Hallo zusammen,
ich würde die Kirche im Dorf lassen und erst mal die konkrete Umsetzung abwarten. Dass die Zielrichtung all dieser Gesetzgebung nicht OSM und Wikipedia sind, ist wohl allgemeiner Konsens. Ob es richtig ist, dass jede(r) die unglaublichsten Sachen ins Netz stellen darf (mittels eines davon und der ungehemmten Verbreitung fürstlich lebenden Providers), ohne für Falschaussagen zur Rechenschaft gezogen werden zu können — dieses Forum ist nicht die richtige Stelle das zu diskutieren.
Ich kenne ein Beispiel aus einem anderen Bereich, wo die konkrete Umsetzung nach zunächst existenzbedrohenden Szenarien eine sehr pragmatische Lösung gefunden hat: Energiegenossenschaften und die Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinie durch das BAFIN (hoffentlich wird das jetzt nicht als “off topic” rausgenommen): Ca. 2014 musste das BAFIN (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) europäisches Recht zum Verbraucherschutz bei Vermögensanlagen umsetzen. Energiegenossenschaften kann man theoretisch als Anbieter solcher Dienstleistungen ansehen, denn sie sammeln Geld ein von ihren Mitgliedern, um es dann in z.B. Photovoltaik-Anlagen zu investieren und die Erlöse auszuschütten. Energiegenossenschaften haben (bis auf wenige Ausnahmen) nur wenige 100 Mitglieder aus einer Region (25km Radius), und nicht das primäre Ziel der Finanzinvestition, sondern erneuerbare Energie zu produzieren und dabei nebenbei noch ein wenig Geld zu verdienen (also eher idealistische Ziele analog zu OSM, Wikipedia). Eine Auflage des BAFIN für Anbieter von Finanzdienstleistungen (und damit auch Energiegenossenschaften) sollte sein, dass in ihrer Geschäftsführung ein Mitglied mit mehrjähriger Erfahrung aus der Kreditbranche sein musste, eine Forderung, die die vielfach ehrenamtlich geführten Energiegenossenschaften ruiniert oder zur Liquidation gezwungen hätte. Die Energiegenossenschaften liefen Sturm, waren aber selber viel zu klein, um etwas zu erreichen. Nach ca. 1 Jahr intensiver Diskussion kam auf einmal die Sichtweise auf, dass Energiegenossenschaften eine Art von Unternehmen sind, die anderweitig reguliert werden, und damit nicht dieser Auflage unterliegen. Das Thema war vom Tisch, alle waren zufrieden. (Diese Beschreibung ist stark vereinfachend, man möge mir das verzeihen).
Warum dieser lange Absatz dazu? Die OSM-Community sollte versuchen, Kontakte zu Wikimedia/Wikipedia aufzunehmen, damit man an einem Strang zieht. Ich bin sicher, dass die Umsetzung so aussehen wird, dass Wikipedia weiterarbeiten kann, denn die sind viel populärer als Energiegenossenschaften (und nahezu jeder Politiker weiß das). OSM muss also nur zusehen, dass es unter dieselbe Ausnahmeregelung fällt, und hier hilft der Schulterschluss mit Wikipedia.
Ich kenne die OSM-Community viel zu wenig, als dass ich sagen könnte, wer solche Kontakte hat/aufnehmen sollte (insofern können Kritiker diesen Beitrag als “schlaue Theorie, aber völlig an der Realität vorbei” beiseite schieben). Ich trage es aber trotzdem vor, denn es ist pragmatisch und könnte funktionieren. Es erspart gleichzeitig dem Großteil der OSM-Community endlose Foren-Diskussionen. Und dass Wikipedia-Leute, die nicht unbedingt OSM kennen, froh sind, in die Diskussionen mit der Politik um die Umsetzung ein weiteres Beispiel (OSM) für den Grund zur Ausnahme werfen zu können, davon sollten wir ausgehen. Wer also glaubt, solche Kontakte zu haben, bitte nutzen, und vielleicht die Community ein wenig auf dem Laufenden halten. Derselbe Mechanismus könnte über Kontakte zum ÖPNV, z.B. Verkehrsverbünde, funktionieren, denn die wissen um den Wert von OSM für sie, und sie sind politisch vernetzt. Aber nicht weiter im Forum mit allen möglichen Schreckenszenarien diskutieren, denn das hilft nicht zur Problemlösung, sondern bindet nur unnötig Kräfte.
Bicycle Tourer
P.S.: Wir sollten gut überlegen, ob Aktionen wie Schwärzen von Tiles dieselbe Wirkung wie ein Banner bei Wikipedia haben. Wikipedia kennt und nutzt jede(r), OSM eben nicht. OSM ist vielfach bei Dritten eingebunden (z.B. Verkehrsverbund im ÖPNV), die wohl eher sauer sind, wenn so eine Aktion kurzfristig kommt und ihre Website nicht den Service für ihre Kunden liefert. Wenn sie dann von OSM Abstand nehmen, haben wir uns einen Bärendienst erwiesen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Nutzer von ÖPNV sich näher mit dem OSM-Anliegen beschäftigt, wenn die Karte des Verkehrsverbunds mit der Streckenführung auf einmal schwarz ist mit einem “Protest-Text” von OSM, denn er weiß noch nicht mal, dass da OSM dahintersteckt. Er wird sich beim Verkehrsverbund beschweren, und der Verkehsverbund dann eher auf OSM verzichen. Jemand, der in Wikipedia einen Begriff sucht, wird viel eher nachdenklich, wenn Wikipedia einen Banner hat, denn das kann der Leser zuordnen.