5 und 6? 6 ist schmäler und weiter weg, aber sonst? Hast du da eine Faustformel, nach der du vorgehst (nur ums klar zu stellen, ich glaub, ich hätte das gleich gemacht).

Mir ist das “Problem” noch nicht so häufig aufgefallen. Vielleicht handelt es sich nur um einen bestimmten Mapper, der das mit bestimmter Absicht so einträgt (dann diesen fragen und mit klären), oder um einzelene versehentlich eingetragene access-Tags, wie es immer wieder mal vorkommt.

Bei Abb 1-4 und 7 ist die Sache meiner Meinung nach klar. Bei Abb. 5, 6 schon nicht mehr so: Radfahren ist hier wohl “offiziell” nicht erlaubt, ich bin mir aber nicht sicher ob die lokale Bevölkerung diese Wege nicht auch zu Radeln verwendet. Ein Grund dafür: weil parallel eine vermutlich gut befahrene Straße verläuft, auf der man als Radler nicht so gern “mit Autos Kontakt” hat und stattdessen lieber den meist leeren eigentlich Fußgängerweg befährt und im Falle einer Begnung vorischtig ausweicht oder kurz absteigt.
Außerdem: so klar sind diese Wege gar nicht als reiner Fußgängerweg gar nicht erkennbar. Gibt es da überhaupt ein Schilder “Fußgängerweg” oder “Radfahrer verboten”?

Da ist die Frage wonach taggen: Nach der streng gesetzlichen Erlaubnis, oder nach den lokalen und vermutlich geduldeten Gepflogenheiten.

Bei mir gibt es z.b auch geschotterte Pfade entlang der Eisenbahn die offizielle sogar durch Schilder “Betreten verboten” sind, aber seit Jahrzehnten täglich durch Fußgänger (und sogar Radler) die Richtung Bahnhof gehen begangen/befahren werden. Soll man nun anhand der Verbotsschilder oder der tatsächlichen Verwendung taggen?

Noch ein Zusatz: Was mir öfters auffällt ist das bei kombinierten Rad+Gehwegen nur entweder highway=footway (ohne bicyle=yes/designated) oder highway=cycleway (ohne foot=yes/designated) eingetragen ist.

Das führt dazu dass das Routing für Radfahre oder Fußgänger nicht korrekt durchgeführt werden kann, weil dieser Weg ignoriert wird.

Soweit ich sehe, ist von deinen Bsp. nur bei 2 Abbildungen ein separater Weg eingezeichnet. Bei Abb. 6 hast du von footway auf path geändert und nachdem dort Radrouten darüber führen, hielte ich in dem Fall ein bicycle=yes auch durchaus für angebracht, denn wenn es nicht explizit verboten ist und offizielle Radrouten darüber führen, ist der Weg (wie auch bei Abb. 5 + 7) offensichtlich für Radfahrer vorgesehen. Ansonsten stört sich wieder irgendwann jemand an dem Begriff “path” und ersetzt ihn durch “footway”, was dann gleich wieder das Routing über die Radroute zerstört.

Das hast du wiederum bei Abb. 5 gemacht, was ich in dem Fall für übertrieben halte. Wenn im Freiland auf der linken Straßenseite ein asphaltierter Streifen mit Wegweisern für Radrouten vorhanden ist, erwartet dann wirklich jemand, dass Radfahrer dort nicht fahren dürfen und stattdessen die Straße benützen müssen?

Abb. 1 ohne Markierung ist für mich gar nichts, bzw. Parkstreifen. Hier eine Strafe, wie bei Abb. 3 zu verlangen, wäre eine Frechheit.

Mit den Begriffen in OSM Wiki bin ich unglücklich. Ein Gehsteig kann nicht baulich getrennt sein, das widerspricht ja der Definition als Teil der Straße. Der Gehsteig ist räumlich getrennt, wobei die Abgrenzung durch bauliche Maßnahmen wie Randsteine, Grünstreifen, weiße Markierungslinie, andere Pflasterung und dgl. signalisiert wird.

Mir ist das nur wegen der Frage Gehsteig Ja oder Nein, wichtig. Ob es als eigenständiger Weg oder als Teil der Straße getaggt wird ist, in OSM wahlfrei. Persönlich tagge ich den Gehsteig i.d.R. an die Straße, wenn er noch nicht existiert.

Der Kern ist “… Teil der Straße”, also: wo endet die Straße? In Abb 5 ist mein Kriterium “der Grünstreifen ist < 20% der Fahrbahnbreite”. Die 20% setzen sich zusammen aus 10% Bankett + 10% Unterfütterung durch den Frostschutzkoffer. " Nach diesen 20% endet die Straße und es beginnt der Mutterboden.

Abb 6 zeigt eine aufgedämmte Straße. Hier endet die Straße am Böschungsfuß. Der Pfad führt im Vordergrund genau am Rand, weiter hinten führt er davon weg. Der Pfad selbst liegt auf natürlicher Geländehöhe.

Auf die gesamte Länge des Begleitweges (ca. 2km) gibt es kein einziges Verkehrsschild, das auf eine Zugangsbeschränkung hinweist. Das Fahrverbot erscheint sinnlos, trotzdem besteht es.

Danke für diese gute Frage. Beides hat Für und Wider, man darf es nur nicht vermischen. Das Wiki sagt:

https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Tag:bicycle%3Ddesignated
bicycle=designated is applied where cycling is not only legal, but object is explicitly designated for use by cyclists.

https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Tag:bicycle%3Dyes
bicycle=yes is applied where cycling is legal, not obvious from other tags …

Ja, sehe ich auch oft. Und vor Ort stellt es sich als Gehsteig oder Geh- und Radweg heraus. Vermutlich sind das Luftbild-Mapper.

Leider ist auch das nicht sicher. Der R4 (Schilcherradweg) hat genau dort eine Beschilderungslücke. Es gibt keinen einzigen Radwegweiser, der auf diesen Pfad hinweist. Es gibt aber auch keinen Radwegweiser der auf die B76 daneben hinweist. Es wird einfach offen gelassen. Ein explizites bicycle=yes halte ich da für nicht so angebracht.

Auch ich finde diese Unklarheiten ziemlich unfair und kontraproduktiv für das gedeihliche Miteinander von Radfahrer und Fußgänger. Manches ist einfach Schlamperei/Gleichgültigkeit der Gemeinde, manchesmal aber auch die Unmöglichkeit einen Konflikt mit vertretbaren Aufwand lösen zu können.

In letzteren Fällen ist eine Grauzone vielleicht gar nicht so schlecht. Der legale Status sollte einem aber bewusst sein. Das hilft beim richtigen Verhalten, wenn man doch erwischt wird :wink:

Nach meiner Erfahrung gibt es an solchen Stellen eher weniger Konflikte mit Fußgängern, als mit Autofahrern, die sich selbst bei Rennradlern aufregen, was die auf “ihrer” Straße machen, wenn es da so einen schönen, “teuren” Weg daneben gibt.

Ein bisschen Hintergrund zur Differenzierung Gehsteig – Begleitweg: https://www.openstreetmap.org/user/Robhubi/diary/394488