Ich verstehe nicht, was an baulicher Trennung so schwierig zu interpretieren ist. Eine Linie ist gemalt und nicht gebaut. Ein Grünstreifen ist eine Lücke zwischen den beiden baulichen Werken Fahrspur 1 und 2. Eine Leitplanke ist gebaut. Eine Verkehrsinsel ist ein Bauwerk.
Daher kann ich nicht nachvollziehen, wie man eine gemalte Doppelllinie oder eine schraffierte Fläche als bauliche Trennung interpretieren kann. Das man auch über ein bordsteinhohes Bauwerk drüberfahren kann oder als Fußgänger eine Leitplanke überklettern kann, halte ich für ein nicht wirklich hilfreiches Kriterium. Ebenso nicht, ob man eine Linie überfahren darf oder nicht. Wenn letzteres das Kriterium wäre müsste man erstens feststellen, dass eine Doppellinie und eine einfache Linie rechtlich seit vielen Jahren gleichgestellt sind. Eine einfache durchgezogene Linie müsste demnach ebenso zur Aufteilung in verschiedene Linien führen. Man stelle sich das mal auf den vielen zweispurigen Straßen vor… Wo also dann den Unterschied machen?
Früher (also zur Zeit, als ich Führerschein machte, das war Ende der Achtziger Jahre) gab es in Deutschlang eine Regel, die aber lange abgeschafft wurde und insofern als Begründung nicht mehr herhalten kann:
Damals hieß es, dass auf Straßen mit durchgängig mindestens zwei Fahrspuren pro Richtung (und damit waren nicht Abbiegespuren gemeint), die baulich getrennt von der Gegenrichtung waren, gilt außerhalb von geschlossenen Ortschaften Richtgeschwindigkeit 130 (wie auf Autobahnen). Einer baulichen Trennung gleichgestellt wurde für diese Regel eine doppelte durchgezogene Mittellinie.
Inzwischen gilt diese Regel nur noch für tatsächlich baulich getrennte Richtungsfahrbahnen, also mit Grünstreifen und oder Leitplanke in der Mitte.
Wohlgemerkt wurde auch damals schon nicht die doppelte Linie als bauliche Trennung bezeichnet sondern sie wurde unter bestimmten engen Kriterien einer baulichen Trennung gleichgestellt.
Wenn man zu einem anderen Tagging-Schema kommen möchte, dass auch Linien und gemalte Sperrflächen als Grund nimmt, getrennte Linien zu taggen, muss man sich meines Erachtens von dem Begriff “bauliche Trennung” lösen. Das wäre noch recht einfach zu definieren in Bezug auf Sperrflächen (indem man sie ausdrücklich mit einer baulichen Trennung gleichsetzt). Bei der doppelten durchgezogenen Mittellinie wird es aber schwierig. Denn in dem diskutierten Beispiel ist es ja gar nicht die doppelte durchgezogene Mittellinie sondern ein diffuses Konglomerat aus verschiedenen Faktoren. Denn Niemand hat bislang gefordert, dass die inzwischen immer üblicheren 1-plus-2-spurigen Fernstraßen mit zwei separaten Richtungsfahrbahnen eingezeichnet werden. Das diskutierte Beispiel unterscheidet sich von diesen Fernstraßen baulich genau durch eine weitere Fahrspur. Es ist also eine 2-plus-2-spurige Straße. Fahrspurbreiten, fehlender Seitenstreifen, Zufahrten, Abfahrten identisch mit den anderen Fernstraßen, die statt 4 nur 3 Spuren insgesammt haben. Flohoff schrieb ja auch, dass er die Auftrennung gar nicht an der baulichen Trennung festmacht. Aber wenn das nicht das Kriterium ist, welche nachvollziehbaren und einigermaßen vergleichbaren Kriterien sollen es dann sein? Verkehrsbedeutung? Das kann es doch wohl nicht sein, denn diese wird schon in der Klassifizierung der Straße (tertiary bis primary) ausgedrückt. Und auch für die Entscheidung Trunk oder Nicht-Trunk gibt es Kriterien, die nichts mit damit zu tun haben, ob eine Straße mit zwei Linien oder mit einer Linie eingezeichnet werden.
Daher ist mein Ansinnen: Es sollte eine klarere Definition erfolgen, nach welchen Kriterien ein getrenntes Tagging zu erfolgen hat. Nur bei baulicher Trennung (mit gleichzeitiger Definition, was eine bauliche Trennung ist wie z.B. Grünstreifen, Bordstein, Zaun, Leitplanke). Wenn auch nicht baulich getrennte Fahrspuren unter bestimmten Umständen mittels getrennter Linien erfolgen soll, bedarf es auch hierfür klarer Kriterien. Ist es die Anzahl der Fahrspuren pro Richtung? Ist es die schraffierte Sperrfläche? Oder nach welchen Kriterien soll das erfolgen? Diskussionsbedarf gibt es auch bei festgelegten Kriterien genügend. Doch ohne solche Kriterien ist es reine Willkür.