Allgemeine Fragen zu OSM

Hallo liebe Community,

ich bin Studentin und befasse mich in einer Lehrveranstaltung mit OpenStreetMap. Da ich zuvor noch nie damit gearbeitet habe kenne ich mich leider nicht wirklich aus.

Deswegen hätte ich ein paar generelle Fragen zum Projekt sowie zu den OpenStreetMappern. Es wäre total hilfreich für mich, wenn jemand eine oder ein paar von den unten gestellten Fragen beantworten könnte :slight_smile:

Vielen herzlichen Dank schon mal im Voraus!
Cornelia

Fragen:

  1. Aus welchen Sparten (Berufssparten) kommen die Mitglieder von OSM? Haben/Brauchen sie ein Vorwissen?
  2. Wie funktioniert das mit der Kontrolle der Daten? Ich habe gelesen, das machen andere Mitglieder, jedoch kann ja nicht immer alles sofort kontrolliert werden?
  3. Was ist die häufigste Methode um Punkte, Linien oder Polygone einzuzeichnen? Daten von einem Luftbild verwenden, mit GPS-Geräten Routen erst abgehen und dann eintragen oder eine andere Methode?
  4. Wie häufig gibt es Neuerungen in OSM bzw. wo können diese nachgelesen werden?
  5. Was sind häufige Probleme?
  6. Stellen Städte auch Datensätze als Grundlage zur Verfügung oder ist wirklich alles in OSM von den Mitgliedern eingetragen worden?

Hallo und herzlich Willkommen bei OpenStreetMap

Als ersten Anlaufpunkt gebe ich Dir mal unsere FAQ an die Hand. Da werden die meisten Deiner Fragen beantwortet.

Hallo Cornelia,
Willkommen auf OSM!
Ich versuche mal deine Fragen zu beantworten, allerdings ist das natürlich nur meine persönliche Ansicht.

  1. Ich denke mal die OSM-Mapper kommen aus allen Bereichen, besonders seit in den letzten Jahren Apps auf OSM-Basis, wie z.B. Maps.me, richtig durchgestartet sind. Allerdings würde ich schon sagen, dass der Durchschnitt der OSM-Mitglieder doch irgendwie technisch versiert bzw. internetaffin ist. Das war in der Anfangszeit von OSM deutlich stärker als heute. Ich habe zwar einen “technischen Hintergrund”, aber als ich vor drei Jahren zu OSM gestoßen bin, war ich sehr positiv überrascht wie einfach es ist, zur Karte beizutragen. Ich finde wirklich Vorwissen, das darüber hinausgeht wie man einen PC bedient, braucht man heute nicht mehr. Zumindest nicht für die ersten Schritte.

  2. Tatsächlich sind deine Änderungen sofort live. Wenn du also mutwillig Fehler einbaust sind die sofort online. Allerdings ist die Community mittlerweile so groß, dass das schnell jemand bemerkt. Ich weiß nicht wieso, aber OSM scheint in der Hinsicht viel besser zu funktionieren als andere Internetprojekte. Ich habe hier auch sehr selten wirklich böswillige Änderungen gesehen, ganz im Gegensatz zu Wikipedia, wo ich auch sehr lange dabei war.

  3. Mein subjektiver Eindruck ist, dass es heute ganz klar üblicher ist, von Satellitenbildern abzumalen.

  4. Das kommt natürlich darauf an was du mit Änderungen meinst. Die grundsätzliche Struktur der OSM-Datenbank steht allerdings schon länger fest. Was sich immer mal ändert, ist wie einzelne Details beschrieben/eingetragen werden. http://openstreetmap.de hat da ein ganz interessantes Blog.

  5. Ich würde sagen unterschiedliche Ansichten einzelner Benutzer, die in Konflikte ausarten. Person A ist der Meinung ein Objekt soll so gemappt werden, Person B sieht das aber anders.
    Häufig gibt es auch politische Konflikte. Ein Beispiel wären die Krim oder Abchasien. Welche Sprache soll für Ortsnamen verwendet werden? Zu welchem Land gehören diese Regionen? Glücklicherweise hat man sich darauf geeinigt, die Fakten “auf dem Boden” (Schilder, etc) als Maß der Dinge zu nehmen, so dass es da klare Richtlinien gibt, an denen man sich orientieren kann.

Ein anderes Problem ist natürlich, dass OSM in einem Gebiet nur gut ist, wenn die dortige Mapping-Gemeinde aktiv ist. Dass führt dazu, dass die Karten-Qualität von OSM z.B. in Afrika, Südamerika und überraschenderweise auch in den USA eher durchwachsen ist. Deutschland und Europa sind definitiv die Regionen wo OSM am besten ist.

Eine weitere konkrete Schwächen von OSM in Deutschland und anderen Ländern Europas sind Adressen bzw. Hausnummern. Die sind außerhalb von Großstädten oft nur mangelhaft eingetragen.

  1. Der Großteil der Daten stammt von der OSM-Gemeinschaft selbst. Es hat aber sehr wohl etliche Datenimporte gegeben, Städte und Gemeinden haben da durchaus Daten zur Verfügung gestellt. Natürlich musste das lizenzrechtlich abgeklärt werden vorher. Importe sind hier aber nicht unumstritten und meines Erachtens seltener geworden. In den USA gab es mal einen riesigen Import aus der TIGER-Geodatenbank und viele haben das für einen Fehler gehalten. Die Daten waren ungenau positioniert. Die Kritik war unter anderem, dass das manuelle Nachjustieren / Korrigieren / an die richtige Stelle schieben für neue Benutzer abschreckender war/ist , als alles neu zu zeichnen. (Gab meines Wissens mal eine Statistische Auswertung die das bestätigte)

Viel Spaß auf OSM, ich hoffe du kommst selbst auf den Geschmack des Mappens. :slight_smile:

Lieber Maturi0n,
vielen vielen Dank für deine ausführliche Antwort! War wirklich sehr hilfreich :slight_smile:
Liebe Grüße

Um den Punkt 3 meines Vorredners noch zu präzisieren:

3.) Satellitenbilder dort, wo es diese in ausreichender Qualität gibt und wo auch die Lagegenauigkeit gegeben ist - in Deutschland wird derzeit sehr stark damit gekämpft, dass es zwar aktuelle Bilder gibt, welche aber (noch) nicht lagegenau sind.
Österreich ist in der glücklichen Lage auf hochpräzise amtliche - diese Bilder werden von staatlicher Stelle zur Verfügung gestellt - Luftbilder (also Bilder aus Befliegungen) zugreifen zu können.

Umgekehrt gibt es aber natürlich auch noch Länder in denen weder das eine, noch das andere verfügbar ist - hier wird mit GPS-Geräten und dergleichen gearbeitet.

Somit lässt sich dein Punkt 3 nicht weltweit einheitlich beantworten.

Lieber Thomas,
vielen Dank für deine Ergänzungen!

Eine Frage hätte ich noch: Wie ist es mit Ungenauigkeiten der GPS-Geräte? Ich hab selber mal testweise versucht eine Straße in der Stadt abzugehen und aufzunehmen. Der Track war dann aber sehr ungenau (teilweise 5 m neben der Straße und keine gerade Linie). Wenn ich diesen Track in OSM reinladen würde, würde er andere Straßen überdecken und wäre absolut nicht lagetreu.

Ja - da hast du recht. Die Genauigkeit von normalen GPS-Geräten liegt - je nach Empfangsqualität und ohne Korrektur - bei rund 5-10 m. Jedoch muss man unterscheiden, ob man wo eine Straße, welche bereits erfasst ist nachgeht oder ob diese Straße noch gar nicht erfasst ist.

Im ersteren Fall ist es natürlich unsinnig diese hochzuladen und als “richtig” zu erachten. Hat man jedoch keinerlei Daten (zB wenig bereistes Land, abgelegene Strecke, Fußpfad der noch nicht eingetragen ist, odgl) dann ist diese Methode durchwegs sinnvoll. Auch sinnvoll kann es sein, wenn die Strecke öfter aufgenommen werden kann (am besten zu verschiedenen Bedingungen - Witterung, eventuell anderes Gerät, udgl), da dadurch dann eine “Fehlerkorrektur” (Mittlung) der Daten möglich ist, welche die Ergebnisse auch wieder verbessern würde.

Du kannst dir übrigens in den Editoren oder auch auf openstreetmap.org unter “Ebenen” die öffentlichen GPS-Tracks anzeigen lassen. Bei stark befahrenen Straßen oder Wegen siehst du dann gut die Linienbündel bzw. auch Gegenden mit einer stärkeren Abweichung wie zB im Wald, wo man trotzdem leicht mitteln kann und die Wege am Luftbild oft gar nicht erkennbar wären.

Hallo Cornelia,
zu Deiner Frage 1.

Mapper welche in OSM substantielle Arbeit leisten, haben auch sonst eine Berufliche Nähe zu Geoinformationen.
Ich habe folgende Personen kennengelernt.

Ein mir bekannter Mapper in München ist beruflich im Baurestmassen Recycling tätig. Ein anderer im Versicherungsgeschäft. Wieder ein anderer in der Ver- und Entsorgung.
OpenStreetMap ist speziell für alle jene interessant, deren Geschäft aus unmittelbaren geografische Veränderungen resultiert.

Ein Auto Abschleppdienst wird schließlich auch stets den aktuellen Straßenverkehr beobachten, wenn ein Unfall schließlich in der Zeitung steht ist das Geschäft verpasst. Klassische Karten sind daher wie alte Zeitungen.

Eine andere Kategorie sind Wanderwege über private Grundstücke. Also Wanderwege mit unklarem Wegerecht. Kein amtlicher Mapper wird sich an solche heranwagen. Amtliche Kartenzeichner verlassen sich hier vielfach auf die Erfahrung von ortskundigen Ehrenamtlichen OpenStreetMap Zeichner. Beispiel Digitale Tiroler Grundkarte der Tiroler Landesregierung. Wanderwege und Pfade stammen aus OSM.
Ich vermute mal dass vielfach amtliche Kartenzeichner in Ihrer Freizeit sich auf das Fahrrad schwingen, und sich den OSM Regeln unterwerfend privat auch in OSM mitwirken.
Diese sind für mich Heros, und ein Riesen Gewinn für freie Daten für die Allgemeinheit.