Multipolygonwahnsinn - oder: Durchblick war gestern!

Hallo!

Multipolygone sind in letzter Zeit ja ziemlich in Mode gekommen. Nachdem ich grade mal wieder ein besonders grausiges Beispiel analysieren durfte, muß ich doch mal wieder die Sinnfrage stellen.

Gemeint ist in diesem Fall der Pilsensee und seine Umgebung. Der See ist grade mal 2,5km lang und von kleinen Ortschaften, übersichtlichen Wäldern und einem Campingplatz umgeben. Früher hätte man das mit je einem Polygon für water, residential, forest und camping abgebildet. Kein Problem, leicht verständlich, von jedem editierbar und auch leicht weiterverwendbar.

Aber nein: Der unkomplizierte See ist ein Multipolygon [1] mit 15 Membern, die geschlossene Ortschaft [2] ein Multipoly mit 8 Einzelteilen und das kleine Waldgebiet [2] bringt es gleich auf 30 Außenkanten etc. etc. Um die Verwirrung komplett zu machen, teilen sich die Multipolys noch zahlreiche Kanten, wo sie aneinanderstoßen.

Auch wenn ich selbst aufgrund mehrjähriger Erfahrung mit einigem Aufwand sowas analysieren kann, meine Software grade mit viel Mühe dazu überedet habe diesen Verhau richtig anzuzeigen und als Informatiker durchaus die abstrakte Anmut abgefahrener Datenstrukturen bewundern kann, frage ich mich dann noch: Was soll solch völlig unnötige Komplexität bei OSM? Wer soll denn bei solchen Konstrukten noch durchblicken? Wer soll sowas editieren? Der Standardeditor Potlatch2 zeigt keines der Objekte überhaupt an. Und vor allem: Warum? Warum, wenn es ein paar menschenlesbare Polygone auch getan hätten? Leider ist der Pilsensee kein Einzelfall, ohne komplexe Auswertung verschwinden überall großflächig Seen und Wälder von der Karte.

Ich dachte früher immer, OSM hätte die Mission

  • als offenes Projekt möglichst viele Leute in aller Welt als Mapper zu gewinnen
  • einen Geodatenbank für Jedermann bereitzustellen

Mit solchen exzessiven Multipolygonkonstrukten wird beides unmöglich gemacht.

  • Das Editieren solcher Konstrukte ist nur noch für ein paar handverlesene Experten mit ganz bestimmten Programmen möglich. Im Forum gibt es immer wieder Anfragen, wie ein Multipolygon aufzubauen ist oder warum es nicht funktioniert und die Palette an unterschiedlichen Antworten zeigt recht deutlich, daß sich auch die Experten da nicht sicher sind.
  • Die Schwelle für die Verwendung der Daten durch Dritte wird extrem hoch gelegt. Einen Renderer oder Import für Punkte, Linien und Polygone zu schreiben war vergleichsweise einfach möglich. Aber wer heute die Daten nutzen will und sie für eine andere Software als osm2pgsql oder mkgmap nutzen will, hat einen enormen Implementierungsaufwand vor sich. Bei den meisten Verwendern wie z.B. Navit dürften solche Wälder, Seen usw. einfach komplett fehlen.

Ich kann ja verstehen, daß man für sehr große Objekte eine Unterteilung braucht (auch wenn ich die heutigen Multipolys für den falschen Ansatz halte). Aber warum Konstrukte, die nicht mehr menschenlesbar bzw. falls sie doch einer kapieren sollte, extrem unhandlich sind, wenn es ein einfaches Polygon ganz genauso tun würde?

Ich denke damit machen wir die Daten langfristig für für die meisten potentiellen Anwender unbrauchbar oder auf Grund des hohen Implementierungsaufwands nicht lohnenswert und vergraulen eine enorme Menge an potentiellen Mappern und Anwendern, denen die Lernkurve, die da aufgetürmt wird, viel zu abschreckend ist. Vielmehr sollte viel mehr auf das KISS-Prinzip [4] geachtet werden: Multipolygone sollten nur dort eingesetzt werden, wo es technisch aufgrund der Größe der Objekte nicht anders geht, damit OSM auch wirklich ein offenes Projekt für möglichst viele Leute bleibt.

bye
Nop

[1] http://www.openstreetmap.org/browse/relation/1405834
[2] http://www.openstreetmap.org/browse/relation/1418492
[3] http://www.openstreetmap.org/browse/relation/897456
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/KISS-Prinzip

1 Like

Moin Nop,

kann Deinen Frust nachvollziehen: Ich krieg bei unserem Institut nicht mal mehr die Hausnummer geändert. Wenn ich das Ding (Relation: 2015473) in JOSM anklicke wunder ich mich auch warum das nicht einfach ein Building sein kann. So sperren wir 80% der User von der weiteren Bearbeitung aus.

LG,

-moenk

+1 allerdings sind das noch recht harmlose MPs. :wink:

+1

Und es ist diesem Thema nicht ganz unähnlich, nur wie wollen wir dem Problem begegnen? Es wird immer wieder detailverliebte Multipolgon-Fetischisten geben und eine (Geld-)Strafe für unnötige oder unsinnige MP’s wird wohl nicht kommen :D. Nur das Problem, dass die Nachwelt derartige Monster später kaum noch bearbeiten wird. Da bleibt nur wieder der berühmte Ruf nach besseren Editoren oder es wird ein intelligenter Bot erfunden, welcher deartige MP’s automatisch vereinfacht. :stuck_out_tongue:

Ich hatte es schon mal an anderer Stelle erwähnt, dass derartige Multipolygone konsequent zerlegt werden sollten, damit es auch wieder für Normaluser verständlich wird. Ich mache das im Zweifel auch. Gibt aber unter Umständen ziemlichen Ärger, weil manche in solche Konstrukte geradezu verliebt sind.

+1

Mir ist grad auch wieder so ein MP übern weg gelaufen.

Hab zwar den Fehler gefunden für das nicht rendern des Waldes - Outer-Way liegen teilweile doppelt (ähnlich) vor haben aber gemeinsamme Nodes die nicht gelichzeitig Anfang und Ende der jeweiligen Way sind und dadurch in maperitive nicht als geschlossen erkannt werden.

Aber ich sehe mich auserstande das das auseinander zu klabüstern…

Darf ich mir das ansehen?

Gruß,
Mondschein

Leicht editierbar vielleicht, aber ob was Brauchbares dabei herauskommt, steht auf einem anderen Blatt. Da werden gern Streifen (Niemandsland) zwischen den Landuses frei gelassen.

Sollte kein Problem sein, wenn man die Wiki-Seite zu Multipolygonen gelesen hat.

Editor-Bug, daran sind die Multipolygone unschuldig. Mit Merkaartor ist das Editieren von Multipolygonen ein Kinderspiel.

Redundanzvermeidung. Jede Grenzlinie nur 1x zeichnen, statt sie nachziehen zu müssen (und dabei womöglich einzelne Nodes zu übersehen).

Relation 977435 Spessart bzw. eines Teiles davon um Bad Orb betroffen teil nördlich davon last edit am 29.5 von Radeln

Ich kann NOP nur zu 100% beipflichten. Ich bin jetzt etwa ein halbes Jahr bei OSM dabei, aber eine zwingende Notwendigkeit für ein MP hat sich mir in der Praxis noch nicht ergeben.

Je mehr Leute bei einem Open Source Projekt mitmachen sollen, desto wichtiger ist das KISS Prinzip: Keep it simple stupid. Dazu gehört einerseits der Verzicht auf unnötig komplexe Datenstrukturen, dazu gehört andererseits aber auch eine klare Vorgabe, wie ein komplexes Problem einfach gelöst werden kann. Das wäre z.B. ein Hinweis: für die und die seltene Anwendung geht es partout nicht ohne MP, in allen anderen Fällen ist soundso zu verfahren.

  • einfache, nachvollziehbare Daten-Strukturen
  • klare Regeln (daran hapert’s insbesondere beim Tagging…)
  • gute, intuitive Werkzeuge (hier sind deutliche Fortschritte zu erkennen aber auch noch viel Potential)
  • übersichtliche, wohlstrukturierte und aktuell gehaltene Doku (ein Wiki ist leider nur geeignet, den dritten Punkt zu unterstützen, es ist weder übersichtlich noch wohlstrukturiert)

Das alles wird ohne ein aktiver (lenkender Weise) in das Geschehen eingreifendes Steering comittee auf Dauer nicht funktionieren. Der Ruf nach Mediatoren zeigt dies.

Just my humble opinion…

Zecke

Nahmd,

Größere administrative Einheiten oder auch größere Regionen, allgemein ausgedehnte Flächenfeatures lassen sich ohne MP nicht gut darstellen. Wenn ich an einem Wanderweg an der DE/AT-Grenze arbeite, wäre ich nicht wirklich glücklich, wenn die gesamte DE-Grenze und die gesamt AT-Grenze in voller SchönheitAuflösung geladen würde.

Dabei bitte eine Gefahr nicht übersehen: jeder hat nur beschränkte Zeit, und muss die aufteilen zwischen Arbeit am Projekt und - nennen wir es: Politik. Sehr schnell entscheiden nicht mehr die, die täglich am Projekt arbeiten, sondern die, die den Schwerpunkt auf die Politik legen (Lobbying, Gefolgschaft sammeln, Seilschaften bilden). Was dabei herauskommen kann, sieht man in Berlin oder in einem beliebigen Landesparlament: die Gesamtkompetenz sinkt.

Vor einer solchen Entwicklung graust mir – und ich habe keine Ahnung, wie man die vermeiden kann.

Gruß Wolf

Habe es verbessert:
http://www.openstreetmap.org/browse/changeset/11791636

Gruß,
Mondschein

Ich habe am Wochenende auch jemand wegen eines verhunsten MP angemailt. Auf die Frage, warum er MP verwendet antwortete er:

Einen kleine Schreck habe ich bei folgender Aussage bekommen:

Wenn das einzige Argument für den übermässigen MP Einsatz

ist, dann habe ich etwas Mühe damit.

Ich kann nur für JOSM sprechen: dort ist das Arbeiten mit doppelten Linien (Stichwort “follow” [f]) recht einfach, selbst ohne Plugins wie “contur merge”.

Die Liste der negativen Folgen ist dort deutlich länger. Wäre es für die Diskussion hilfreich eine Liste mit Pro und Kontra aufzustellen? Sonst wiederholt sich Diskussion immer wieder …

Wenn ich sowas lese bekomme ich keinen Schreck sondern Brechanfälle.

Wenn er irgendwas stanzen will, soll er doch Löcher in Ledergürtel stanzen, dann tut er was sinnvolleres!

Ansonsten, Nop, ich bin 100% Deiner Meinung. Und Du, fkv, hast überhaupt nicht erfasst worum es geht. Das Wiki bringt die Leute gerade dazu solche MP Ungetüme zu taggen.

Bla, bla.

Bist auch ein großer Stanzer vor dem Herrn, wie?

Das ist der pure Wahnsinn, wogegen ich das angesprochene MP im Taunus als normal ansehe.
Sollte man einfach ändern.

Auch ich stimme nop zu 100% zu.
Ich hatte es ja auch in einem anderen Post schon geschrieben, dass mir die Verkomplizierung gegen den Strich geht. Für alles und jeden einen einzelnen Tag vergeben zu wollen oder die allgemein verwendete Bedeutung über den Haufen zu schmeißen, ist sinnlos. Die Auswertung wird verkompliziert und die Verständlichkeit nimmt ab.
Dann kann halt einfach nicht alles 100%ig abgebildet werden, was aber in keinem mir bekannten Fall Einschränkungen hätte. Die Multipolygone sind auch sowas. “Keine doppelten Linien”, “Ein Blick ins Wiki erklärt deren Anwendung doch”, … das mag ja stimmen, allerdings impliziert das auch, dass neue Mitglieder und auch nicht ganz so versierte wie ich, stundenlang lesen müssten, um das alles zu verstehen. Das will die Mehrheit aber nicht, wie hier deutlich wird! Mich hält diese Verkomplizierung mittlerweile davon ab, Korrekturen einzupflegen. Und ich bin schon ein paar Jahre, wenn auch nicht so aktiv dabei. Was sich neue denken, mag ich gar nicht wissen.

Nee, eher Ausbügler (auch Dinge von Dir), soweit nicht zu komplex.

BTW, Glashaus.

Nur sollte dann nicht passieren das man dann noch dir nee Putzfrau hinterherschicken muß die das wieder sauber macht siehe 977435.

Ich will mich an der MP-Diskussion nicht beteiligen weil ich das ganze Taggingsystem zum K… finde - einfache Taggingrfage und man bekommt 3 oder mehr Möglichkeiten aufgezeigt was eigentlich ein Unding ist!!!