EU-Urheberrechtsrichtlinie und ihre Folgen für OSM

Nette Idee auf der mailing-Liste:

:wink:

Hier noch der Link zur Online-Petition:

https://www.change.org/p/stoppt-die-zensurmaschine-rettet-das-internet-uploadfilter

Die Frage ist letzendlich: Was passiert wirklich und was wird wirklich gefordert?

Enthält die Richtlinie Angaben zur technischen Umsetzung?
Wie erfolgt die Überprüfung? Und in letzter Konsequenz: Welche Folgen hat das vor Gericht? Und für Wen?

Selbst WENN eine Straße beispielsweise von Google abgemalt wird, wird nie jemand feststellen können ob sie abgemalt ist oder selbst gesehen weil diese Straße in ALLEN Kartenwerken nunmal so aussieht weil sie eben so aussieht. Einzige Ausnahme können da nur Fakestraßen sein…
An diesen Sachverhalt ändert auch kein weiterer Freiwilliger etwas, denn der kann auch nicht feststellen woher der Uploader wirklich die Information hat.

Tiles zu verändern mag eine gute Idee sein um Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber dennoch denke ich das diese Variante nicht zielführend ist.

  1. In dem Moment wo der Nutzer eine Karte aufruft möchte er eine Karte sehen und keine politische “Propaganda”. Daneben ist völlig unklar wieviele politisch interessierte Nutzer das Thema überhaupt trifft und die dann noch aktiv werden.

  2. Die meisten Nutzer die eine schwarze Kachel sehen werden einfach nur denken “Oh geht nicht, dann benutz ich halt Google.”

  3. Einen Link den man selbst abtippen muss benutzt Niemand.

Ich schätze eher, dass es mal wieder eine EU-Totgeburt wird weil es entweder technisch nicht umsetzbar ist oder mit ewig vielen Ausnahmeregelungen versehen wird. Wenn man die Filter zu Ende denkt müsste jeder Forenbetreiber ja prüfen ob da nicht jemand ein komplettes Buch in einzelnen Beiträgen hochläd und jede Nachrichtenseite die Kommentare erlaubt müsste das auch prüfen…

Hast du dir den Richtlinientext angeschaut?

Nur mal so am Rande… wenn du willst, dass andere etwas (mit)ändern, kommst du mit pampigen Antworten nicht weit :wink:

Unabhängig von meiner Meinung zum Upload-Filter und nur auf OSM bezogen:

Was es konkret bedeutet für OSM wurde meines Wissens hier noch nicht kundgetan. Also außer, dass jeder Upload durch einen Filter muss. Steht denn in der Richtlinie konkretres drin, wie etwas gefiltert werden muss? ‘Wenn 1000 Restaurant pro CS dann brich den Upload ab’ ist ja auch erstmal ein Filter.
Ist evtl. teilweise sogar gut fürs Projekt, wenn es einen Filter geben würde, der mechanische Edits erst garnicht in die DB schreiben würde.

Dem praktisch denkenden kommen solche Schwarzmalereien ala die Straße sieht aus wie in Google und wird daher künftig nicht mehr zusehen sein meiner Ansicht nach zurecht komisch vor.

Zusätzlich wirkt es komisch, wenn der eigentliche Betreiber der Infrastruktur, der Filtern müsste die Füße still hält und ein reiner Kartenanbieter protestiert. Ich zumindest würde so einen Aufruf eher auf osm.org erwarten als auf .de, was nicht heißt, dass nicht auch .de protestieren kann. Wirkt halt nur merkwürdig.

Zumal unsere Infrastruktur zeitnah ohnehin außerhalb der EU steht.

Ein Teil der Server zieht in Kürze in ein anderes EU-Land um. Mehr kann ich nicht sagen, weil es noch nicht veröffentlicht wurde und ich meine Quellen nicht offen legen möchte.

Keine wirkliche Überraschung, dass ein neues Data Center bald (weiterhin) in der EU steht, das war ja schon in den Anforderungen explizit aufgeführt: https://blog.openstreetmap.org/2018/02/19/osmf-request-for-proposals-data-centre-2018/

Nein. Entspricht auch eher einem Erfahrungswert aus der Vergangenheit.
Leider auch einem Erfahrungswert entspricht, dass Petitionen keinerlei Effekt zeigen (und gerade im politischen IT-Bereich die Masse der Bevölkerung nicht versteht was die Folgen sind oder es Ihnen schlicht egal ist).
Damals gab es Petitionen gegen die Netzsperren der von der Leyen, gegen Glyphosat und gegen die Bürgerzählung. Wenn ich mich recht erinner alle Wirkungslos und alle diese Petitionen haben zu den größten Unterschriftenaktionen bis dato gezählt.

In dem von dir verlinkten Wikimedia Artikel ist auch die Rede von Ausnahmen für Non-Profit. das dürfte für OSM gelten.
Als nächstes werden die Klein und Familienunternehmen sich melden wegen Marktverzerrung weil sie sich die Filter nicht leisten können. Und die nächste Ausnahme. (Zur Erinnerung: Bei dem Internetstopschild der Leyen sollten auch Provider mit weniger als 10.000 Kunden ausgenommen werden.)
Daneben kommt die technische Hürde ins Spiel. Soweit ich gelesen hab basiert das derzeitige System von Microsoft und Google auf Hash-Werten. Verändert man in einem Text nur ein einziges Komma hat man einen neuen Hash-Wert und es wird vom Algo nicht mehr erkannt…
Hier beginnt wieder das Spiel zwischen denen die (illegale) Inhalte hochladen wollen und denen die das automatisiert erkennen möchten.
Wieder ein Erfahrungswert: Ich hab noch kein Forum mit einer (Wörter-)Blacklist gesehen bei dem sich die Nutzer nicht zu helfen wussten.

Meine grundsätzlichen 2 Cent dazu:

  • OSM ist ein Projekt des Freien Wissens. Freies Wissen entsteht in diesem Fall dadurch, dass die Mitglieder einer großen Community ihr jeweiliges Eigenwissen zusammentragen und es kostenlos strukturiert zur Nutzung anbieten. Jeder Nutzer kann von diesem Wissen profitieren. Das ist durch das planetenweite Datennetz erst möglich geworden und war bis vor wenigen Jahrzehnten undenkbar. Daher gibt es kein gewachsenes Recht dafür, und daher ist es der Legislative unheimlich.

  • Freies Wissen ist mehr ein Phänomen als eine Organisation. Es kann sich nicht als Ganzes wehren, es ist auf seine Teilprojekte angewiesen.

  • Wir haben bislang die Freiheit genutzt, dass wir ins Netz stellen dürfen, was wir wollen. Wir haben selbst darauf geachtet, dass wir und unsere Kollegen dabei keine Urheberrechtsverstöße begehen (das betrifft natürlich alle Projekte, nicht nur OSM – auch ein Bild auf Wikimedia Commons wird gnadenlos gelöscht, wenn die Urheberrechtsfrage unklar ist).

  • Bei Urheberrechtsverstößen musste bislang der Geschädigte klagen, so wie es auch im bürgerlichen Recht vorgesehen ist (Beweislast beim Kläger).

  • Diese Freiheit wird uns jetzt genommen. Wenn die neue Regelung umgesetzt wird, müssen wir als Projekte des Freien Wissens nachweisen, dass wir das Hochladen urheberrechtsgeschützter Inhalte wirksam unterbinden. Wie das technisch zu lösen ist, ist noch vollkommen offen.

  • Juristisch entspricht das einer Umkehr der Beweislast: Nicht mehr der Ankläger muss die Schuld des Angeklagten nachweisen, sondern jeder potentielle Angeklagte gilt sofort als beschuldigt, wenn er nicht selbst permanent seine Unschuld nachweist. Das halte ich juristisch für ziemlich akrobatisch, aber wenn’s der EU-Rechtsausschuss durchwinkt, sei’s drum.

  • Erschwerend soll im Zweifelsfall der Upload unterbunden werden. Andersrum ausgedrückt: Der Upload wird nur dann ermöglicht, wenn eindeutig feststeht, dass kein Urheberrecht verletzt wird. Das widerspricht dem Rechtsgrundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“. (Gerade das kann für OSM interessant sein, weil unsere Kartenbilder, da sie sich am Faktischen orientieren, natürlich kommerziellen Kartenbildern ähneln.)

  • Da wir nur Communities von Ehrenamtlichen sind, haben wir kein fachspezifisches Justiziariat, das sich um solche Fragen kümmern kann. Deshalb fällt es uns auch sehr schwer, auf diesen Angriff auf unsere Freiheit gezielt zu reagieren. Es gibt, soweit ich weiß, keine zuverlässigen Ausarbeitungen der Art „Auf OSM käme folgendes zu“. Wer sollte das denn machen?

  • Es geht also ums Prinzip der Freiheit, im Netz alles zu veröffentlichen, was man sinnvoll findet. Diese Freiheit ist – auch wenn sie de jure noch gegeben ist – nicht mehr finanzierbar, wenn sie an die Verpflichtung gekoppelt ist, selbst die urheberrechtliche Unbedenklichkeit der hochgeladenen Inhalte hieb- und stichfest beweisen zu müssen.

  • Es geht also weniger um konkrete Folgen für OSM, sondern es geht vor allem darum, einen breiten Angriff auf die Freiheit des Hochladens selbstgenerierter Inhalte abzuwehren.

Mich persönlich würde es freuen, wenn die Wikimedia Foundation all ihre Dienste inkl. Wikipedia für drei Tage abschalten würde, um zu verdeutlichen, wohin der Zug fährt.

–ks

Hallo ks,

man sollte im Hinterkopf behalten, dass die Nutzer des freien Internetz diese Freiheit aber auch Massenhaft nutzen um genau diese Freiheit massiv aus zu nutzen. Das es evtl. nicht das richtige Mittel ist lassen wir mal dahingestellt.

Zurück zu OSM:

Bei Geodaten ist es doch recht ‘simpel’. Sie orientieren sich allgemein an Fakten, die nicht schützbar sind. Lediglich als Datenbank sind sie geschützt. Es ist praktisch nicht möglich, einen CS gegen alle anderen Geo-DB’s zu prüfen, ob die Gesamtheit daraus entstammt. Aber eben genau diese Fälle muss man sich irgendwie anschauen und Filter einbauen die da Alarm schlagen und den Upload nicht automatisch in die DB schreiben. Was zumindest meiner Meinung nach der Durchsetzung unserer mech. Edit Policy zugute kommt.

Zusätzlich wird man den CS-Source Kkommentar analysieren müssen. Da die Nutzer-ID von jedem Upload bekannt ist, kann man (ähnlich wie bei GPX-Tracks) eine Mail schicken, wenn der Filter zugeschlagen hat. Ala: Dein CS wurde zurückgestellt, weil du vermeintlich bei Google kopiert hast (wenn GoogleMaps in Source), melde dich bei DWG.

Derzeit haben wir ja auch derartige Filter am Laufen. Nennen sich Mapper, die ihre Region überwachen und dann entsprechend den CS kommentieren oder im Forum etc. fragen, ob das ok ist.

Vor Gericht später wird man darlegen müssen, das man sein Möglichstes an Filtern getan hat. Wenn ein Nutzer aktiv von gMaps abmalt und als Source gpx-Track angibt wird man das nicht Filtern können. Wie auch ohne die Node-Koordinaten von Google zu kennen. :wink:

Die einzige Quelle des Wortlauts der Richtlinie, die ich bislang gefunden habe, sind die Dokumente der Sitzung, in der der Rechtsausschuss (im EU-Parlaments-Jargon JURI abgekürzt) die Richtlinie beschlossen hat.

http://www.emeeting.europarl.europa.eu/committees/agenda/201806/JURI/JURI(2018)0620_1/sitt-8204228

Genau diese Polemik führt u.a. auch dazu, dass normale Leute es nicht Ernst nehmen. Eben genau weil die Richtlinie dazu nicht führt. Vgl. WikiMedia Link aus dem Startbeitrag. :wink:

Diese nicht, das stimmt. Ich sagte aber auch vollkommen absichtlich „wohin der Zug fährt“. Was ist mit dem nächsten Bahnhof, oder dem übernächsten? Wenn sie einmal anfangen, Freiheiten zu beschneiden, und damit problemlos durchkommen …

Wirft man einen Frosch in kochendes Wasser, springt er reflexhaft raus. Wirft man ihn in kaltes und erwärmt es langsam, lässt er sich totkochen.

–ks

Ich hab grade mit einem befreundeten Kreisbrandmeister gesprochen, bei denen im Kreis wäre man nicht betroffen, weil sie eigene Karten verwenden.

Was verstehst du genau darunter? “Eigene Karten”

Gruss
walter

Wir sind uns wohl einig, dass sowohl Deine als auch meine Aussage nicht repräsentativ für alle OSM-nutzenden Feuerwehren sind.

Von den mir bekannten Freiwilligen Feuerwehren, von denen ich weiß dass sie OSM benutzen, ist mir keine bekannt die einen eigenen Tileserver verwendet.

Wozu braucht eine kleine Dorf FFw einen eigenen Tileserver?

Für das eigene Dorf bzw. die Umkreisgemeinden kann man locker gedruckte Karten in jedem Einsatzfahrzeug mit sich führen. Der Änderungsdienst hierfür ist nicht sehr aufwendig. Deine Hydranten laufen Dir ja nicht weg.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass z.B. in Unternehmen die Laufkarten für die Feuerwehr** in gedruckter Form** an der BMZ bei der Leitstelle, beim Landratsamt und bei der jeweiligen Ortsfeuerwehr deponiert werden müssen. Zusätzlich müssen alle Pläne auch noch mal als CD zur Einspeisung bei der Leitstelle abgegeben werden. Passiert natürlich bei Änderungen gleichzeitig. Kein Mensch verlässt sich heutzutage ausschließlich auf elektronische Helferein.

Wenn Du es wirklich modern haben willst kannst Du eine Offlinekarte auf ein Pad oder auf ein Telefon laden. Deren Speicherkapazität reicht heute schon für die halbe Welt. Wozu man es online braucht erschließt sich mir nicht. Wenn man die Karten bei jeder Zusammenkunft (früher war das mal einmal wöchentlich) updatet reicht das m.E. vollkommen aus.

Also von der Seite sehe ich schwarze Kacheln nicht kritisch. Die sollen ja nicht für immer eingeblendet werden, sondern nur für den Zeitraum der angedachten Protestaktion.

Um wieder zum ursprünglichen Thema politische Botschaft zurückzukommen: Hier läuft bereits eine Petition dagegen:

In der Presse: FAZ: Uploadfilter sorgen für Proteststurm über Parteigrenzen hinweg

Uploadfilter vorerst gestoppt:

http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20180628IPR06809/parlament-will-urheberrechtsreform-im-september-uberarbeiten