DGPS mit Handy möglich? (SBAS, EGNOS, SAPOS, RTKLIB)

Interessant… Haben die Deutschen da wieder eine eigene Definition? Ich kannte bisher nur die Definition wie sie in der englischen Wikipedia zu finden ist, inklusive

https://en.wikipedia.org/wiki/Differential_GPS

Die deutsche Version davon liest sich ganz anders und das eigentliche (englische DGPS) ist nur eine Randnnotiz.

Der SoC des Samsung Galaxy xcover 4s ist nun auch schon mehr als 2 Jahre alt und daher nur in der Lage GNSS L1 zu empfangen.

Selbst aktuelle SoC mit 2-Frequenz-Unterstützung (!= DGPS) wie der https://www.broadcom.com/products/wireless/gnss-gps-socs/bcm47755#overview sollen angeblich in der Praxis zwar etwas bessere, aber insgesamt auch schwankende Genauigkeit haben, Link aus der letzten WN:

Original russisch: https://frexosm.ru/files/comparison-smartphone-GNSS-modules.pdf
Google Übersetzung: https://translate.google.com/translate?sl=auto&tl=DE&u=https://frexosm.ru/files/comparison-smartphone-GNSS-modules.pdf

Frage an die Android-Nutzer: Gibt es eigentlich GPS-Patch-Antennen (Kabel oder Bluetooth) für Smartphones mit dem Broadcom-2-Kanal-Empfänger?

Nicht dass ich wüsste. DGPS heißt, dass du eine Basisstation mit bekannten Koordinaten hast und daraus Korrekturdaten berechnest, welche den Fehler zwischen empfangener und tatsächlicher Position beinhalten. Diese Korrekturdaten werden an den Rover geschickt, welcher diese Daten nutzt, um den Fehler der eigenen Positionsbestimmung zu reduzieren. SBAS ist eine einfachere Variante, bei der die Korrekturdaten für eine bestimmte Region direkt über den Satelliten gesendet werden und somit keine Basisstation und zusätzlicher Empfänger erforderlich ist.

Ein anderes, häufig genutztes Verfahren ist RTK, welches die Phasenverschiebung der Signale direkt auswertet. Dies ist das eigentlich spannende System, weil es Zentimetergenaugikeit erlaubt. Neben den Korrekturdaten braucht es hier auch einen speziellen GPS-Empfänger, welcher die Phasenverschiebung auswerten kann.

Das klingt tatsächlich spannend. Inwieweit ist diese Methode denn empfindlich gegenüber Mehrwegeempfang, Abschattung durch Bergwände oder Signalabschwächung in Wäldern durch das Blätterdach?

Welche Korrekturdaten meinst Du: SBAS oder DGPS?

Interessiert

tracker51

Sehr empfindlich. Schon ein Rohr über der Straße versaut dir die Qualität. Du brauchst zwingend direkte Sicht auf mindestens fünf Satelliten.

Weder noch. Die RTK Basisstation senden noch zusätzlich Phaseninformationen. Im Detail ist das alles ziemlich kompliziert.

So ein RTK-System gibt es übrigens ab 5000 € aufwärts (Empfänger, Antennen, Zubehör, Funkgerät und Modem). Ggf. alles doppelt, falls man seine eigene Basisstation betreiben möchte/muss.

Meinst du so etwas: https://www.ili-gis.com/

Ich habe da mal eine Anfrage gestellt, bezüglich der Kosten:

Ich fand es schon interessant, aber so viel Geld habe ich dann doch nicht übrig.

Hallo,

danke für die Info.

Im Endeffekt bleibt unsereinem dann wohl - auch aus Kostengründen - nur Postprozessing möglich, denn in der “Wildnis” gibt es zu oft kein Netz, um Korrekturdaten vor Ort nutzen zu können.

Hier in Niedersachsen werden SAPOS-Daten kostenlos zur Verfügung gestellt. Klein-Moritz stellt sich vor, daß er jetzt eigentlich nur ein Programm bräuchte, das die aufgezeichneten gpx-Daten mit den SAPOS-Daten verheiratet und daraus genaue(re) Positionsdaten berechnet. Oder übersieht Klein-Moritz da was?

Fragt

tracker51

Klein-Moritz übersieht, dass er dafür einen geeigneten GPS-Empfänger und eine Auswertesoftware braucht. Habe auch noch nicht gesehen, dass sich die Daten in GPX speichern lassen. Da es langsam die ersten Low-cost-Empfänger für wenige hundert Euro gibt (ohne Antenne natürlich), die dafür geeignet sind, wäre eine kostenfreie Software zur Auswertung wirklich ganz interessant. Mir ist leider nichts bekannt.

Also wenn man post processing machen will, kann man mit https://play.google.com/store/apps/details?id=de.geopp.rinexlogger&hl=en die Daten vom Handy im RINEX Format speichern und vermutlich (d.h. noch nicht ausprobiert) mit RtkLib dann zu hause nacharbeiten.

Langsam? Seit Jahren. Was relativ -neu- ist, sind Mehrfrequenzempfänger im erträglichen Preisrahmen (Mehrfrequenz wie L1, L5 etc).

Würden denn NMEA-Daten reichen? Welche Datensätze würden ggf. benötigt? Ich besitze eine Navilock-Maus mit ublox-Chipsatz, die aus GPS-, Galileo- und EGNOS-Signalen folgende Sätze errechnet:

$GNRMC,110058.00,A,5210.71432,N,00935.88436,E,0.060,xxyyzz,A6F
$GNVTG,T,M,0.060,N,0.112,K,A
39
$GNGNS,110058.00,5210.71432,N,00935.88436,E,AN,07,2.15,121.7,46.2,65
$GNGGA,110058.00,5210.71432,N,00935.88436,E,1,07,2.15,121.7,M,46.2,M,40
$GNGSA,A,3,10,27,18,20,08,01,11,3.01,2.15,2.11
1C
$GPGSV,3,1,09,01,14,261,28,04,37,08,63,291,42,10,62,086,46
41
$GPGSV,3,2,09,11,22,280,41,18,37,265,43,20,38,059,42,21,14,082,237B
$GPGSV,3,3,09,27,69,148,44
47
$GNGLL,5210.71432,N,00935.88436,E,110058.00,A,A71
$GNGRS,110058.00,1,-0.9,-0.2,-2.2,0.2,3.3,13.6,0.0,63
$GNGST,110058.00,15,2.8,1.1,3.6
4F
$GNZDA,110058.00,xx,yy,zzzz,00,00
76
$GNGBS,110058.00,2.8,1.1,3.6,*5D

Ciao

tracker51

Mein altes Garmin GPSMap76s hatte schon Anno 2001 WAAS/EGNOS und einen Anschluss für D-GPS eingebaut.
Das erste Mal, dass ich in Nord-Dänemark(!) Empfangsgenauigkeit von 1,6 Metern hatte, war 2005.
Bild
Die Datensätze werden über eine Serielle Schnittstelle exportiert auch in Klartext, wie tracker51 eben beschrieb.
https://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?pid=788497#p788497

Muss ich mich wohl mal genauer mit beschäftigen. Auf der Arbeit beschäftige ich mich immer nur mit unseren Systemen (und dann eher als Nutzer der Daten).

Was hattest Du denn für einen DGPS-Empfänger?

Interessiert

tracker51

Danke, nicht ganz, dieses ppm10xx-Gerät ist ein eigenständiger Empfänger und keine Antenne: https://www.ili-gis.com/ppm10xx

Nach grober Recherche habe ich keine GPS-Antenne für Smartphones gefunden, weder für Android noch iOS.

Ich frage auch deshalb, weil die aktuellen 2-Kanal-Empfänger (L1/L5) z.B. im Xiaomi MI8 mit Trägerphasenverarbeitung angeblich Genauigkeiten im Zentimeterbereich erreichen können. Für Vermessungen wäre daher ein hochwertige externe Antenne am Lotstab sicher vorteilhafter, als das Phone in die Luft zu halten.

Aber selbst in diesem Versuchsaufbau der Bunderwehr-Uni München verwenden die das Xiaomi MI8 ohne externe Antenne und nur mit Abschirmung gegen Bodenreflexionen: https://www.unibw.de/space/news/unibw-m-forscher-erreichten-eine-beispiellos-praezise-1-2-cm-gnss-positionierung-mit-einem-handelsueblichen-smartphone

Gibt es denn überhaupt ein Gerät mit GNSS-Antennenbuchse?

Und eine reine Antenne über BT? Gibt es dafür ein Protokoll?

Da das Mi8 wie mW alle Smartphones den Empfang aus Energiegründen regelmäßig abschaltet (duty cycle), muss man tief in die Entwickleroptionen einsteigen, um dieses Verhalten abzustellen. Danach muss man die Rohdaten verarbeiten, um zur Position zu gelangen. Da allein schon das Grundrauschen des Empfängers in einer Ungenauigkeit im Bereich von einem Meter resultiert, ist Zentimetergenauigkeit nur mit langen Messzeiten an festem Ort zu erreichen.

Ich bedanke mich für Eure zahlreichen und hilfreichen Antworten. Daraus nehme ich folgende Erkenntnisse mit:
1.) Eine ordentliche Bodenabschirmung des Empfängers ist das A und O einer guten Messung, egal wieviele Satelliten man empfängt oder welches Korrektursignal man nutzt.
2.) Für die Nutzung von Korrekurdaten aus einem RTK-System wie SAPOS ist Mehrfrequenzunterstützung zwingend erforderlich, da sonst die zusätzliche Phaseninformationen des Korrektursystems nicht genutzt werden kann.
3.) Zentimetergenaue Messungen (unter einem Meter) werden zukünftig immer günstiger zu bekommen sein, aufgrund kostenfreier SAPOS-Freischaltung für Jedermann, Zugriff auf das RINEX Format unter Android mit entsprechenden Apps nun möglich, bezahlbare 2-Kanal-Empfänger (L1/L5) z.B. im Xiaomi MI8 mit Trägerphasenverarbeitung verfügbar, kostenlose Auswertesoftware RTKLIB, etc.
4.) Nur der Chipsatz BCM47755 von Broadcom wird derzeit in bestimmten Handys verbaut und bietet dadurch unter Android den Empfang von mehr als einer GNSS-Frequenz an.

Bitte korrigiert meine Aussagen, falls diese falsch sind.

Nach wie vor offene Fragen wären aber:
a.) Warum nutzt das Samsung Galaxy xcover 4s keinen EGNOS-Satelliten, obwohl dieser “empfangen” wird (PRN 123)?
b.) Findet man im Netz Screenshots von der App “GPSTEST” die eine aktive EGNOS-Nutzung bestätigt? Oder ist die App fehlerhaft und man sollte dafür besser auf eine andere App ausweichen, um die EGNOS-Nutzung verifizieren zu können?
c.) Würde eine simple Metallplatte ausreichen um Bodenreflexionen zu minimieren, oder braucht es da schon etwas besseres?
d.) Gibts es eine Liste von Smartphones die den BCM47755 von Broadcom nutzen?
e.) Gibts es aktuell eventuell weitere Chipsätze in Smartphones oder Bluetoothempfängern die Mehrfrequenzempfang und RINEX-Ausgabe bieten?
f.) Gibts es bereits Apps für Android mit denen man Live die SAPOS-Daten mit dem GNSS-Daten zusammenrechnen kann, um vor Ort via “Mobile Daten” von SAPOS zu profitieren? Oder bleibt nur die Möglichkeit der nachträglichen Zusammenführung der Rinex-Daten des Handys mit den SAPOS-Korrekturdaten (Postprocessing) mittels RTKLIB?

Ich habe vor 8-10 Jahren in diesem Bereich geforscht und mit den bekannten uBlox-Empfängern (1 Frequenz, RAW-Daten) permanent Submeter-Richtigkeit erreicht.

Die teuren Mehrfrequenz- und Mehrsystem-Empfänger mit einer mobilen Basisstation haben in meinen Augen den primären Vorteil, verlässliche Echtzeitdaten zu liefern (lokale Probleme wirken sich auf beide Systeme aus). Das ist natürlich, je nach Aufgabe und Anforderung, auch erforderlich. Wir hatten das damals in einem Versuchaufbau mit zwei identischen “Low Cost” Empfängern und Antennen gemacht, hatten Submeter-Richtigkeit auf x/y, jedoch hat die z-Achse (die Höhe) Probleme gemacht. Die lag fast immer 1 Meter daneben - für die professionelle Vermessung also unbrauchbar.

Eine eigene Basisstation braucht man heute eigentlich nicht mehr. Es gibt bezahlbare, kommerzielle Anbieter, welche virtuelle Referenzstationen erstellen können. Die Anbieter besitzen ein Netz an Basisstationen und können im Post-Processing regionale Einflüsse (z.B. Ionosphäre) herausrechnen. Selbst bei Einfrequenz-Empfängern mit Raw-Daten haben wir so Werte im 10-cm-Bereich nach wenigen Minuten der Messung erhalten. Auch die Landwirtschaft benutzt solche Systeme. Da wird per WLAN oder GSM mit dem Hersteller verbunden, der dann in Echtzeit die Daten für die Region liefert.

Wie schon korrekt gesagt wurde, können lokale Einflüsse die Messung komplett zerhauen, z.B. Hochspannungsleitungen, Metalldächer, starke Belaubung, Regen und Gewitter. Ddie Messungen im Wald konnte man knicken.

Ausführlicher Bericht mit Hintergrund (update Juni 2019)
https://medium.com/@sjbarbeau/dual-frequency-gnss-on-android-devices-152b8826e1c

Kurzfassung mit Tabelle der Phones von Juni 2019
https://medium.com/@sjbarbeau/tl-dr-dual-frequency-gnss-on-android-table-of-devices-9be4bbb83a7b

Zum Stand Juni 2019 waren zumindest in den USA etliche Android-Phones mit L5-fähiger Hardware am Markt, aber keines konnte die 2-Frequenz-Unterstützung tatsächlich nutzen.

Kann hier vielleicht jemand eigene Erfahrungen beisteuern?

Edit: Fazit ergänzt