Ich bin mir nicht ganz sicher, ob dieser Anfang dazu geeignet ist, eine sachliche Auseinandersetzung einzuleiten.
Kannst du mir bitte erklären, inwiefern die Grenze zwischen beispielsweise einem Wald und einer Wiese „fließender“ wird, wenn man sie mit einem MP abbildet, und dementsprechend „härter“, wenn man für jede der Flächen ein eigenes Polygon zeichnet? Sind MP irgendwie fuzzy, und ich habe es nur noch nicht gemerkt?
Dass das Argument in beiden Richtungen funktioniert (da es auch auf Mapper zutrifft, die auch simpelste Flächen mit einem möglichst komplexen MP abbilden, also für alle Problemstellungen dasselbe Werkzeug benutzen) und damit jeder Anwendbarkeit entbehrt, ist dir höchstwahrscheinlich klar.
Ich stimme dir insofern zu, dass für jede Flächensituation eine angemessene Abbildung gewählt werden sollte, und ich finde es auch schade, dass es in OSM kein dezidiertes Flächenobjekt gibt, sondern wir geschlossene Ways als Fläche interpretieren oder auch nicht. So kommen fragwürdige Konstrukte zusammen, in denen ein geschlossener Linienzug barrier=fence + landuse=meadow getaggt wird und gleichzeitig für zwei Objekte steht – den Zahn und die Wiese. Ja, das finde ich auch doof. Wenn die beiden zum Beispiel unterschiedliche Namen haben, muss man die mit barrier:name=* und landuse:name=* drantaggen, und das bekommt irnkwann niemand mehr ausgewertet, weil man das nicht bis ins letzte standardisieren kann (der nächste taggt nicht barrier:name=, sondern fence:name=).
Ich persönlich habe früher sehr viel mit Multipolygonen gearbeitet beim Flächen-Erfassen (es hat viele Vorteile, unbestritten), bin aber davon abgekommen, als ich häufiger Änderungen an MP-Teppichen anderer User vornehmen musste. Das ist mit einzelnen geschlossenen Linien deutlich einfacher als mit einem MP-Gewebe, wo beim Editieren eines Objekts auch gleich fünf, sechs andere mit betroffen sind und man höllisch aufpassen muss, dass hinterher noch alles stimmt. Das mag dir anders erscheinen, meine Erfahrung war und ist so.
Wenn es darum geht, eine Flächenstruktur einmalig für alle Zeit zu erfassen, ist ein MP-Struktur die schnellste und einfachste Lösung. Das stimmt. Wenn das Ganze aber Änderungen unterworfen ist, die von anderen Kollegen schnell vorgenommen werden müssen, verliert diese Technik ihre Vorteile ganz schnell. Darüber möchte ich jetzt nicht im Einzelnen diskutieren, es ist, wie gesagt, einfach meine Erfahrung im Bearbeiten von Flächen. Und bearbeitet werden Flächen viel in OSM. Da werden Umgehungsstraßen gebaut, Gewerbegebiete erschlossen, Industrieanlagen umgesiedelt, immer müssen vorhandene Flächenstrukturen aufgebrochen und umgebaut werden, und das finde ich am einfachsten, wenn die Flächen einfache Linienzüge sind, die sich einzeln selektieren und löschen/herauslösen lassen.
Da hast du allerdings vollkommen recht. Und mein oben geschildertes Beispiel mit dem Zaun und der Wiese bilde ich persönlich auch am liebsten mit einem MP ab: die Linie als Zaun taggen und als outer (und einzigen member) eines MP verwenden, das die Wiese darstellt. Finde ich datentechnisch am saubersten so, weil auch real der Zaun den Umriss der Wiese definiert.
Ein anderes, aber damit leider eng verwandtes Thema ist das Verwenden von Straßen-Ways als outer von Multipolygonen. Das finde ich wirklich in praktisch jedem Fall wartungstechnisch potthässlich und auch sachlich falsch, da sind wir uns wohl einig. Beweis der sachlichen Falschheit: Wenn der Straßen-Way ebenso einen Acker im Osten begrenzt wie eine Wiese im Westen, dann schreibe ich damit auch in die Datenbank, dass Acker und Wiese hier direkt aneinandergrenzen. Was nachprüfbar falsch ist, da sie um die Straßenbreite auseinanderliegen.
–ks