Frühere Bahnstrecken

Das ist aber ein Fehler von OSMAnd und sollte dort gelöst werden.

Rein aus Neugier war ich heute mittag da mit dem Hund spazieren. (Und habe verblüfft entdeckt, dass fast alle Straßennamen noch fehlten! Wir sind da langgelaufen, wo jetzt sogar Hausnummern gemappt sind.) Von der Bahnstrecke ist für mein laienhaftes Auge nichts, aber auch gar nichts mehr sichtbar. Keine Absätze im Gelände, keine Einschnitte, keine Böschungen, keine Erhebungen, keine schmalen Gebüschstreifen, rein überhaupt gar nichts. Und das Wohngebiet, durch dessen Häuser sie verläuft, steht schon mindestens 40 Jahre da, vom Baustil der Häuser zu urteilen.

Durch diese beiden Bilder läuft die gemappte Strecke mitten durch (nicht auf dem Weg!):
https://ibb.co/52bwvrW
https://ibb.co/WKWfVwy

–ks

Schön, dann ist diese Stelle jetzt aufgelöst und war demnach schon lange falsch, dann habe ich sie seinerzeit sogar teilweise verbessert. Freut mich. Aber dass diese von dir beschriebene Art des, sagen wir mal, forensischen Mappings dem OSM-Grundsatz „we map what’s on the ground“ fast diametral widerspricht, ist dir wahrscheinlich schon bewusst. Wir mappen im allgemeinen ja keine Vermutungen oder Schlussfolgerungen, sondern überprüfbar validierbare Objekte.

–ks

Das würde ich jetzt nicht so eng sehen. Photonen reizen Sehnerven und damit Neuronen und das Gehirn “macht” daraus etwas. Andere Gehirne machen was anderes daraus. Wo der eine einen langweiligen Buckel in der Landschaft sieht, sieht der andere vielleicht eine aufgegebene Bahnstrecke und der nächste einen Schutzwall und wieder ein anderer vielleicht erstmal eine geologische Verwerfung. Sprich, Menschen neigen dazu, Muster zu erkennen, und natürlich besonders die Muster, die sie interessant finden.
Wenn ich auf einem Luftbild eine Weg erkenne, der kurzzeitg zwischen Bäumen “verschwindet”, dann nehme ich natürlich an, dass der Weg dort weiter verläuft, auch wenn ich keine GPX Tracks habe, die das bestätigen.

Am Ende solcher Sackgassen habe ich tatsächlich schon gestanden :slight_smile: aber meistens hast du vermutlich recht.

–ks

Der Verlauf einer abgebauten Bahnstrecke lässt sich im Gegensatz zu einem Weg in der Regel relativ leicht auch dann rekonstruieren, wenn zwischen zwei Abschnitten, wo der Verlauf noch eindeutig zu sehen ist, eine Lücke ist, wo nichts zu sehen ist. Führt ein erkennbarer Bahndamm auf ein neues Gebäude zu und gibt es auf der anderen Seite einen Geländeeinschnitt weiter, der sich auch also von der abgebauten Bahnstrecke herrühren identifizieren lässt, kann man bei einer Bahnstrecke sicher sein, dass diese nicht vor dem Gebäude scharf abknickte und um das Gebäude herumführte. Auch gibt es viele historische (als Quelle for OSM zulössige) Karten, anhand deren man den Verlauf einer abgebauten Bahnstrecke nachvollziehen kann. Die Daten sind somit verifizierbar, so wie man auch eine Telefonnummer oder eine Website als Zusatz einer Andresse verifzieren kann mit Quellen, die nicht alle vor Ort sichtbar sein müssen. Nichts anderes machen wir ja auch bei dem Einzeichnen von Bergen. Wir können zwar vor Ort mit gutem Augenmaß feststellen, wo der Gipfelpunkt ist, aber der Name des Bergs steht nur selten drann, ist also auch vor Ort nicht zu verifizieren. Dafür nutzen wir andere Quellen. Niemand käme aber auf die Idee, diese Namen zu löschen mit dem Hinweis, sie entsprächen nicht der On-the-Ground-Regel. Dann gäbe es bald nur noch sehr wenige Berggipfel mit Name in der OSM-Datenbank. Aber klar: Der Berg existiert noch, die Eisenbahnstrecke nicht mehr. Aber die Eisenbahnstrecke wurde ja auch nicht als existierende Eisenbahnstrecke eingezeichnet sondern als abgebaute (razed) Strecke. Insofern steht es genau so in der Datenbank, wie es ist: Hier war einmal eine Eisenbahnstrecke, aber diese wurde abgebaut. Natürlich kann und sollte man diskutieren, ob man solche Informationen in der Datenbank haben will, wie bei vielen anderen Informationen. Da solche Strecken durch das Attribut “razed” eindeutig von lediglich stillgelegten Strecken “abandoned” und von aktiven Strecken zu unterscheiden sind, sehe ich nicht das grundsätzliche Problem darin, wenn diese Daten in OSM enthalten sind. Aber natürlich gibt es auch dort Grenzfälle. Ich erinnere mich an einen Fall, der hier auch einmal diskutiert wurde, wo ein kompletter Rangierbahnhof in OSM eingezeichnet war, der inzwischen längst überbaut war. In solchen Fällen wird es natürlich schwierig, in einem solchen Bereich die aktuelle Bebauung zu pflegen, wenn eine Linie “railway=razed” neben der anderen liegt. Aber so etwas ließe sich sicherlich lösen mit einem Kompromiss der irgendwo zwischen “alle railway=razed löschen” und “alle jemals irgendwo vorhandenen Bahnschinen in OSM eintragen” liegt. Man könnte z.B. bestimmen, dass nur die Hauptlinie eingetragen bleibt. Oder indem man festlegt, dass mit Gebäuden überbaute ehemalige Gleisanlagen-Abschnitte aus der Datenbank draußen bleiben. Oder man entscheidet wirklich, dass railway=razed aus OSM rausfliegt und bereitet zur Umsetzung einen Datenexport vor, mit dem die bereits mühevoll in OSM eingetragenen Eisenbahnlinien in eine andere Datenbank übertragen werden.

Mir geht es ähnlich. Ich bin z.B. schon so manches mal in mir unbekannten Gegenden auf Dämme und Geländeeinschnitte gestoßen und bin jemand, der sich freut, wenn er dann aus einem gut gepflegten OSM-Datenbank entnehmen kann, dass dort mal die Eisenbahnstrecke XY herführte und zwar von Kleinkleckersdort über Pusemuckel nach Irgendwo.

Dies anhand der OSM-Daten erkennen zu können, freut mich ebenso, wie wenn ich an einer Erhebnung im Wald vorbeikomme, dass ich darüber informiert werde, dass es sich dabei um ein steinzeitliches Hügelgrab handelt oder bei einem Loch, dass es sich nicht um einen Steibruch oder eine Sandgrube handelt sondern um eine Doline (sinkhole). Alles Informationen, die sich vor Ort nicht erkennen lassen (ich kann ja bei einem Hügel nicht eine Grabung vornehmen um zu erkennen, dass es sich um ein Hügelgrab handelt) und es ist sehr mühevoll, solche Informationen herauszufinden, wenn sie nicht in der Karte eingetragen sind. Wenn also ein Maper vor Ort sich die Mühe gemacht hat zu recherchieren, welche Hügel im Wald Hügelgräber sind und welche nicht, dann ist das eine Vorarbeit, die mir als Natur- und Kulturinteressierten einen echten Mehrwert geben. Wer diese Infos in einer Karte nicht dargestellt haben will, kann diese ja gerne beim Auswerten der OSM-Datenbank außen vor lassen. Und wenn eine App wie OSMand railway=razed so darstellt, als wäre dort eine aktive Bahnstrecke, dann zeigt dies nur, das OSMand in diesem Fall die Daten nicht gut auswertet.

Danke für die Bilder!
Mit denen konnte ich den Verlauf der Bahnstrecke nochmals korrigieren.
Beim 1. Bild standest Du ungefähr hier (Punkt lotrecht auf den Weg gefällt) mit Blick auf den Hof an der Südostecke des Dorfes.
Man sieht am Waldrand die folienverpackten Heuvorräte oder was auch immer (bin Bahnfan und kein Landwirt …) und wie vor diesen das Gelände noch leicht geneigt ist und links daneben aber eben. Genau dort am Eck muss dann die Strecke rausgekommen sein, bisher war sie ein Stückchen weiter rechts rauskommend eingezeichnet. Jetzt ist der Bogen in das Waldstückchen hinter Dir viel gelungener … :wink:
Auf dem 2. Bild, etwas westlich von hier aufgenommen, kann man auch gut erahnen, warum die Bahnbauer da nach links ausgewichen sind.
Solche Kleinbahnen werden idR noch topgrafieangepasster trassiert als Hauptbahnen.

Genau so ist es!

Genau!

Genau. Da ist Maß halten angesagt. Gleistreues Mapping wäre bei razed verfehlt, aber die Mittelline bei Strecken oder bei größeren Bahnhöfen evtl. auch die Ränder reichen dann völlig. Mehr wäre vermutlich eh Kaffeesatzleserei (es sei denn, die Anlage gab es noch zu OSM-Lftbildzeiten).

Dann bleibt immer noch die Frage, wie man gewährleistet, dass der abandoned-Endpunkt in der OSM-Datenbank identisch mit dem razed-Anfangspunkt in der “OHRM”-Datenbank bleibt, damit man beide Teildatensätze zusammen verarbeiten könnte …

Moin,

ich denke nicht, dass das bei den üblichen Mapping-Genauigkeiten und Zoomstufen der Darstellung wirklich ein Problem darstellen wird. Mit kleinen Versätzen kann man m. E. leben.
Auch wäre m. E. auch railway=abandoned ein Kandidat, der zusätzlich in der OHM geführt werden könnte.
Solange dann dessen Schnittpunkte punktgenau in beiden Welten an die Fortführung passt, gibt es auch keine Darstellungsprobleme. :slight_smile:

Grüße
Georg
(der aber auch im Moment keine Zeit hat, die lokalen Daten konsequent in die OHM zu überführen - von den ganzen ehem. bereisten Strecken im sonstigen Teil Deutschlands ganz zu schweigen)

Es wird immer wieder betont, dass OSM eine globale, extrem vielfältige Datenbank sein sollt, aus der sich die verschiedenen Nutzer und Renderer die für sie relevanten Informationen raussuchen sollen. Es erscheint mir nicht dazu passend, wenn nun diese eine Nutzung aus der Datenbank herausgedrängt würde. Was wäre dann das Nächste, was dort rausmuss? Die Whitewater-Daten für Wassersportler (auch teilweise nicht on-the-Ground ersichtlich)? Schiffartslinien (sind weder vor Ort ausgeschildert noch auf dem Wasser sichtbar)? Ich selber habe schon z.B. an whitewater-Daten mitgearbeitet, als ich eine Kanufahrt auf einem Flüsschen gemacht hatte. Ich habe selber lokales Wissen genutzt, um historische Daten in OSM einzupflegen. Dazu wäre es nicht gekommen, hätten sich diese Daten in einer Extradatenbank auf einer anderen Plattform gefunden, denn ich wäre gar nicht darüber gestolpert, dass man solche Daten erfassen und eintragen kann. Mit solchem Separieren verringert man auch automatisch den Kreis der Mitwirkenden.

Und genau hier fangen dann die Probleme an. Die Daten liegen dann in unterschiedlichen Datenbanken. Von alleine bleiben die Punkte nicht zusammen. Mit zunehmender Zeit und fortschreitendem Mapping entfernen sich üblicherweise die Punkte. Sicherstellen, daß weiterhin die Punkte übereinanderbleiben, geht dann nur über Topologieregeln, hier z.B. die Punkt-Regel “Muß lagegleich sein mit” vergleiche z.B. https://desktop.arcgis.com/de/arcmap/10.3/manage-data/editing-topology/geodatabase-topology-rules-and-topology-error-fixes.htm#GUID-50241B19-F084-474C-A861-79AC69441D58. Und auch das funktioniert nur, wenn man die, durch die Topologieregel aufgezeigten Regelfehler dann auch beseitigt.

Ich bin mir aber nicht sicher, ob sowas in der derzeitigen Datenbankstruktur überhaupt möglich ist, geschweige denn allgemein gewollt ist. Solange es aber solche Topologieregeln zur Sicherstellung der Datenbeziehungen nicht gibt, lehne ich jeglichen Datentransfer kategorisch ab.

Sven

ich kenne die Situation nicht, aber dass der Feldweg streckenweise genau auf dem ehem. Bahnverlauf entlanggeht wäre schonmal ein Hinweis, dort nachzusehen.
Ich kenne z.B. hier eine Stelle, wo sehr viele Gleise noch erkennbar sind, wenn auch z.T. nur partiell
https://www.openstreetmap.org/#map=19/52.49357/13.37495

Wenn man z.B. beim Graben noch Reste des Schotterbetts finden würde, dann ist da m.E. durchaus “on the ground” noch was da, (gut, “in the ground”), selbst wenn es derzeit nicht an der Oberfläche liegt.

Zustimmung, GerdP! **Mustererkennung **ist das Entscheidende, was auch On The Ground immer im Hintergrund arbeitet. Wenn ich mitten im Wald einen breiten, gleichmäßig ansteigenden Weg überschreite, der bei Mulden über einen Damm führt und bei Hangausläufern eingeschnitten ist, sehe ich on the ground nicht nur einen Weg, sondern **erkenne **eine Bahntrasse. Von meiner Karte bzw. ihrer Datenbank erwarte ich Auskunft, ob das stimmt.

Dabei wäre mir egal, ob ich „railway=abandoned/razed“ finde,
oder eine beigefügte Relation für die frühere Bahnlinie, z.B.
https://www.openstreetmap.org/relation/9949425#map=12/50.4090/6.6838 ,
oder ein benachbartes NSG mit der Bahn im Namen, z.B.
https://www.openstreetmap.org/way/563108362#map=15/50.4373/6.5987

Nur da, wo sich eine neue Siedlung über die alte Trasse erstreckt, finde ich abandoned oder razed falsch. Dann erwarte ich allerdings die gesuchte Auskunft von einer beigefügten Relation.

Erst wenn von einer Trasse der größte Teil physisch zerstört und auch nicht mehr vermutbar ist, wird es m.E. eine Frage persönlicher Neigung, ob man auch auf eine Relation dafür verzichtet. Falls schon eine in der Datenbank steht, frisst sie kein Brot und sollte bleiben, alleine schon zur Pflege der Motivation des Mappers. Falls sie noch fehlt, dürfte sie meinetwegen auch weiterhin fehlen. Dann würde ich ersatzweise in der Preußischen Neuaufahme oder einem Dutzend anderer historischer Onlinekarten nach ihr fahnden - so wie ich nach der Topologie von Bergwerken ja auch in *Seigerrissen *suche und nicht in OSM.

Weil es gerade zum Thema passt… Nichts scheint unmöglich:

https://bnn.de/lokales/bretten/renaissance-fuer-eine-100-jahre-alte-bahntrasse

Ist zwar ein gebauter, aber nicht fertiggestellter Abschnitt, aber interessant ist es allemal…

Sven

Teilstücke, bei denen tatsächlich schon die Bahntrasse eindeutig erkennbar gebaut wurde (also Bahndamm, Geländeeinschnitt, Brücke) könnte man mit einer “description=…” versehen, in der das erläutert wird, aber keinesfalls railwayproposed oder railway=contruction. Wenn man den Verlauf nachvollziehbar machen möchte, kann man dies mit einer Routen-Relation machen, aber bitte nicht mit route=railway sondern mit route=historic

Ich finde das alleine wegen der Tatsache interessant, daß man nach (über?) 100 Jahren wohl ernsthaft in Erwägung zieht, die Strecke fertig zu bauen… Zum Tagging stimme ich dir zu… Wenn es sich verdichten würde, daß man fertig bauen will, wäre es aber ganz schnell proposed/construction…aber erst dann…

Sven,

…der da aber keine Gebietskenntnisse hat und den Artikel bei DSO fand.

Zustimmung! Das Thema hatten wir hier ja schon im Zusammenhang mit geplanten Straßen, d.h. ab welchem Planungsstand solche Bauvorhaben in OSM als proposed eingetragen werden. Das, was in dem Zeitungsartikel steht ist jedenfalls weit davon entfernt.

+1

Kommt druaf an, was da gemappt wird.
Die alte Trasse ist auf jeden Fall weiter als proposed. Sofern von Dämmen und Einschnitten noch was zu sehen wäre, dann war das ja schon über proposed hinaus construction, da später aufgegeben, dann sowas wie abandoned:construction:railway=rail … :roll_eyes:

Die Idee aus der Zeitung, läuft, wenn man mal alte Trasse aus Karten mit der heutigen Lage vergleicht, über größere bis alle Abschnitte auf eine völlige Neutrassierung raus … Da gilt dann das zu Planungsständen gesagte: Frühestens ab Planfeststellungsbeschluss …