Hallo seawolf!
Es ist super schön, dass Du als “Urahn” hier einmal Themen einbringst und die Offenheit hast, auch Deien persönlichen Eindrücke einzubringen. Bei allem was OSM ist, fehlt mir der soziale Aspekt doch manchmal sehr.
Ich bin jetzt nicht so lange dabei wie Du, aber ich finde mich in vielen Dingen von Dir wieder. Ich würde den Prozess so beschreiben:
Openstreetmap entwickelt sich von einer Karte zu einer Geodatenbank - und dabei möchten viele - unter anderem ich - nicht mitmachen
Ich bin mittlerweile auch oft genervt. Für mich ist Openstreetmap eine kartograpfisches Werk - das nun halt mal technisch in einer Datenbank umgesetzt wird. Eine Karte im Masstab 1:1 macht keinen Sinn - eine Karte erfordert Generalisierungen und** Vereinfachung** und im gewissen Masse Konsistens. Ich möchte aus den 50.000 einzelnen Informationen eine machen um den Überblick zu gewinnen.
Im Gegensatz dazu scheint in vielen Taggingdiskussionen das Modell einer Geodatenbank vorzuherrschen - und ein grosses Bestreben - das nicht offen diskutiert wird - , die Realität im** Masstab 1:2 ** abzubilden. Also Objekten, die man in der Natur findet, möglichst noch weitere Ebenen, Referensen etc hinzuzufügen.
Wieso diese** Minderheit ** in meinen Augen das Projekt so beherrscht und** wieviele Menschen tatsächlich Objektinfos abfragen** frage ich mich. Da erscheint mir oft mehr die Akribe eines selbstzufriedenen Sammlers als das Bestreben Überblick zu gewinnen, vorzuherrschen. Ich glaube Openstreetmap erhält seine soziale und gesellschaftliche Bedeutung ganz eindeutig durch die Karten und hier ganz besonders durch Karten für spezielle Zielgruppen vorallem im Sport- und Outdoorbereich. Nur scheint mittlerweile die Hauptaufgabe der Auswerter zu sein, wegzuschmeissen und zu raten. Vor einigen Jahren hab ich noch meine eigenen Garminkarten gemacht - mittlerweile muss man sich soviel mit filtern beschäftigen, dass ich das nicht mehr kapiere und auch die Rechenleistung für das Wegwerfen garnicht zur Verfügung hab.
Was ich allerding sehr Schade finde, ist das Menschen wie Du sich innerlich aus dem Projekt herausziehen. Okay in vielen Bereichen in Deutschland ist Openstreetmap längst im Stadium angekommen, wo verschlimmbessert wird während es gleichzeitig noch ganze Regionen - in denen ich auch noch wohne - gibt, wo OSM noch keine Substanz hat.
Ich sehe es daher als nötig an, das Ideal des “lokalen Mappers” über Bord zu werfen oder durch Patenschaftsmodelle etc zu ergänzen. Ich erlebe immer wieder, das Menschen lieber nicht beitragen, als in einem “fremden” Gebiet Informationen einzutragen - in der Erwartung, dass dort auch irgendwann eine lokale Community heranwächst. **Dieses Denkmodell funktioniert aber rein logisch nicht ** denn die Bevölkerungsstruktur ist so, dass ein ständiges Ungleichgewicht zwischen Grösse des Gebietes und potentieller Zahl der Mapper gibt.
Selbst wenn die Community so wachsen sollte, dass es flächendeckend aktive Mapper gibt, kann die community dies überhaupt nicht verarbeiten: In den Städten stehen sich dann Mapper auf den Füssen und wir mappen Grashalme - und dieses Grashalmmapping braucht Aufmerksamkeit, was die anderen Gebiete marginalisieren wird. (Selbst mit unendlichen Mappern erreichen wir keine Konsistenz sondern schaffen nur einen Themenungleichgewicht).
Ich appeliere daher an die implizite Idee des ständigen Communitywachstum aufzugeben und - sowohl auf persönlicher als auch auf organsiatorischer Ebene - darüber nachzudenken, wohin die manpower fliessen kann.
— edit: Das Gegenargument, dass man viele Informationen nur vor Ort feststellen kann, halte ich nicht wirklich für schlüssig. Es gibt Techniken, wie man das kompensieren kann. Gäbe es etwas sinnvolleres als “Fixme” und “note” wären sicherlich viele bereit Fragen zu beantworten. Ich erlebe von Neulingen oft einen impliziten Respekt vor dem was ich gemacht hab - weswegen Sie Dinge, die ich gemappt hab leider eben nicht verbessern oder ändern - was aber nur in einem deutlich kleineren Gebiet als in dem ich was begetragen hab, wirklich sinnvoll ist. Also hier nochmal sagen zu können: Bitte sag mir was das ist, fände ich super.
Ich verbinde das immer mit einer Einladung zu mappen in meiner Gegend (Südostschweden) - weil ich einfach auch noch kein tool gefunden hab, dass Einladungen mit der sozialen Komponente (Bereitschaft zum Dialog, Sprachbarrieren überwindenhelfen etc) weitergeben könnte.
Seawolf ich fände es also super, wenn Du Deine Erfahrungen in Gebieten einbringst, die in OSM brach liegen und diese einfach “adopierst”. Ich könnte mir vorstellen, dass man so auch wieder neuen Spass am Mapping findet. Denn es gibt die Stellen, wo nichtmal grosse Seen eingetragen sind, wo man nicht einen sonder 20 Feldwege auf dem Luftbild findet — und die sind garnicht weit weg. Und für mich funktioniert es nach Versuchen, irgendwo einen Einheitlichkeit herzustellen wunderbar als Entspannung ein solches Gebiet aufzurufen und erdet mich wieder mit dem, weswegen ich mal angefangen hab, zu mappen.