EU-Urheberrechtsrichtlinie und ihre Folgen für OSM

Hallo,

ich spiele den Buh-Mann und möchte deutliche Kritik an diesen Ideen äußern.

1.) keine Verhältnismäßigkeit zwischen Nutzen und Wirkung
Unter dem Einfluss jahrelanger Lobbyarbeit hat sich der verantwortliche Ausschuss letztlich für Filter ausgesprochen. Der eigentliche Entscheid des Parlament steht noch aus, ist aber eher formaljuristisch. Selbst bekannte Websites wie Wikipedia haben erfolglos protestiert. Jetzt, nachdem die Messe nahezu gelesen ist, versuchen wir paar Nerds unseren Unmut auszudrücken.
Ich denke nicht, dass jenseits unserer kleinen Welt davon Notiz genommen wird.

2.) Die Botschaft versteht niemand.
*„…ein Teil der Karte, weil eine Straße darauf ebenso verläuft wie auf dem Produkt eines kommerziellen Kartenanbieters, was möglicherweise dessen Rechte verletzt… „ *
Oder andere Varianten führen bei 90% aller Nutzen zu achselzuckendem Unverständnis.
Das wird letztlich interpretiert als Softwarefehler oder als Hinweis ala Youtube – „Dieses Video kann in deinem Land nicht angezeigt werden“. Wird zur Kenntnis genommen um anschließen zu Google zu wechseln.

3.) OSM möchte ich frei von politischen Botschaften sehen.
Falls es dazu kommt, bedarf es mMn Beteiligung der Community auf breiter Bank. Es kann nicht sein, dass jeder umfangreiche Edit zuvor besprochen werden muss und neue Tagging-Modell ein Proposal durchlaufen (beides ist gut so), die Meinungsmache in Tagespolitik aber von aktuell knapp zehn positiven Meinungen in einem Landesforum betrieben wird.
Wenn wir mit schwarzen Kacheln gegen Upload-Filter protestieren, darf dann auch die ukrainische Community mit schwarzen Kacheln gegen die Besetzung der Krim Stellung nehmen? Wenn das US-Urheberrecht verschärft wird, dürfen dann deren Kacheln mit Botschaften versehen werden? Wer von uns entscheidet, wer wie gegen was protestieren darf.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Bitte lasst es bleiben.

Markus

NEIN, LASST ES NICHT BLEIBEN!!!

Ob und wie die Entscheidung im EU-Parlament gefällt wird, sei mal hier dahingestellt.

Diese Filter würden unsere Arbeit in einem Freiwilligenprojekt letztlich lahmlegen, weil wir die Filtersoftware nicht bezahlen können, weil keiner die gefilterten Inhalte nachprüft, was auch immer. Das hat auch nur mittelbar etwas mit Politik zu tun, weil Politiker über ihre Gestztgebung in unser Projekt eingreifen. Deshalb finde ich den Vergleich mit der Krimbesetzung hier völlig unangebracht.

Gut an den Texten, die Nakaner vorgeschlagen hat, könnte man noch ein bisschen feilen, weil die Karte so aussehen könnte, wenn dieses Gesetz durchkommt. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit fällt mir im Moment kein vernünftiger Textvorschlag ein.

Ich würde die Kacheln in der dritten und der letzten Zeile komplett weglassen. Die dritte Zeile wäre mir dann doch ein bisschen zu plakativ politisch und die letzte Zeile ist zu hypothetisch.

Aber getan werden muss was. Und die schwarzen Kacheln sind da ein gutes Mittel.

Tun wir doch. Das Parlament entscheidet am 4. Juli.

Bislang hat nur der Rechtsausschuss „könnt ihr so machen“ gesagt. Schlimm genug, aber das ist noch nicht endgültig.

Die EU-Entscheidungsträger davon überzeugen, dass das Neuland™ nicht in erster Linie ein Sammelbecken von Raubkopierern und sonstigen Kriminellen ist. Denn dieser Überzeugung entspringt das aktuelle Vorhaben doch.

Richtig. Google hat den Filter schon in der Schublade liegen, wir müssen ihn – schlimmstenfalls von denen – einkaufen. Diese Regelung lässt gezielt die Großen überleben und macht die Kleinen kaputt. Das kann uns an den Kragen gehen, daher müssen wir dagegen Protest erheben. Das ist kein politisches Statement zu irgendeinem Geschehen, das ist Selbstverteidigung.

–ks

Hallo,
ich finde es richtig, dass sich OSM einsetzt um gegen, für das Projekt, nachteilige politische Entscheidungen Stimmung zu machen.

Man sollte bei der Wahl der Mittel auch den Kollateralschaden bedenken und dann abwägen, was das größere Übel ist oder ob es nicht auch andere Mittel gibt.

Wir rekrutieren sehr viele Mapper daraus, dass unsere Karte weitverbreitet eingesetzt wird. Dass sie auf der Gemeindeseite eingebindet wird und die 1000 Seelen dort sich motiviert fühlen, dann ihre Gemeinde aktuell zu halten. Dito andere kleine Vereine, Betriebe etc. Denen ist bewusst, dass sie keine Garantie auf nichts haben, aber dennoch konnten sie teils mühevoll überzeugt werden, OSM statt Google einzusetzen. Das kann sich sehr schnell ändern, wenn sich herausstellt, dass OSM nicht mehr nur Karten ausliefert. Das können heute schwarze Kacheln sein, wer weiß was wir dann morgen ausliefern. Das Risiko geht dann da keiner mehr ein und die Stimmen sagen, ich habs euch ja gleich gesagt, OpenSource kann man vergessen…

Das Thema hatten wir doch schon. Ich verweise nochmals auf meinen Vorschlag, die schwarzen Kacheln nur bei Aufrufen von openstreetmap.de auszuliefern. Wer per leaflet o.ä. von einer anderen Domain aus auf den Tileserver zugreift, bekommt keine schwarzen Kacheln.

Und der Hauptgrund dafür, OSM statt Google einzusetzen, sollte in der höhen Qualität von OSM bestehen und nicht in Überredung :slight_smile:

–ks

Nette Idee auf der mailing-Liste:

:wink:

Hier noch der Link zur Online-Petition:

https://www.change.org/p/stoppt-die-zensurmaschine-rettet-das-internet-uploadfilter

Die Frage ist letzendlich: Was passiert wirklich und was wird wirklich gefordert?

Enthält die Richtlinie Angaben zur technischen Umsetzung?
Wie erfolgt die Überprüfung? Und in letzter Konsequenz: Welche Folgen hat das vor Gericht? Und für Wen?

Selbst WENN eine Straße beispielsweise von Google abgemalt wird, wird nie jemand feststellen können ob sie abgemalt ist oder selbst gesehen weil diese Straße in ALLEN Kartenwerken nunmal so aussieht weil sie eben so aussieht. Einzige Ausnahme können da nur Fakestraßen sein…
An diesen Sachverhalt ändert auch kein weiterer Freiwilliger etwas, denn der kann auch nicht feststellen woher der Uploader wirklich die Information hat.

Tiles zu verändern mag eine gute Idee sein um Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber dennoch denke ich das diese Variante nicht zielführend ist.

  1. In dem Moment wo der Nutzer eine Karte aufruft möchte er eine Karte sehen und keine politische “Propaganda”. Daneben ist völlig unklar wieviele politisch interessierte Nutzer das Thema überhaupt trifft und die dann noch aktiv werden.

  2. Die meisten Nutzer die eine schwarze Kachel sehen werden einfach nur denken “Oh geht nicht, dann benutz ich halt Google.”

  3. Einen Link den man selbst abtippen muss benutzt Niemand.

Ich schätze eher, dass es mal wieder eine EU-Totgeburt wird weil es entweder technisch nicht umsetzbar ist oder mit ewig vielen Ausnahmeregelungen versehen wird. Wenn man die Filter zu Ende denkt müsste jeder Forenbetreiber ja prüfen ob da nicht jemand ein komplettes Buch in einzelnen Beiträgen hochläd und jede Nachrichtenseite die Kommentare erlaubt müsste das auch prüfen…

Hast du dir den Richtlinientext angeschaut?

Nur mal so am Rande… wenn du willst, dass andere etwas (mit)ändern, kommst du mit pampigen Antworten nicht weit :wink:

Unabhängig von meiner Meinung zum Upload-Filter und nur auf OSM bezogen:

Was es konkret bedeutet für OSM wurde meines Wissens hier noch nicht kundgetan. Also außer, dass jeder Upload durch einen Filter muss. Steht denn in der Richtlinie konkretres drin, wie etwas gefiltert werden muss? ‘Wenn 1000 Restaurant pro CS dann brich den Upload ab’ ist ja auch erstmal ein Filter.
Ist evtl. teilweise sogar gut fürs Projekt, wenn es einen Filter geben würde, der mechanische Edits erst garnicht in die DB schreiben würde.

Dem praktisch denkenden kommen solche Schwarzmalereien ala die Straße sieht aus wie in Google und wird daher künftig nicht mehr zusehen sein meiner Ansicht nach zurecht komisch vor.

Zusätzlich wirkt es komisch, wenn der eigentliche Betreiber der Infrastruktur, der Filtern müsste die Füße still hält und ein reiner Kartenanbieter protestiert. Ich zumindest würde so einen Aufruf eher auf osm.org erwarten als auf .de, was nicht heißt, dass nicht auch .de protestieren kann. Wirkt halt nur merkwürdig.

Zumal unsere Infrastruktur zeitnah ohnehin außerhalb der EU steht.

Ein Teil der Server zieht in Kürze in ein anderes EU-Land um. Mehr kann ich nicht sagen, weil es noch nicht veröffentlicht wurde und ich meine Quellen nicht offen legen möchte.

Keine wirkliche Überraschung, dass ein neues Data Center bald (weiterhin) in der EU steht, das war ja schon in den Anforderungen explizit aufgeführt: https://blog.openstreetmap.org/2018/02/19/osmf-request-for-proposals-data-centre-2018/

Nein. Entspricht auch eher einem Erfahrungswert aus der Vergangenheit.
Leider auch einem Erfahrungswert entspricht, dass Petitionen keinerlei Effekt zeigen (und gerade im politischen IT-Bereich die Masse der Bevölkerung nicht versteht was die Folgen sind oder es Ihnen schlicht egal ist).
Damals gab es Petitionen gegen die Netzsperren der von der Leyen, gegen Glyphosat und gegen die Bürgerzählung. Wenn ich mich recht erinner alle Wirkungslos und alle diese Petitionen haben zu den größten Unterschriftenaktionen bis dato gezählt.

In dem von dir verlinkten Wikimedia Artikel ist auch die Rede von Ausnahmen für Non-Profit. das dürfte für OSM gelten.
Als nächstes werden die Klein und Familienunternehmen sich melden wegen Marktverzerrung weil sie sich die Filter nicht leisten können. Und die nächste Ausnahme. (Zur Erinnerung: Bei dem Internetstopschild der Leyen sollten auch Provider mit weniger als 10.000 Kunden ausgenommen werden.)
Daneben kommt die technische Hürde ins Spiel. Soweit ich gelesen hab basiert das derzeitige System von Microsoft und Google auf Hash-Werten. Verändert man in einem Text nur ein einziges Komma hat man einen neuen Hash-Wert und es wird vom Algo nicht mehr erkannt…
Hier beginnt wieder das Spiel zwischen denen die (illegale) Inhalte hochladen wollen und denen die das automatisiert erkennen möchten.
Wieder ein Erfahrungswert: Ich hab noch kein Forum mit einer (Wörter-)Blacklist gesehen bei dem sich die Nutzer nicht zu helfen wussten.

Meine grundsätzlichen 2 Cent dazu:

  • OSM ist ein Projekt des Freien Wissens. Freies Wissen entsteht in diesem Fall dadurch, dass die Mitglieder einer großen Community ihr jeweiliges Eigenwissen zusammentragen und es kostenlos strukturiert zur Nutzung anbieten. Jeder Nutzer kann von diesem Wissen profitieren. Das ist durch das planetenweite Datennetz erst möglich geworden und war bis vor wenigen Jahrzehnten undenkbar. Daher gibt es kein gewachsenes Recht dafür, und daher ist es der Legislative unheimlich.

  • Freies Wissen ist mehr ein Phänomen als eine Organisation. Es kann sich nicht als Ganzes wehren, es ist auf seine Teilprojekte angewiesen.

  • Wir haben bislang die Freiheit genutzt, dass wir ins Netz stellen dürfen, was wir wollen. Wir haben selbst darauf geachtet, dass wir und unsere Kollegen dabei keine Urheberrechtsverstöße begehen (das betrifft natürlich alle Projekte, nicht nur OSM – auch ein Bild auf Wikimedia Commons wird gnadenlos gelöscht, wenn die Urheberrechtsfrage unklar ist).

  • Bei Urheberrechtsverstößen musste bislang der Geschädigte klagen, so wie es auch im bürgerlichen Recht vorgesehen ist (Beweislast beim Kläger).

  • Diese Freiheit wird uns jetzt genommen. Wenn die neue Regelung umgesetzt wird, müssen wir als Projekte des Freien Wissens nachweisen, dass wir das Hochladen urheberrechtsgeschützter Inhalte wirksam unterbinden. Wie das technisch zu lösen ist, ist noch vollkommen offen.

  • Juristisch entspricht das einer Umkehr der Beweislast: Nicht mehr der Ankläger muss die Schuld des Angeklagten nachweisen, sondern jeder potentielle Angeklagte gilt sofort als beschuldigt, wenn er nicht selbst permanent seine Unschuld nachweist. Das halte ich juristisch für ziemlich akrobatisch, aber wenn’s der EU-Rechtsausschuss durchwinkt, sei’s drum.

  • Erschwerend soll im Zweifelsfall der Upload unterbunden werden. Andersrum ausgedrückt: Der Upload wird nur dann ermöglicht, wenn eindeutig feststeht, dass kein Urheberrecht verletzt wird. Das widerspricht dem Rechtsgrundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“. (Gerade das kann für OSM interessant sein, weil unsere Kartenbilder, da sie sich am Faktischen orientieren, natürlich kommerziellen Kartenbildern ähneln.)

  • Da wir nur Communities von Ehrenamtlichen sind, haben wir kein fachspezifisches Justiziariat, das sich um solche Fragen kümmern kann. Deshalb fällt es uns auch sehr schwer, auf diesen Angriff auf unsere Freiheit gezielt zu reagieren. Es gibt, soweit ich weiß, keine zuverlässigen Ausarbeitungen der Art „Auf OSM käme folgendes zu“. Wer sollte das denn machen?

  • Es geht also ums Prinzip der Freiheit, im Netz alles zu veröffentlichen, was man sinnvoll findet. Diese Freiheit ist – auch wenn sie de jure noch gegeben ist – nicht mehr finanzierbar, wenn sie an die Verpflichtung gekoppelt ist, selbst die urheberrechtliche Unbedenklichkeit der hochgeladenen Inhalte hieb- und stichfest beweisen zu müssen.

  • Es geht also weniger um konkrete Folgen für OSM, sondern es geht vor allem darum, einen breiten Angriff auf die Freiheit des Hochladens selbstgenerierter Inhalte abzuwehren.

Mich persönlich würde es freuen, wenn die Wikimedia Foundation all ihre Dienste inkl. Wikipedia für drei Tage abschalten würde, um zu verdeutlichen, wohin der Zug fährt.

–ks

Hallo ks,

man sollte im Hinterkopf behalten, dass die Nutzer des freien Internetz diese Freiheit aber auch Massenhaft nutzen um genau diese Freiheit massiv aus zu nutzen. Das es evtl. nicht das richtige Mittel ist lassen wir mal dahingestellt.

Zurück zu OSM:

Bei Geodaten ist es doch recht ‘simpel’. Sie orientieren sich allgemein an Fakten, die nicht schützbar sind. Lediglich als Datenbank sind sie geschützt. Es ist praktisch nicht möglich, einen CS gegen alle anderen Geo-DB’s zu prüfen, ob die Gesamtheit daraus entstammt. Aber eben genau diese Fälle muss man sich irgendwie anschauen und Filter einbauen die da Alarm schlagen und den Upload nicht automatisch in die DB schreiben. Was zumindest meiner Meinung nach der Durchsetzung unserer mech. Edit Policy zugute kommt.

Zusätzlich wird man den CS-Source Kkommentar analysieren müssen. Da die Nutzer-ID von jedem Upload bekannt ist, kann man (ähnlich wie bei GPX-Tracks) eine Mail schicken, wenn der Filter zugeschlagen hat. Ala: Dein CS wurde zurückgestellt, weil du vermeintlich bei Google kopiert hast (wenn GoogleMaps in Source), melde dich bei DWG.

Derzeit haben wir ja auch derartige Filter am Laufen. Nennen sich Mapper, die ihre Region überwachen und dann entsprechend den CS kommentieren oder im Forum etc. fragen, ob das ok ist.

Vor Gericht später wird man darlegen müssen, das man sein Möglichstes an Filtern getan hat. Wenn ein Nutzer aktiv von gMaps abmalt und als Source gpx-Track angibt wird man das nicht Filtern können. Wie auch ohne die Node-Koordinaten von Google zu kennen. :wink:

Die einzige Quelle des Wortlauts der Richtlinie, die ich bislang gefunden habe, sind die Dokumente der Sitzung, in der der Rechtsausschuss (im EU-Parlaments-Jargon JURI abgekürzt) die Richtlinie beschlossen hat.

http://www.emeeting.europarl.europa.eu/committees/agenda/201806/JURI/JURI(2018)0620_1/sitt-8204228

Genau diese Polemik führt u.a. auch dazu, dass normale Leute es nicht Ernst nehmen. Eben genau weil die Richtlinie dazu nicht führt. Vgl. WikiMedia Link aus dem Startbeitrag. :wink:

Diese nicht, das stimmt. Ich sagte aber auch vollkommen absichtlich „wohin der Zug fährt“. Was ist mit dem nächsten Bahnhof, oder dem übernächsten? Wenn sie einmal anfangen, Freiheiten zu beschneiden, und damit problemlos durchkommen …

Wirft man einen Frosch in kochendes Wasser, springt er reflexhaft raus. Wirft man ihn in kaltes und erwärmt es langsam, lässt er sich totkochen.

–ks

Ich hab grade mit einem befreundeten Kreisbrandmeister gesprochen, bei denen im Kreis wäre man nicht betroffen, weil sie eigene Karten verwenden.

Was verstehst du genau darunter? “Eigene Karten”

Gruss
walter