Übernimmt Mapbox die Tagging-Hoheit in OSM?

Wenn wir Mapbox / Bryan Hounsel mal zeigen wollen, wo der Hammer hängt, müssten wir VIELE Github-Konten aufbieten.
Das gleiche gilt übrigens auch für openstreetmap-carto, wo fast alle Deutsche / Ösis, die früher mal beteiligt waren, aufgegeben haben.

Was ich ganz vergessen habe anzumerken: ich glaube nicht, dass sich Mapbox selbst im Augenblick auch nur ein kleines bisschen fürs OSM Tagging interessiert (vermutlich was das letzte von Interesse die automatische Wikidatafizierung) oder OSM überhaupt irgendein wichtiges Thema ist.

OSM ist jetzt nur eine Datenquelle von vielen in einem nicht so wirklich interessanten Geschäftsgebiet und grosse Teile der jetzigen Führungsmannschaft hatten meines Wissens überhaupt nie Kontakt mit “uns”.

Wenn man überhaupt bezüglich externem Einfluss aufs Tagging Bedenken haben müsste, dann wäre ich eher um Radiant Solutions besorgt. Wenn voraussehbar HOT, Mapbox, Telenav etc strategische Zusammenarbeit mit denen verkünden, dann haben wir ein Problem.

Der Teil will mir nicht aus dem Kopf. Das bedeutet, dass OSM und die OSMF nicht weiß, wer bei dem Standardeditor auf der OSM-Website das Zepter in der Hand hat. Der Editor hat Zugriff auf Nutzerdaten und -sofern zugestimmt- auch auf Positionsdaten des Browsers. Sollte man nicht wissen, an wen man sich wenden könnte, wenn solche Daten mal durch einen Fehler oder sonstwas geleakt werden? Übernimmt die OSM(F) nicht eine gewisse Verantwortung und/oder Pflichten, wenn sie [ohne Hinweis] eine Software auf ihrer Homepage einbindet?

Da wird nichts von außerhalb eingebunden. Bryan erstellt regelmäßig einen Pull Request für neue iD Versionen und diese Änderungen werden dann Teil der OSM Webseite. Bryan kann eine neue Version auch nicht selbst aktiv schalten, das macht TomH.

Das ist aber auch nicht anders als bei jedem anderen Editor (mal davon abgesehen das es der “Standardeditor” ist), sprich es werkelt auch via die API und hat nicht einen speziellen Zugriff auf Benutzerdaten.

Bryan war mal klar für die Entwicklung von iD angestellt (straight from the horses mouth), in der Zwischenzeit macht er auch anderes für MB deshalb ist es nicht mehr so wirklich klar.

Ich habe auch nicht geschrieben, dass die Einbidnung von ausserhalb nötig ist, um Pflichten für Software auf meiner Homepage übernehmen zu müssen. Wenn auf meinem Server ein Wordpress-Plugin spinnt und Viren an meine Besucher verteilt, habe ich ein Problem.

Nicht ganz. JOSM muss ich mir aktiv runterladen. Da kann OSM jetzt nichts dafür, wenn da was schief läuft. Potlatch, naja, da ist es etwas einfacher den Verantwortlichen zu bestimmen.

Ich verstehe dein Problem nicht so ganz. iD tickt da exakt wie Potlatch, d.h. die Sysadmins der osm.org-Seite haben die komplette Kontrolle über die Software und können jede Änderung genau nachvollziehen über die Pull Requests. Hier ist Potlatch sogar schlechter, weil nur kompiliertes Actionscript gemerged wird.

ich würde das ungern weiter vertiefen, weil das zu sehr vom eigentlichen Problem wegführt und die Prüfung der Herkunft der Software nur ein Teilaspekt bei einer Abwägung ist, ob man eine bestimmt Software einsetzt. Problematisch ist ja der Umgang mit Presets. Zwar wäre es für mich von Interesse, ob das kritisierte Verhalten bei der Einführung neuer Tags ein privates Problem von Bryan ist oder einer Strategie von Mapbox entstammt und ich denke, dass es bei einer Lösung des Problems helfen würde, die Motivlage zu kennnen, aber wenn man ausser den Ausführungen von Simon nichts bekommen kann, würde ich das jetzt erstmal so hinnehmen.

“verantwortlich” ist so oder so die OSMF auch für die anderen mehrere Dutzend Dependencies die die Website hat. Siehe die typischen OSS Lizenzen (im Falle von iD https://github.com/openstreetmap/iD/blob/master/LICENSE.md)). iD ist auch nicht eine Auftragsarbeit der OSMF, es gibt also auch keinen Vertrag mit irgendjemand, genauso wie für 99% der ganzen Website.

Warum muss ein online-Editor auf OSM überhaupt alles können und dürfen?
Wer gern spezielleres eintragen will kann doch auf andere Editoren zurückgreifen - es gibt sie doch.
Auch das so viele Apps für Datenänderungen zugelassen sind - wie lange haben wir über Fehleintragungen bei wheelchair diskutiert. Ist es richtig, dass einfach massiv Schlüssel/Werte eingetragen werden und dann gesagt wird: “Es wird ja sehr viel verwendet”?

Was soll eigentlich mit diesem Thread erreicht werden?

Zunächst einmal nur Sensibilisierung dafür, dass möglicherweise über einen viel verwendeten Editor durch die Hintertür die Taggingpraxis verändert wird, ohne dass die Community Möglichkeit hatte, sich da einzuschalten. Und Sensibilisierung dafür, dass hinter dieser Veränderung der Taggingpraxis möglicherweise kommerzielle Interessen einen großen Geodatendienstleisters stehen.

Man kann auch mit iD alles Mögliche eintragen, indem man weiter unten die Sachen per Tastatur in die Key-Value-Tabelle einträgt, Autovervollständigung sei Dank reichen dafür meist wenige Buchstaben. Ich arbeite fast nur so, weil ich das meiste, was ich brauche, eh mehr oder weniger auswendig kenne … Was ich noch nicht auswendig kenne, schlage ich im Wiki nach … Die Presets im oberen Teil verwende ich zwar gelegentlich auch, aber eher selten …

Ich bin eh überall die “Meckerziege”, also kann ich mir den Schuh hier auch anziehen und mich hinter SunCobalt. Ich finde den Post richtig und wichtig, auch wenn mir persönlich iD total egal ist.

Ich kann mir auch aus 10 Mailinglisten, einem Forum, irgendwelchen github-Foren und Twitter Informationen zusammensuchen. Das macht die Sache aber nicht besser und die Zeit für OSM wird auch nicht mehr. Fakt ist doch, dass er ein ernstzunehmendes Problem angesprochen hat und die Form ist mir da relativ egal.

Ich finde, es kann nicht sein, dass einzelne Editoren eigene Presets so ÄNDERN, wie sie es gerade wollen. Sie können gerne Presets definieren mit im allgemeinen akzeptierten Tags, aber der Rest sollte über die (verbesserungswürdigen) aber etablierten Prozesse laufen. Dass hinter iD Mapbox steht, wusste ich nicht, macht die Sache aber noch problematischer - egal, wie sehr Mapbox selbst die Entwicklung steuert.

Wenn der Entwickler schon darauf hingewiesen wurde, ist mir auch sehr egal, ob er überhaupt mitdiskutiert. Es ist Sache der OSM Spielregeln vorzugeben und sich nicht Mapbox zu unterwerfen weil iD so beliebt ist. Wir sollten ein Ziel definieren und dann den Weg dahin mit den Entwicklern der Editoren abstimmen. Schafft es die OSMF jetzt nicht, eine klare Linie vorzugeben, öffnet das jedem Tür und Tor, seine eigenen Vorstellungen auszuleben und die OSM-Institutionen (=Wiki,…) auszuhebeln.

Ich halte das insgesamt für eine bedenkliche Entwicklung und finde gut, dass SunCobalt dies hier anspricht!

Die OSMF hat bislang keine Vorgaben in dieser Sache gemacht. Weder hat sie verfügt, dass der ID-Editor der Default-Editor auf openstreetmap.org sein soll, noch hat sie irgendwelche Regeln erlassen, nach denen die Community sich bei der Festlegung von Tags richten soll.

Zwar ist die OSMF theoretisch die Betreiberin der Webseite, und wenn der OSMF-Vorstand verfügen würde, dass der ID-Editor jetzt nciht mehr auf openstreetmap.org angepriesen werden soll, dann könnte man das durchsetzen (je nachdem, wie ungeschickt man es macht, würde man dabei vielleicht den einen oder anderen Server-Admin verlieren). Oder die OSMF könnte Regeln erlassen, was ein Editor tun muss oder nicht tun darf, um auf der Webseite gelistet zu werden, und daraus dann Forderungen an ID ableiten. Da fängt es allerdings schon an - man kann kaum von einem Editor fordern, dass er sich immer nach dem Wiki richten muss, denn allen guten Mühne zum Trotz steht da oft auch Mist drin. Wonach also muss sich ein Editor richten… nach dem “Community-Konsens”? Und wie wird der bestimmt?

Bislang gibt es keinen “Zertifizierungsprozess”, den neue Software durchlaufen muss, die die API anspricht, d.h. Tür und Tor sind tatsächlich offen, und jeder kann seine eigenen Vorstellungen ausleben. Siehe zum Beispiel “StreetComplete”, das bei seiner Erfindung ja durchaus für Kritik gesorgt hat, inzwischen aber, so scheint mir, für viele ein geschätztes Tool ist und die meisten Kinderkrankheiten überwunden hat.

Wünschst Du Dir eine Welt, in der sowas wie StreetComplete erst eine Genehmigung vom OSMF-Vorstand bekommen muss, bevor es veröffentlicht werden darf? Das ist durchaus ein möglicher Standpunkt, für den sich Argumente finden lassen, aber es lassen sich auch welche dagegen finden.

Ich persönlich würde eher dazu neigen, zu sagen, dass alles erstmal erlaubt ist, bis man es explizit verbietet, weil es Schaden anrichtet.

Bei ID ist die Situation halt speziell, weil ID nicht nur ein Editor ist, den jemand auf seiner Bastelwebseite betreibt, sondern weil ID als Standard-Editor auf openstreetmap.org verlinkt ist. Bezieht sich Deine Forderung, eine klare Linie vorzugeben, nur auf derart “offiziell beworbene” Anwendungen?

Bye
Frederik

Das ist ein Mangel. Es sollte eine Arbeitsgruppe geben, die klare Tagging-Regeln erarbeitet (eine Art “Gold-Standard”). Dies natürlich zusammen mit der Community und nicht Zwanghaft für alle Tags. Aber eine Abdeckung von circa 90% sollte langfristig schon erreicht werden.

Ich denke auch, dass man etwas vorsichtig sein sollte bevor man kleine zarte Pflänzchen wie StreetComplete mit einer großen Keule erschlägt. Ich denke, dass eine eventuelle Regelung der Presets so aussehen könnte, dass die per Default verfügbaren Presets gewissen Standards genügen müssen. Die Möglichkeit, sich Presets aktiv nachzuzladen, wird vermutlich mehrheitlich von Leuten genutzt, die schon ein Grundverständnis vom Tagging haben. Und es gibt gute Gründe, nicht durch den Approval-Prozeß gegangene Tags zu akzeptieren (3D Mapping als Beispiel) und das nachinstallieren von “ungewöhnlichen” Tags zu ermöglichen
Das ganze sollte meiner Meinung nach auch nicht für jede Software gelten, sondern nur für auf osm.org verfügbare Editoren und Editoren mit einem gewissen Marktanteil…meinetwegen >5% der Nutzer.

Diese Diskussion habe ich im Zusammenhang mit dem OSM-Standardstil schon oft geführt. Für mich gibt es da drei wichtige Ansätze, die auch für Editoren umsetzbar wären:

  • Es gibt dokumentierte Arbeitsgrundsätze des Projektes, welche regeln, nach welchen Kriterien Entscheidungen gefällt werden. Dies kann man sowohl auf den Editor als Ganzes als auch auf die Presets beziehen.
  • Die Einhaltung dieser Arbeitsgrundsätze wird nicht ausschließlich von einer Einzelperson, sondern von mehreren Leuten überwacht.
  • Das Wichtigste ist, dass es Alternativen gibt. Das ist bei Editoren um Glück immer noch der Fall. Sobald dies in Gefahr ist, sollte man daran gehen, explizit die Entwicklung von Alternativen zu fördern. Das können sowohl komplette Neu-Entwicklungen als auch Forks sein.

Ich würde ausdrücklich zustimmen, dass irgendwelche bürokratischen Genehmigungs/Zertifizierungs-Verfahren kontraproduktiv wären und fast garantiert zu einem who watches the watchers-Problem führen würde (hinsichtlich demokratischer Kontrolle ist die OSMF ja nicht gerade ein Aushängeschild). Aber die Förderung von Alternativen ist durchaus etwas, was die OSMF aktiv unterstützen könnte - dahingehend zum Beispiel dass man sagen könnte: Wir würden gerne eine zweite Version von iD auf der Webseite anbieten, welche einen anderen Default-Preset-Satz enthält. Wir rufen dazu auf, so was zu entwickeln um das dann für die Integration in die Webseite anzubieten.

Der Ansatzpunkt sollte sein: Ein Editor, der grundlegende (!) Taggingregeln missachtet, verwirkt den Anspruch, auf der OSM.org-Hauptseite als Editor angeboten zu werden.