Abstimmung über Deletion Policy für das OSM-Wiki

TL;DR Bis zum 27.04.2019 kann über die Deletion Policy für das OSM-Wiki abgestimmt werden. Ich selbst halte ihre Einführung für übertrieben. Sie hat ein paar kleine Unschönheiten und ihre Absichten widersprechen vereinzelt ihren Regeln.

Hallo,

bis zum 27. April 2019 kann im OSM-Wiki über die Deletion Policy (Löschrichtlinie) für Seiten im OSM-Wiki abgestimmt werden. Ich habe mich aus der ursprünglichen Diskussion herausgehalten. Ich bin zwar eingeladen worden, hatte aber nicht die Muse, mich wirklich hineinzuhängen. Ich kann nicht überall mitmischen.

Nach der Lektüre der Policy, der archivierten Diskussionsseite und einer Diskussion im Wiki-Bereich des OSM-Forums tendiere ich zu einer Ablehnung. Ich veröffentliche hier mal vorab meine Begründung auf Deutsch, auch wenn das sicherlich den ein oder anderen beeinflusst. Dennoch bin ich offen für Anregungen. Hier mal meine Meinung:

(1) Die Policy ist nicht (gut genug) korrekturgelesen worden. [1] Anders als bei einem Tagging-Proposal habe ich etwas höhere qualitative Ansprüche an solche Texte. Dem Satz “Proposals that neither define nor provide examples for their usage.” fehlt ein Objekt. Beispiele definiert man doch nicht, oder? Zudem taucht zu Beginn des Abschnitts “Criteria for proposals” ein Satz in zwei Absätzen nacheinander auf.

(2) Die Policy berücksichtigt andere Sprachen als die Englische nicht. Andere Communitys können andere Einstellungen zum Jäten oder Wachsenlassen in ihrem Wiki-Gartens haben. Hatten wir vor etwa einem Jahr eine Kampagne, bei der wir inhaltsarme, seit Jahren unbearbeitete Seiten von Städten und Landkreisen gelöscht haben? (Manchmal wurde nur die Mapping-Status-Tabelle aus der Seite gelöscht)

Anmerkung: Damals wurde ein Aufräumen vorgeschlagen und ohne längere Diskussion (die gab es nur auf dem OSM-Samstag in Bonn) wurden die ersten Seiten der Reihe nach zur Löschung markiert und tags darauf auch tatsächlich entfernt. Streng genommen war das nicht 100%ig ok. :-/

(3) Im Unterabschnitt “To keep” des Abschnitts “Criteria for proposals” fehlt noch ein Punkt, warum ein Proposal nicht gelöscht werden sollte: Wenn es eine Diskussion auf einem öffentlichen Diskussionskanal gab (Mailingliste oder Forum), sollte das Proposal zu archivarischen Zwecken erhalten bleiben.

(4) Das OSM-Wiki dient mehreren Zwecken:

  • Anleitung für Mapper (Soll-Zustand, X soll mit A=B getaggt werden) und Dokumentation für Datennutzer (Ist-Zustand, X ist mit A=B getaggt); die beiden sind bunt gemischt
  • Ort des Entwurfens, der Diskussion und Archivierung wilder Tagging-Ideen vom Karlsruher Adressschema bis hin zu einem Tag für einzelne Blumen
  • Informationsseiten über Veranstaltungen und deren Teilnehmer-Anmeldung
  • Software-Dokumentation (lässt nach)

Wenn Leute eine Löschpolicy für Proposals schreiben, erinnert mich das an einen – AFAIK nicht existenten – Vorschlag, unwichtige Diskussionen aus den Archiven der Mailinglisten zu löschen. In meinen Augen geht hier der Rasenmäher seinem Gärtner durch.

(5) Die Policy schlägt vor Löschanträge auf einer Löschantragsdiskussionssammelseite zu diskutieren. Wird damit nicht das zu entschlackende Wiki durch eine Diskussionsseite wieder zugemüllt?

OSM hat viele Diskussionskanäle, aber Diskussionsseiten im Wiki erfreuen sich einer geringen Beliebtheit. Man kann über die Benutzerfreundlichkeit von Mailinglisten geteilter Meinung sein, aber Diskussionsseiten sind ein grausamer Behelf für ein seit Jahrzehnten fehlendes Feature in der Wiki-Software. Lasst uns eine Mailingliste anlegen, wenn wir diskutieren wollen, – oder einen Bereich im Forum. (OT: Eine spezielle Wiki-Liste wäre vielleicht gar keine so dumme Idee?)

(6) Die Löschantragsdiskussionssammelseite ist ein bürokratisches Monster. Ihr zufolge hätten wir jede Löschung einer sinnfreien Städte-/Landkreis-Seite dort diskutieren müssen. Ich halte es nicht für zielführend, für solche systematischen Aktionen Ausnahmen einzuführen, denn sie sind als organisierte Edits schon über die Organised Editing Guideline erfasst (dort werden Wiki-Edits erwähnt!). Außer dass Adamant1 ein paar Minuten mehr gebraucht hätte, hätte es nichts gebracht. Das OSM-Wiki hat nicht so viele Edits, dass wir der Wikipedia in der Sache folgen müssen (dort kann ich den Grund der Seite nachvollziehen, weil der Bestand an Seiten/Artikeln und die Anzahl der aktiven Benutzer weitaus größer ist). Wenn wir ein oder zwei kritische Benutzer haben, die ein Auge auf die Bearbeitungen im Wiki haben, fällt das so oder so auf. Ich selbst rufe den RSS-Feed des Wikis nicht ab, aber ich habe durch frühere Aktivität genügend Seiten auf meiner Beobachtungsliste, um bei Massenbearbeitungen mindestens eine E-Mail zu erhalten.

Es ist absurd, für größere Löschkampagnen spezielle Seiten anzulegen. Das ist nur bei organisierten Aktivitäten sinnvoll und diese werden schon von der Organised Editing Guideline erfasst. Diese Löschkampagnendokumentationsseiten müllen das Wiki doch nur wieder zu?

(6) Hat man die Policy nur wegen zweier Benutzer (Adamant1 und der andere) geschrieben? Ich glaube ja. Die Diskussionen um die Richtlinie auf diversen Kommunikationskanälen und ein Gespür, wie OSM tickt, genügen IMHO, um sich eine Meinung zu einem Löschantrag zu bilden. Ich hoffe, dass wir künftig nicht wegen vorübergehendem Auftretens einzelner Mitwirkender, deren Verhalten nicht akzeptiert wird und denen es an Einsichtsfähigkeit mangelt, Richtlinien schreiben. Wer ein Regelwerk benötigt, um einsichtig zu werden, ist IMHO sowohl im Wiki als auch in der Datenbank ggf. fehl am Platze. Wir hatten schon einmal den Fall eines sehr aktiven Wiki-Benutzers, der Wiki-Autoren vergrault hat. Irgendwie schafft die DWG es in der Kartendatenbank ganz gut, Leuten zu zeigen, dass die anderen die Sache anders sehen. Warum brauchen wir im Wiki hammerharte Regelwerke dafür?

(7) Seiten zu mechanischen Edits sollten nicht gelöscht werden, wenn der Edit durchgeführt worden ist. Mechanische Edits von Benutzern, die den Lizenzwechsel abgelehnt haben und deren mechanischer Edit restlos getilgt wurde, sind ein exotischer Ausnahmefall, den die Richtlinie nicht zu erwähnen braucht.

(8) Anstoß für diese Policy waren massenhaft gestellte Löschanträge für alte, eingeschlafene Proposals durch Adamant1, der meinte, diese würden Mapper dazu verleiten, alte Gammel-Tags zu benutzen. Es gab noch etwa parallel einen zweiten Benutzer mit einem ähnlichen Muster. Ein paar Benutzer (u.a. Polarbear, Matheusz Konieczny und mich) ist das sauer aufgestoßen. Die Reaktion auf der Benutzerdiskussionsseite kann man mit “Hör auf, das macht man nicht.” zusammenfassen. Die Antwort war sehr wortreich und er hat sich sofort angegriffen und verletzt gefühlt. Nach einer Pause von einigen Wochen hat Adamant1 nochmal Löschanträge gestellt.

Mich machen jedoch ein paar Beobachtungen nachdenklich: Das Benutzerkonto tigerfell gibt es erst seit September letzten Jahres. Dass jemand mit 10 Änderungssätzen zwei Richtlinien (erst die deutsche Multipolygonitis-Richtlinie, nun die Lösch-Richtlinie) vorschlägt, ist ungewöhnlich. Entweder ist es eine Sockenpuppe oder jemand hat das OSM-Wiki als Hobby entdeckt und nicht erkannt, dass das Wiki nicht der Zweck von OSM ist. Bei OSM entstehen Regeln oft mit der Zeit. Sie werden selten in klare Richtlinien gegossen, sondern verfestigen sich oft durch wiederholtes Aussprechen. Was richtig ist, wird in Diskussionen ermittelt, falls alte Diskussionen nicht ausreichend sind. Damit man anfängt, Richtlinien zu schreiben, braucht es entweder regelmäßig Ärger vieler Leute mit vielen anderen Leuten oder eine Frage, die die Community schon lange entzweit, aber eine deutliche Mehrheit hat.

Sockenpuppen sind bei OSM gestattet, wenn sie dem Schutz der Privatsphäre beim Bearbeiten der Kartendaten dienen. Sie sollten sich jedoch ansonsten zurückhalten und nur mit dem Hauptaccount zu OSM beitragen.

Viele Grüße

Michael

[1] Dieser Text hier auch nicht. :slight_smile:

zu Deinem Punkt 6, ich glaube ja, der Grund waren zig Löschungen bzw. vorgeschlagene Löschungen, womit teilweise Dokumentation verloren gegangen wäre. Nur weil es eine Software (z.B.) nicht mehr „gibt“, die Seite dazu zu löschen, oder alte Proposals zu löschen wo nicht viel los war z.T. aber eben doch Sachen dokumentiert sind — für mich stand der mutmaßliche „Gewinn“ von solchem Aufräumen in keinem Verhältnis zur Arbeit und zum Schaden, und ich habe mich daher dafür eingesetzt, dass man nur dann löschen kann, wenn es keine Interaktionen zwischen unterschiedlichen Leuten gab und nicht um tags die verwendet sind oder waren.

Das jetzige Dokument ist viel zu lang, habe ich nicht alles im Detail durchgelesen weil es so offensichtlich zu lang ist und schon deswegen nicht 1:1 so gepasted werden kann.

(diesem Vorwurf kannst Du Dich übrigens auch nicht vollständig verwehren :roll_eyes: )

Klar ist das Thema komplex, auch weil „das Wiki“ viele unterschiedliche Bereiche hat (Userseiten, Hauptseite / Organisatorisches, Tag definitionen, Andere tagging Dokumentation, Country/Regional Projekte/ lokale Community, Software doku („eigene“ und „fremde“), etc. dazu noch alles vielsprachig. Jeder dieser Bereiche könnte (sofern es nötig sein sollte) eigene Regeln haben. So wären die Regeln jeweils nur wenige und einfacher.

Ich hab mir die Tage mal den Spass erlaubt, die Kriterien gegenzuprüfen für eine Seite, die ich zum Löschen empfohlen habe (Thema: krudes Löschen von Daten per Kommandozeile direkt auf der produktiven Instanz).

Obwohl die Policy nur so wimmelt von Einzelfällen, hat es für meinen Fall dennoch nicht gepasst. Die Policy hatte mir nahegelegt, die Seite zu verbessern (da veraltet). Das Problem war aber, dass das Vorgehen so schädlich für die DB ist, dass der Ansatz 2019 prinzipiell nicht mehr zur Anwendung kommen soll. Also Löschen.

Für meinen Geschmack ist das ganze Dokument viel zu kompliziert. Vielleicht hätte man sich den ganzen Bohei schenken können, wenn man die 2-3 Protagonisten zwischendurch einfach mal für ein paar Wochen im Wiki gesperrt hätte, anstatt einen (auch für Außenstehende) mehr als nervigen Editwar immer weiter zu befeuern. Letztlich war das ja offenbar Auslöser dafür, überhaupt ein solches Dokument aufzusetzen.

@Nakaner TL DR Aber auf die ersten Punkte gehe ich mal ein:

Einen Monat früher hätte man das in den Prozess einbringen können.

Die Fehler sehe ich natürlich nicht, das sind Stichpunkte unter der Überschrift “Zu löschen”. Die Beispiele halte ich für Nicht-Muttersprachler für sinnvoll, da der Text dadurch weniger abstrakt ist (sicherlich Ansichtssache).

Ein Beleg für diese Aussage wäre schön. Soweit ich es sehe, gab es nach der Aufräumaktion das Problem von toten Links im Wiki (nach Lektüre einer Diskussionsseite).

Bei 4 fehlt mir noch ein Hinweis auf Data items. Es gab die Überlegung, die Ziele des Wikis im Anschluss nochmal niederzuschreiben. Ich könnte mir vorstellen, dass das vielleicht über talk@ oder Talk:Wiki abläuft.

Für mich sind das zwei verschiedene Quellen: Die Archive der Mailinglisten dokumentieren was jemals gesagt wurde (Spam oder gesetzlich Problematisches wird sicher auch dort gelöscht); das Wiki enthält Inhalte, die stets bearbeitet werden können. Tatsächlich war das *der *große Diskussionspunkt der ganzen Richtlinie. Die Details kann man in den Diskussionen nachlesen, nur um einer Verwirrung vorzubeugen: Es geht tatsächlich um Proposals für Tags, die nicht in Verwendung sind. Sie sind meist verwaist, dort steht dann so etwas wie “Es gibt schon tag a=b.” Wie gesagt, dieser Punkt war sehr umstritten.


@dieterdreist Vielen Dank für die Diskussionsbeiträge! Wir haben mit Inhalten wie Softwaredokumentationen und Seiten, die von der “Qualitätskontrolle” des Systems angezeigt wurden (leere, nie bearbeitete, doppelte oder nicht kategorisierte Seiten) sowie den Proposals angefangen. Dann kamen die anderen Inhalte und bei Kategorien und Vorlagen haben wir dann abgeschnitten, weil das immer mehrere Seiten betrifft und die Diskussion länger gedauert hätte.


@mmd Diesen Fall würde ich gern auf der Diskussionsseite im Wiki fortsetzen, es gibt dort wirklich eine Lösung, möglicherweise auch mehrere.

Die Sperrung der Betroffenen wäre tatsächlich eine Möglichkeit gewesen, das Problem bestand aber darin, dass Leute Änderungen rückgängig gemacht haben, dann das aber nicht mehr sachlich diskutiert haben, sondern emotional und für eine Zeit lang das Wiki anschließend gar nicht mehr bearbeitet haben, ihre Meinung aber nicht geändert haben (und auch nicht begriffen haben, dass sie sich auch fehl verhalten haben). Real wirksame Sperren (um den Leuten sozusagen vor das Schienbein zu treten und ihr Fehlverhalten ganz klar zu benennen) hätten mindestens drei Monate lang sein müssen, damit es beim nächsten Anmelden auffällt.
Ich empfand es auch ungünstig, dass der Konflikt noch befeuert wurde und hatte die Hoffnung, dass wir es schaffen, die Kräfte der Beteiligten in etwas Positives umzuwandeln und die persönliche Ebene verlassen zu können.

Also, Tiles per curl herunterladen unterscheidet sich schon recht deutlich von einem “wir löschen per curl auf der Kommandozeile beliebige Daten in der Datenbank”. Insofern sehe ich nicht, wie der Kommentar von TomH hier relevant sein sollte. Außer dass hier das Wort “curl” drin vorkommt, handelt es sich doch um einen völlig anderen Sachverhalt.

Ansonsten hat sich der andere Mitstreiter wieder in eine Form von Meta- und Metameta-Diskussion verstrickt, woran ich mich nicht beteiligen möchte.

Wenn ich mir anschaue, wie sich folgende Diskussion gerade entwickelt, so halte ich das Unterfangen zwar löblich, die Leute auf eine sachliche Ebene zu heben. Wirklich nachhaltig scheint es allerdings nicht gewesen zu sein.

Ich benutze äußerst ungern das Wort “toxisch” - hier wäre möglicherweise so ein Fall, wo es das Verhalten und die Kommunikationsmuster einzelner doch ganz gut beschreiben würde.

Subjektive Zusammenfassung:

  • vorliegende Idee doof und ziemlich problematisch.

  • aber Alternativen? Ich jedenfalls störe mich oft daran, dass ich zum “Tagging archeologen” werden muss, wenn ich eine einfache Frage nachschlagen Will.

Löschen / archivieren / ausmisten im Wiki klingt daher grundsätzlich gut.

Ich habe jetzt meine Nein-Stimme abgegeben.