Boundaritis - wo soll das hinführen?

Ist das die Zukunft von OSM? Muss man sich wie ein Staubsauger-Vertreter durch die ganze Stadt hangeln und jeden einzelnen fragen “Wo geht Ihr Kind zur Schule?”

Naja, die Arbeit, die gestückelten Gebiete wieder zusammenzusetzen müsste ja nicht jeder selbst machen. Es gibt ja jetzt schon Grenzen als eigene Datensätze herunterzuladen, die Erstellung dieser Datensätze wäre für den Anbieter halt ein bisschen aufwendiger.
Überlappungen bei umstrittenen Gebieten sollten eigentlich auch nicht das Riesenproblem sein. Wenn du nur das eine Gebiet nimmst, wird (ist ja bisher auch schon so), alles umstrittene da halt dabei sein. Wenn du die Summe aus beidem bildest, muss man halt eine Operation verwenden, die damit umgehen kann und das doppelte Gebiet nur einmal einfügt. Sollte doch möglich sein, oder?
Am schwierigsten sind denke ich fehlende und kaputte Teilgebiete. Andererseits wäre vielleicht gerade das ein Anreiz und eine Möglichkeit, bessere Qualität bei Gemeindegrenzen, etc. zu bekommen, weil Fehler schneller mehr Leuten auffallen. Und wenn ein Land noch nicht bis zur letzten Gemeinde erfasst ist, dann würde es für dieses Land ja auch erstmal ausreichen, es aus größeren Untereinheiten zusammenzusetzen. Im Prinzip würde die Relation für Deutschland auf die Relation für sagen wir das Saarland verweisen und ob das jetzt direkt eine Grenze des ganzen Saarlandes ist (weil die Landkreise noch nicht vollständig erfasst sind) oder diese Relation ihrerseits auf Relationen für Landkreise verweist, wäre dann ja egal.
Aber grundsätzlich hast du Recht, für eine Recht komplizierte Sache funktionieren Grenzen aktuell doch so gut, dass man da nicht unbedingt primär dran schrauben muss.

@woodpeck: Genau das, was ich schon gesagt habe: Wir wollen zwar nicht unbedingt Zustände wie in der Wikipedia, aber Relevanzkriterien haben wir jetzt schon und werden wir auch in Zukunft brauchen.

Höre ich da eine Abneigung gegenüber VertreAußendienstmitarbeitern? :slight_smile: OSM entsteht auf freiwilliger Basis, du musst dich zu nichts verpflichtet fühlen, eine monatliche Quote gibt es ebenso wenig.
Erhebungen lassen sich optimieren, das ist z.B. auch beim Feature der Niederspannungs-Transformatorenstationen anwendbar wo man ganze Straßenzüge genauso überspringen kann.

Natürlich braucht es Relevanzkriterien, aber eher in der Form, was steht an erster, zweiter, dritter Stelle usw.
Sind diese einmal klar definiert, kann der Editor mit verschiedenen Relevanzstufen den Durchschnittsmappers falls der wirklich existiert schützen.

Grüße von Lutz

Das kann nicht funktionieren. Zeigt der Editor nicht alle Daten an, macht der Mapper schnell mehr kaputt als ganz. Denn die Objekte stehen ja in Beziehung zueinander. Und wie gesagt: Wir haben ja bereits Relevanzkrititerien von der Form “das gehört nicht in die Datenbank”, Erfundenes zum Beispiel.

Da wird es sicher Lösungen geben, der Wille natürlich vorausgesetzt…

Grüße von Lutz

Das sehe ich nicht so. Der Schlüssel einer möglichen Lösung dürfte in der strikten Trennung von realen und virtuellen Objekten liegen. Aber das ist ja schon weiter oben ausgeführt …

Ich stimme zu, dass historische Grenzen in eine andere Datenbank verschoben werden sollten. Wie andere schon gesagt haben, können Land, Provinz und Stadtgrenzen nicht verifizierbar sein (abgesehen von dem gelegentlichen Zeichen), aber es hilft bei der Geolokalisierung und Datenextraktion. Wenn wir nicht wieder mit “addr: is_in” und “addr: city”

@LogicalViolinist ???

Nichts ist verifizierbarer als historische Daten.
Die sind geschehen, dokumentiert, besungen, da wurden Gedichte und Bücher drüber geschrieben und Filme gedreht.
Egal was gemappt wird, die Pflicht (falls es eine gibt) eines Mapper bedeutet immer Augenmaß zu behalten.
Theoretisch könnte ich eine Gegend mit Punkten, Linien oder Flächen von real vor Ort existierenden Dingen zupflastern,
das jeder Neuling sofort den Editor wieder schließt und verschwindet.
Mach ich aber nicht, nur ab diesem Punkt greift das Argument irgendwelche Daten stören den “normalen Mappern” (sind mir persönlich lieber als die “unnormalen Mapper”) nicht mehr.
Tut mir Leid, aber wenn bei so einer Diskussion jemand mit Kreuzungen und Kreisverkehren kommt, den kann ich einfach nicht ernst nehmen…
Warum sollen Daten wie die Teilung Berlins, die alten Grenzen, Geschichte die die ganze Welt kennt nicht in eine freie Geodatenbank?
Aber die Anzahl der Bretter der Rückenlehne einer Parkbank ist von “Relevanz”.
Ich habe noch keine vernünftige Erklärung dieser ständigen Versuche historisch bedeutsamer Objekte auszuschließen gehört.
Ich vermute mal, es ist einfach nur Angst irgendwas nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen, Angst vor dem Neuen und sich ständig Weiterzuentwickeln!

Grüße von Lutz

Dieser hirnamputierte Volltrottel hat damit ironisch die Relevanzfrage illustriert, wie du es hier …

… ebenfalls tust. Also: Wo ziehen wir die Grenze zwischen abgebauter Berliner Mauer und abgebauter Kreuzung? Irgendwo dazwischen muss sie sein.

–ks

Es braucht keine Grenze, sondern Augenmaß, und Vertrauen in den Mapper…

Grüße von Lutz

Erstmal ist das in dieser Allgemeinheit falsch; ziemlich viel ist auch unter Historikern einfach unklar oder unbekannt.

Für OSM bin ich ein großer Freund der ausreichend einfachen Verifizierbarkeit vor Ort. Wenn da irgendwas ist, und ich kann als normaler Mensch ohne Spezialausbildung (in Pflanzenkunde, Geschichte oder Geologie) hingehen und sehen: Stimmt, dieser Laden heisst tatsächlich so, oder diese Bank hat tatsächlich eine Rückenlehne - dann soll’s mir recht sein.

Probleme habe ich, wenn die Überprüfbarkeit vor Ort nicht gegeben ist, weil sie Spezialwissen, Spezialakten oder Spezialgeräte erfordert. Das kann bei gegenwärtigen Daten sein (zum Beispiel “hier ist die Grenze des Schulbezirks X”, “hier startet einmal im Jahr das große Fahrradrennen”, “der Baum hier ist 107 Jahre alt”, “an dieser Stelle befindet sich ein unterirdisches Ölvorkommen”), eher noch aber bei historischen (“hier stand mal ein Haus”, “hier fuhr mal eine Eisenbahn”, “hier kamen bei der Völkerwanderung die Kelten durch”). Da fürchte ich einerseits, dass wir zu viel in Streit-Gebiete abgleiten (“nein, Professor X hat eindeutig festgestellt, dass die Kelten 10km weiter nördlich durchkamen” - “aber Professor Y hat hier eine alte keltische Tabakdose ausgegraben”, usw.), andererseits auch, dass wir zu viel Informationen erfassen, deren Bearbeitung Expertenwissen voraussetzt; die Datenbank ist dann voll mit Zeugs, das sich ein normaler Mapper, der einfach mal eben eine neu gebaute Straße eintragen möchte, nicht anzufassen traut und das letztendlich jeden Neuling zum Mapper im Porzellanladen macht.

Ich will aber keine Experten-Projekt-Kathedrale, vor der der Neuling staunend steht und sie bewundert. Ich will eine Datenbank mit Sachen, die jeder Idiot, wenn er denn will, selbst überprüfen kann, indem er die Füße in die Hand nimmt und sich dorthin bewegt. Ich will keine Theorien, Geschichten, Pläne, Ideen in OSM, sondern die “anfassbare” Realität.

Natürlich gibt es keine Regel ohne Ausnahmen, und auch ich sehe den Nutzen von nicht-beobachtbaren Admingrenzen ein, oder den Nutzen der Namen un-beschilderter Wälder und Seen. Diese Dinge haben unbestritten einen hohen Nutzen für viele, und unbestritten auch eine erschwerte Überprüfbarkeit. Aber, so meine Meinung, solche Sachen sollten die Ausnahme bleiben. Wir sollten vom Prinzip der vor-Ort-Überprüfbarkeit (und dabei meine ich nicht “vor Ort im Rathaus” oder “vor Ort im Heimatmuseum” oder “vor Ort in der Bibliothek”) nur dort abweichen, wo es unbestritten einen hohen Nutzen gibt. Ich wehre mich entschieden gegen die Argumentation, nur weil wir an einer Stelle eine Ausnahme machen (Admingrenzen), könnten wir deswegen auch jeden anderen nicht vor Ort überprüfbaren Firelefanz in die Datenbank speisen.

Bye
Frederik

Hallo,

es ist schon spät, und ich muss früh raus.
Nur kurz das gesamte Bahnmappen ist Spezialwissen, ich wußte vor OSM nicht mal was gauge heißt.
Ebenfalls die Strommasten-Sachen.
Öffentlicher Nahverkehr, ohne intensives Studium nicht zu mappen.
Die Überprüfbarkeit vor Ort läßt OSM an einem gewissen Punkt auf der Stelle treten,
und der Mapper wird nur noch zum reinen kreativlosen Datensammler degradiert…

Grüße von Lutz

+1

Welche Maßnahmen / Aktionen leiten sich daraus ab?

Das sind alles Sachen, die von einer kleinen Fangemeinde vorangetrieben werden und wo 99% der Mapper die Augen verdrehen und sagen “naja, wer’s mag”. Auf der einen Seite putzig, auf der anderen Seite aber schon viel zu viel Detail. Wenn sich wieder mal zwei Bahnmapper streiten, ob irgendwas eine Haupt- oder eine Nebenstrecke ist, kann der Normalmapper nur noch da stehen und mit den Schultern zucken. Man lässt die Leute gewähren, weil man sich denkt “naja, so eine ÖPNV-Karte ist schon auch praktisch”, aber es ist in meinen Augen extrem grenzwertig.

In immer mehr Spezialgebieten möchten sich Leute zusammentun und gemeinsam eine Karte machen, und OSM scheint dankbares Vehikel dafür. Wenn der hypothetische deutsche Pilzfreundeverein seine Mitglieder auffordern möchte, das Vorkommen bestimmter Pilze zu kartieren, was ist leichter: Selbst eine Serverinfrastruktur aufzusetzen, oder einfach jedem sagen, er soll seine Pilzbeobachtungen bei OSM einkippen und dann schnell eine Overpass-Abfrage dafür zusammenstricken? So entstehen mit der Zeit immer mehr Parallel-Universen in OSM, die der normale Mapper bestenfalls noch mit einem Filter aus seinem JOSM raushalten kann, weil er von den Daten nämlich keine Ahnung hat. Finde ich nicht gut.

Ja, genau das wünsche ich mir: Bis hierhin und nicht weiter. Wo die Überprüfbarkeit aufhört, da sollen die Leute bitteschön auf der Stelle treten und nicht munter weiter marschieren.

Es gibt viele Eigenschaften, die einem Mapper gut zu Gesicht stehen: Sorgfalt, Ausdauer, Geduld, vielleicht sogar ein Hauch Perfektionismus, die Freude am Entdecken oder auch Teamgeist. Aber Kreativität ist das letzte, was ich von einem Mapper erwarte. Im Gegenteil, die Kreativen revertieren wir in der Regel zuerst :wink:

Bye
Frederik

Leider habe ich noch nicht den Gott-Status erreicht, bei dem sich automatisch irgendwas daraus ableitet, wenn ich meine Meinung sage. Ich hoffe, dass ein paar Leute lesen, was ich schreibe, und wenn sie das nächste Mal irgendeinem kaum verifizierbaren Humbug in OSM begegnen, wenigstens wissen, dass sie nicht allein darin sind, das fragwürdig zu finden.

Eine konzeptionelle Problematik kann man (nachhaltig) nicht operativ, sondern nur konzeptionell lösen. Und hier etwas auf die Bahn zu bringen, ist nach meinem Verständnis eine Aufgabenstellung für den OSM-Vorstand.

Ich bin erst kurz dabei, nehme aber eine deutliche Schieflage wahr: Während die einen Themen bis ins letzte Detail gemappt sind (z.B. die erwähnten Bahnstrecken, wo am Weichenvorfeld jedes Signal mit Typ und ref eingetragen ist), fehlen in derselben Gegend nur ein paar hundert Meter weiter noch sämtliche Bäche, die vom Hügel zu Tale rauschen und die nicht gerade winzig sind. Oder es fehlen noch fast alle Tracks, die die Felder durchziehen und über die sich OSM-nutzende Wanderer / Spaziergänger eher freuen würden als über das Datum der letzten Auswechslung des Leuchtmittels eines Bahn-Lichtsignals.

Ich wäre dafür, einen gewissen Mindeststandard pro km² festzulegen, eine Liste von allgemein kartenwürdigen Features (Waldflächen, Wege, Wasserläufe, Bebauung), die zu sagenwirmal mindestens 80 Prozent gemappt sein sollten, bevor man sich der Farbe der Rückenlehnen von Sitzbänken zuwendet.

–ks

Man kann den Leuten nicht vorschreiben was sie zu mappen haben. Für mich sind “traditionelle” Themen wichtig, also Hausnummern (Gebäude nur so grob, dass man weiß dass da ein Haus steht, aber ohne jetzt jede Gartenhütte und jedes Planschbecken zu mappen), Straßen mit Geschwindigkeits- und sonstigen Beschränkungen, daneben aber auch z. B. Telefonzellen, Briefkästen mit Leerungszeit und ref, oder auch Rettungspunkte. Andere Leute setzen andere Prioritäten und bevorzugen es z. B., Hydranten einzuzeichnen. Das kann man ihnen m. E. nicht verbieten.