Naja - die ganze Diskussion hat zumindest das Ergebnis, dass jetzt allmählich die Masken fallen und klar wird, dass es letztendlich im Wesentlichen um eine Kolonialisierung von OpenStreetMap aus dem Wikipedia/Wikidata-Dunstkreis geht.
Ginge es tatsächlich generell um die Interkonnektivität zwischen OSM und anderen Datenbanken mit geographischen Informationen, dann wären die Schwerpunkte der Diskussion völlig anders. Dann könnte man das Ganze auf die Frage der dauerhaften Identifikation bestimmter Objekte in der OSM-Datenbank reduzieren, was man nicht nur vollkommen unabhängig von konkreten Anwendungfällen sicherstellen könnte, sondern es vor allem auch sollte. Die Befürworter einer engen Verknüpfung von Wikidata und OSM sollten sich klar manchen, dass wenn sie keine generische Lösung anstreben, sie hier langfristig der Idee offener Daten einen Bärendienst erweisen und sich de facto für eine Dominanz von Wikidata in der Welt der Geo-Datenbanken einsetzen.
Durch die Collective Database Guideline sind die Möglichkeiten, dass sich OSM auf rechtlicher Ebene über die Lizenz gegen eine solche Kolonialisierung wehrt, mittlerweise sehr begrenzt, denn der Datennutzer kann darüber ohne Lizenz-Probleme beliebige Attribute durch entsprechende Attribute aus anderen Datenbanken ersetzen (und bei Wikidata läuft das sowieso weitgehend ins Leere).
Der Weg, OSM als eigenständiges Projekt mit eigenen kulturellen Prinzipien zu erhalten wäre, von Seiten von OSM permanente Identifikationen für Objekte einzuführen und diese anderen Projekten (wie Wikidata) als Möglichkeit der Interkonnektivität anzubieten - gleichzeitig aber externe Identifikatioren wie die Wikidata-IDs, die zwangsläufig bestimmte Projekte und Ihre kulturellen Ideen gegenüber anderen bevorzugen, strikt abzulehnen. Für den Datennutzer, der einfach nur verschiedene Datenbanken verknüpfen möchte ohne tiefergehende politische Interessen, wäre das sogar besser als die Wikidata-IDs, da es auf andere Datenbanken genauso anwendbar wäre.
Ich weiss, dass die Idee permanenter Identifikationen für Objekte in OSM schon öfters diskutiert wurde und meist als schwer umsetzbar angesehen wird. Ich denke, dass dies jedoch oft an der mangelnden unmittelbaren praktischen Notwendigkeit lag. Die Einbindung von Wikidata-IDs in großem Umfang zeigt jedoch eigentlich, dass dies praktisch durchaus machbar ist. Eine in OSM frei vergebene ID wäre im Grunde für Mapper viel einfacher zu handhaben, als Wikidata-IDs, denn man braucht ja kein existierendes Wikidata-Objekt dafür (sprich: jede McDonalds-Filiale erhielte selbstverständlich ihre eigene ID).
Denkbare praktische Ansätze wären eine vom Editor vergebene UUID oder eine von der API erzeugte fortlaufende Nummer. Im letzteren Fall würde der Mapper im Editor ein leeres permanent_id-Tag erzeugen, was dann von der API gefüllt würde. In beiden Fällen würde der Mapper (mit Unterstützung des Editors) dafür verantwortlich sein, die ID zu übertragen, wenn das selbe Objekt in der realen Welt durch eine neue Geometrie in OSM repräsentiert wird (zum Beispiel, wenn vom Mapping als Node auf ein Mapping als Way/Area gewechselt wird). Das ist das selbe wie bei der Wikidata-ID und es gibt keinen Grund, weshalb das nicht auch funktionieren sollte, wenn die Community dahinter steht.
Man sollte nicht den Fehler machen, die langfristige politische Dimension des Ganzen zu unterschätzen. Wir werden in der Zukunft eine Menge verschiedener neuer Geodatenbanken und Geodatensätze sehen, vor allem aus den Bereichen Satellitenbild-Auswertung und “Big-Data”-Techniken. Es ist klar, dass der Aufgabe, solche Daten zu verknüpfen, eine enorme wirtschaftliche und politische Bedeutung zukommt. Wer da bei OSM seinen Fuß in die Tür bekommt, hat eine sehr gute Ausgangsbasis, generell den Markt zu dominieren. Und für viele Akteure ist hier die Dominanz von Wikidata aufgrund der Lizenz (was hier weniger das share-alike als die Quellen-Nennung betrifft) und der weniger einschränkenden Regeln (kein Überprüfbarkeits-Kriterium), gleichzeitig aber einer eindeutigeren Prägung durch “westliche” kulturelle Sichtweisen wesentlich reizvoller, als die Dominanz einer von OSM erzeugten Identifikation.