DGPS mit Handy möglich? (SBAS, EGNOS, SAPOS, RTKLIB)

Langsam? Seit Jahren. Was relativ -neu- ist, sind Mehrfrequenzempfänger im erträglichen Preisrahmen (Mehrfrequenz wie L1, L5 etc).

Würden denn NMEA-Daten reichen? Welche Datensätze würden ggf. benötigt? Ich besitze eine Navilock-Maus mit ublox-Chipsatz, die aus GPS-, Galileo- und EGNOS-Signalen folgende Sätze errechnet:

$GNRMC,110058.00,A,5210.71432,N,00935.88436,E,0.060,xxyyzz,A6F
$GNVTG,T,M,0.060,N,0.112,K,A
39
$GNGNS,110058.00,5210.71432,N,00935.88436,E,AN,07,2.15,121.7,46.2,65
$GNGGA,110058.00,5210.71432,N,00935.88436,E,1,07,2.15,121.7,M,46.2,M,40
$GNGSA,A,3,10,27,18,20,08,01,11,3.01,2.15,2.11
1C
$GPGSV,3,1,09,01,14,261,28,04,37,08,63,291,42,10,62,086,46
41
$GPGSV,3,2,09,11,22,280,41,18,37,265,43,20,38,059,42,21,14,082,237B
$GPGSV,3,3,09,27,69,148,44
47
$GNGLL,5210.71432,N,00935.88436,E,110058.00,A,A71
$GNGRS,110058.00,1,-0.9,-0.2,-2.2,0.2,3.3,13.6,0.0,63
$GNGST,110058.00,15,2.8,1.1,3.6
4F
$GNZDA,110058.00,xx,yy,zzzz,00,00
76
$GNGBS,110058.00,2.8,1.1,3.6,*5D

Ciao

tracker51

Mein altes Garmin GPSMap76s hatte schon Anno 2001 WAAS/EGNOS und einen Anschluss für D-GPS eingebaut.
Das erste Mal, dass ich in Nord-Dänemark(!) Empfangsgenauigkeit von 1,6 Metern hatte, war 2005.
Bild
Die Datensätze werden über eine Serielle Schnittstelle exportiert auch in Klartext, wie tracker51 eben beschrieb.
https://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?pid=788497#p788497

Muss ich mich wohl mal genauer mit beschäftigen. Auf der Arbeit beschäftige ich mich immer nur mit unseren Systemen (und dann eher als Nutzer der Daten).

Was hattest Du denn für einen DGPS-Empfänger?

Interessiert

tracker51

Danke, nicht ganz, dieses ppm10xx-Gerät ist ein eigenständiger Empfänger und keine Antenne: https://www.ili-gis.com/ppm10xx

Nach grober Recherche habe ich keine GPS-Antenne für Smartphones gefunden, weder für Android noch iOS.

Ich frage auch deshalb, weil die aktuellen 2-Kanal-Empfänger (L1/L5) z.B. im Xiaomi MI8 mit Trägerphasenverarbeitung angeblich Genauigkeiten im Zentimeterbereich erreichen können. Für Vermessungen wäre daher ein hochwertige externe Antenne am Lotstab sicher vorteilhafter, als das Phone in die Luft zu halten.

Aber selbst in diesem Versuchsaufbau der Bunderwehr-Uni München verwenden die das Xiaomi MI8 ohne externe Antenne und nur mit Abschirmung gegen Bodenreflexionen: https://www.unibw.de/space/news/unibw-m-forscher-erreichten-eine-beispiellos-praezise-1-2-cm-gnss-positionierung-mit-einem-handelsueblichen-smartphone

Gibt es denn überhaupt ein Gerät mit GNSS-Antennenbuchse?

Und eine reine Antenne über BT? Gibt es dafür ein Protokoll?

Da das Mi8 wie mW alle Smartphones den Empfang aus Energiegründen regelmäßig abschaltet (duty cycle), muss man tief in die Entwickleroptionen einsteigen, um dieses Verhalten abzustellen. Danach muss man die Rohdaten verarbeiten, um zur Position zu gelangen. Da allein schon das Grundrauschen des Empfängers in einer Ungenauigkeit im Bereich von einem Meter resultiert, ist Zentimetergenauigkeit nur mit langen Messzeiten an festem Ort zu erreichen.

Ich bedanke mich für Eure zahlreichen und hilfreichen Antworten. Daraus nehme ich folgende Erkenntnisse mit:
1.) Eine ordentliche Bodenabschirmung des Empfängers ist das A und O einer guten Messung, egal wieviele Satelliten man empfängt oder welches Korrektursignal man nutzt.
2.) Für die Nutzung von Korrekurdaten aus einem RTK-System wie SAPOS ist Mehrfrequenzunterstützung zwingend erforderlich, da sonst die zusätzliche Phaseninformationen des Korrektursystems nicht genutzt werden kann.
3.) Zentimetergenaue Messungen (unter einem Meter) werden zukünftig immer günstiger zu bekommen sein, aufgrund kostenfreier SAPOS-Freischaltung für Jedermann, Zugriff auf das RINEX Format unter Android mit entsprechenden Apps nun möglich, bezahlbare 2-Kanal-Empfänger (L1/L5) z.B. im Xiaomi MI8 mit Trägerphasenverarbeitung verfügbar, kostenlose Auswertesoftware RTKLIB, etc.
4.) Nur der Chipsatz BCM47755 von Broadcom wird derzeit in bestimmten Handys verbaut und bietet dadurch unter Android den Empfang von mehr als einer GNSS-Frequenz an.

Bitte korrigiert meine Aussagen, falls diese falsch sind.

Nach wie vor offene Fragen wären aber:
a.) Warum nutzt das Samsung Galaxy xcover 4s keinen EGNOS-Satelliten, obwohl dieser “empfangen” wird (PRN 123)?
b.) Findet man im Netz Screenshots von der App “GPSTEST” die eine aktive EGNOS-Nutzung bestätigt? Oder ist die App fehlerhaft und man sollte dafür besser auf eine andere App ausweichen, um die EGNOS-Nutzung verifizieren zu können?
c.) Würde eine simple Metallplatte ausreichen um Bodenreflexionen zu minimieren, oder braucht es da schon etwas besseres?
d.) Gibts es eine Liste von Smartphones die den BCM47755 von Broadcom nutzen?
e.) Gibts es aktuell eventuell weitere Chipsätze in Smartphones oder Bluetoothempfängern die Mehrfrequenzempfang und RINEX-Ausgabe bieten?
f.) Gibts es bereits Apps für Android mit denen man Live die SAPOS-Daten mit dem GNSS-Daten zusammenrechnen kann, um vor Ort via “Mobile Daten” von SAPOS zu profitieren? Oder bleibt nur die Möglichkeit der nachträglichen Zusammenführung der Rinex-Daten des Handys mit den SAPOS-Korrekturdaten (Postprocessing) mittels RTKLIB?

Ich habe vor 8-10 Jahren in diesem Bereich geforscht und mit den bekannten uBlox-Empfängern (1 Frequenz, RAW-Daten) permanent Submeter-Richtigkeit erreicht.

Die teuren Mehrfrequenz- und Mehrsystem-Empfänger mit einer mobilen Basisstation haben in meinen Augen den primären Vorteil, verlässliche Echtzeitdaten zu liefern (lokale Probleme wirken sich auf beide Systeme aus). Das ist natürlich, je nach Aufgabe und Anforderung, auch erforderlich. Wir hatten das damals in einem Versuchaufbau mit zwei identischen “Low Cost” Empfängern und Antennen gemacht, hatten Submeter-Richtigkeit auf x/y, jedoch hat die z-Achse (die Höhe) Probleme gemacht. Die lag fast immer 1 Meter daneben - für die professionelle Vermessung also unbrauchbar.

Eine eigene Basisstation braucht man heute eigentlich nicht mehr. Es gibt bezahlbare, kommerzielle Anbieter, welche virtuelle Referenzstationen erstellen können. Die Anbieter besitzen ein Netz an Basisstationen und können im Post-Processing regionale Einflüsse (z.B. Ionosphäre) herausrechnen. Selbst bei Einfrequenz-Empfängern mit Raw-Daten haben wir so Werte im 10-cm-Bereich nach wenigen Minuten der Messung erhalten. Auch die Landwirtschaft benutzt solche Systeme. Da wird per WLAN oder GSM mit dem Hersteller verbunden, der dann in Echtzeit die Daten für die Region liefert.

Wie schon korrekt gesagt wurde, können lokale Einflüsse die Messung komplett zerhauen, z.B. Hochspannungsleitungen, Metalldächer, starke Belaubung, Regen und Gewitter. Ddie Messungen im Wald konnte man knicken.

Ausführlicher Bericht mit Hintergrund (update Juni 2019)
https://medium.com/@sjbarbeau/dual-frequency-gnss-on-android-devices-152b8826e1c

Kurzfassung mit Tabelle der Phones von Juni 2019
https://medium.com/@sjbarbeau/tl-dr-dual-frequency-gnss-on-android-table-of-devices-9be4bbb83a7b

Zum Stand Juni 2019 waren zumindest in den USA etliche Android-Phones mit L5-fähiger Hardware am Markt, aber keines konnte die 2-Frequenz-Unterstützung tatsächlich nutzen.

Kann hier vielleicht jemand eigene Erfahrungen beisteuern?

Edit: Fazit ergänzt

Mit L5 ist das genauso wie mit GALILEO: schon ewig in der Testphase und noch lange nicht fertig. Vor 2027 wird das nicht vernünftig einsetzbar sein, siehe https://www.gps.gov/systems/gps/modernization/civilsignals/ und https://www.gps.gov/technical/icwg/IS-GPS-705F.pdf

Aber bitte glaubt nicht, dass ihr mit einer unter 2 cm² großen Handy-Keramikantenne vernünftige Ergebnisse bekommt. Das ist aber alles jetzt sehr Offtopic - dafür gibt’s Nerdforen :slight_smile:

Oh man, Ihr habt hier eine Fülle von Infos zusammengetragen, hochinteresannt.
Allerdings steige ich nicht mehr durch.
Wenn die zusätzlichen GPS-Frequenzen L2 & L5 tatsächlich so neu sind und bislang “ohne Garantie” abgestrahlt werden, wie haben dann bislang die Vermesser via GPS vermessen? Also reichte wohl bislang doch das gewöhnliche L1-Signal aus, natürlich ordentlich abgeschirmt von Bodenreflexionen unter Hinzurechnung des SAPOS-Korrektursignals? Das die (schweine-)teuren Gerätschaften der Vermesser hochempfindlich sind und eine bessere Rechenleistung haben, steht außer Frage.

Trotzdem entwickelt sich doch auch der Consumer-Markt immer weiter. Die Geräte werden besser, empfindlicher und können mehr. Oder ist das Eurer Meinung nach nur ein sinnloser Marketing-Gag “BCM47755 kann jetzt auch L5 empfangen”?

Wenn ich TobWen richtig verstehe, dann brauche ich mit meiner “2 cm² großen Handy-Keramikantenne” (ist die tatsächlich so groß in den kleinen Smartphones?) weder SAPOS noch L5 zu nutzen, da man mit diesem Consumerprodukten eh keine vernünftigen Ergebnisse erhält?!?!

Auf der anderen Seite sehen doch diese Tests mit dem Xiaomi MI8 vielversprechend aus? Nun gut, die Rinex-Daten des Handys wurden dort nachträglich mit einer “hochwertigen Post-Processing-Software” (RTKLIP :stuck_out_tongue: ?) mit RTK-Daten aufgewertet. Prinzipiell könnte man das aber alles selbst nachbauen, ohne mehrere Tausend Euro auszugeben. Dies sollte doch eigentlich Ansporn genug sein, dies mal nachzustellen.

Jetzt brauche ich nur doch so eine Drosselring-Plattform zur Mehrwegunterdrückung. Ob eine metallische Bratpfanne mit eingelegtem Handy die Bodenreflexionen einigermaßen aussperrt? :sunglasses: Edit: Wohl eher nicht, aber Vermesser sehe ich damit auch nicht rumlaufen, eher mit sowas. RTK-Drohnen zum Vermessen und Kartografieren gibt’s auch schon … .

Die schwache L1-Frequenz ohne zusätzliches Korrektursignal ist meines Erachtens aber nicht mehr zeitgemäß. Abweichungen bis zu 10 Metern sind damit nicht ungewöhnlich. Wenn man jetzt mit “Privatkundenspielzeug” wenigstens unter einen Meter kommt, dann stellt das für mich eine immense Verbesserung dar. Leider kann man ohne beistehende RTK-Basis die tatsächliche Meßungenauigkeit nicht verlässlich ermitteln, wie der Entwickler der App GPSTEST hier selbst erläutert.

Die zusätzlichen Frequenzen bringen nur dann einen deutlichen Gewinn, wenn die Rohdaten (Pseudorange etc.) mit Werkzeugen wie RTKLIB verarbeitet werden. Nur dann wird im Postprocessing z.B. eine genauere Ionosphären-Korrektur gemacht. Da kann man auch ohne kostenpflichtige externe Daten auf Genauigkeiten unter einem Meter kommen. Ich habe aber noch nichts gesehen, wo man als Ergebnis unkompliziert simple gpx-Dateien bekommen kann.

Die Standard-API mit vom Chip berechneten Koordinaten, die üblicherweise von den Logging-Apps verwendet wird, liefert nach meiner Erfahrung mit Xiaomi Mi8 und Samsung S20 bisher kaum bessere Koordinaten.

Die Satelliten senden übrigens schon immer auf mehr Frequenzen, die von Vermessern (und vom Militär) verwendet werden, neu ist nur, dass weitere jetzt von Consumer-Geräten ausgewertet werden können.

Die absolute Messgenauigkeit kann man übrigens an den Stellen ermitteln, an denen die WGS84-Koordinaten auf Plakette o.ä. aufgeführt sind. Auch auf Orthofotos genau bestimmbare Punkte lassen sich verwenden, in BaWü z.B. auch die Hausumrisse in Maps4BW, die aus den Katasterdaten kommen.
Für einen ersten Eindruck reicht es aber schon, GPSTest im Modus Genauigkeit ein paar Minuten laufen zu lassen und dem Wandern der Position zuzusehen :sunglasses:.

Vermesser nutzen eine Kombination aus L1 und L2. Hier eine recht gute Zusammenfassung: https://www.mapleprecision.com/2019/01/16/l1-l2-l5-satellite-signals/

Hmm. Bei mir führt die Zusammenfassung zu einem dicken Fragezeichen im Kopf. Ich zitiere mal:

  1. L1: “… The L1 signal uses the frequency 1575.42 MHz. …”
  2. L2: “… The L2 uses the frequency 1227.60 MHz, which is faster than the L1. …”
  3. Signal use: “… Since the L2 signal has a higher frequency, it can travel much more easily through obstacles. …”

Also: 1227,60 MHz “higher” als 1575,42 MHz? Das hätte ich Dumpfbacke doch gern mal erklärt.

Darum bittet

tracker51

Ich halte den Artikel auch für etwas fragwürdig.
Der Punkt 3 ist natürlich falsch, bei Punkt 2 könnte gemeint sein, dass bei L5, E5a eine höhere chipping rate verwendet wird, die Informationsblöcke also schneller aufeinander folgen.

Mir fehlt vor allem, dass mit zwei Frequenzen vom selben Satellit die Ionosphären-Verzögerung herausgerechnet werden kann und man die Chance hat, reflektierte Signale (multipath) zu erkennen.
Die niedrigeren Frequenzen von L2 und L5 werden durch Blätter und Feuchtigkeit etwas weniger gedämpft. Der Effekt stimmt, aber die Erklärung ist falsch.

Wobei in 2. allerdings die Rede von L2 und nicht von L5 ist …

Für die Antwort dankt

tracker51

Daher auch das “könnte” in kursiv. Noch kursiver geht ja nicht ;).

Hey, ich habe gesehen, dass bei mir in Hessen wohl SAPOS-Daten gratis angeboten werden, damit soll wohl Genauigkeit im Zentimeterbereich möglich sein hat schon jemand hier Erfahrung mit so was? Eventuell sogar mit selbstgebauter Hardware?

Gibt wohl auch bei anderen Bundesländern OpenData in diese Richtung, siehe https://www.zentrale-stelle-sapos.de/files/20200101_Anlage-Geodaten_Gebuehren.pdf Seite 2

LG Martin