Hallo,
viel wichtiger, als neue Flächen zu mappen, ist es, die bestehenden mal zu prüfen. Beim Landnutzungsmapping in OSM in Deutschland gibt es eine Reihe an Schwachstellen.
Falsch verwendete Tags
- Grünflächen ohne landwirtschaftliche Nutzung (Straßenbegleitgrün usw.) werden als landuse=meadow statt landuse=grass getaggt.
- Einbaumwälder, also Wälder, die eigentlich nur die Breite einer Baumreihe haben
- Hecken/Gebüschstreifen, die als Wald erfasst sind
- Breite Straßen, die mit landuse=grass getaggt werden.
- landuse=village_green
Überlappende Landnutzung
Wenn in einem Wohngebiet (landuse=residential) ein Park (leisure=park) gemappt ist, ohne dass das Wohngebiet ein Multipolygon ist und der Park dessen innerer Ring, ist das in meinen Augen ein Fehler. Ich war zwar in meinen ersten OSM-Monaten ein Multipolygonist, also einer, der Multipolygone für die Krone der Schöpfung beste Mappentechnik gehalten hat, mittlerweile bin ich jedoch anderer Meinung. Dennoch sollten Polygone, die “Löcher” (innere Ringe) haben, als Multipolygone erfasst werden, wenn es nicht anders möglich ist.
Nur so kann eine für Datennutzer akzeptable Möglichkeit erreicht werden, Flächeninhalte vernünftig zu ermitteln. Zudem erspart es den Autoren von Kartenstilen und Renderingsoftware unnötige Hilfskonstrukte. Kartenstile wie OSM Carto sortieren z.B. vor dem Rendern alle Landnutzungsflächen in umgekehrter Reihenfolge nach dem Flächeninhalt und rendern die großen zuerst, sodass sie nicht die kleinen verdecken.
Veraltete und ungenaue Date
Zahlreiche unserer zahlreichen deutschen Wälder stammen wurden von Landsat-Satellitenbildern (15 m Bodenauflösung?) vor sieben bis zehn Jahren abgezeichnet. Sie sind recht ungenau. Der Schwarzwald und der Pfälzer Wald bieten sich hier beispielsweise an. Solche Wälder findet man nicht, indem man nach alten Wäldern sucht, sondern indem man nach alten Nodes sucht, die zu Wäldern gehören. Die meisten Edits an Nodes sind Verschiebungen, welche darauf hindeuten, dass jemand dort schon korrigierend tätig war.
Sesselmapping
Bitte arbeitet nicht wie bei HOT & Co., wo weiße Männer und Frauen aus der Ferne Objekte in Entwicklungsländern digitalisieren, ohne diese je gesehen zu haben. Die Stärke von OSM in Deutschland ist die Erfassung vor Ort und die Ortskenntnis der Mitwirkenden.
Es ist nicht zwangsläufig erforderlich jeden Flecken, den man in JOSM bearbeitet, gesehen zu haben. Wer die Region, ihre Landschaft und ihre (land)wirtschaftliche Nutzung kennt, kennt ihre Eigenheiten. Wer diese Kenntnisse hat, kann einschätzen, ob das Bild noch aktuell ist. Er wird in den Ballungsgebieten mit reger Bauaktivität am Ortsrand rechnen, er wird damit rechnen, dass in machen Gebieten Weinberge aus wirtschaftlichen Gründen aufgelassen werden und wie diese auf dem Bildmaterial aussehen.
Noch mehr Beispiele: Wer zum Beispiel in blühenden Landschaften mappt, sollte sie auch einmal gesehen haben. Nur so kann man abschätzen, wie schnell eine Industriebrache verbuscht. Wer ehemalige Truppenübungsplätze mappt, sollte sich einen vergleichbaren legal mal angesehen haben (ähnliche Bedingungen insichtlich Boden und Klima). Letztere verbuschen meist, wenn sie nicht beweidet werden.
In Gegenden mit (Streuobst)wiesen an Waldrändern oder Steilhängen ist es ohne ein Gefühl für die Gegend schwer, zwischen Wald, Buschland und geflegtem Gelände zu unterscheiden.
Besonders gern habe ich übrigens die Mapper, die eine Wiese nicht von einem Acker mit Wintergetreide im späten Frühjahr unterscheiden können. Man kann sie auf Luftbildern (RGB genügt eigentlich) unterscheiden, man muss nur wissen woran. Es ist nicht unbedingt die Farbe.
Macht doch mal Urlaub in einem solchen weißen Fleck. Ihr lernt Neues kennen und habt ein Revier, wo ihr euch austoben könnt.
Und vergesst nicht, dass Baumkronen einen größeren Durchmesser als Stämme haben!
Viele Grüße
Michael
EDIT: Rechtschreibung und Zeichensetzung