Am 21.09.2010 hat das BMI die wesentlichen Informationen und Ergebnisse des Spitzengesprächs veröffentlicht.
http://www.bmi.bund.de/cln_165/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2010/09/geodienste.html
Von dort führen auch Links auf die sehr hochkarätige Teilnehmerliste sowie zu den vorgelegten “Eckpunkten”. Dieses Papier wurde bereits in der zweiten Gesprächshälfte nach dem kurzen Mittagsimbiss an die Teilnehmer verteilt.
Auf dem oberen Bild (Großansicht: http://www.bmi.bund.de/cln_165/SharedDocs/Bilder/DE/Kurzmeldung/2010/09/geo_1.html?nn=109628&isPoster=true)) bin ich vor dem Mauerwerk zwischen den beiden rechten Fensterelementen unterhalb des Deckenlautsprechers zu erkennen. Der kleine helle Punkt in Kragennähe ist der OSM-Pin. Nicht einmal die Vertreter der großen Konzerne trugen ihr Logo, aber die sind auch bekannter.
Der Innenminister hatte sich sehr gut auf das Thema vorbereitet bzw. von seinen Mitarbeitern vorbereiten lassen. Nach seiner kurzen Eröffnungsansprache des Ministers und der beiden Ministerinnen benannte er 4 Geodatendienste, die er um eine Vorstellung der Tätigkeit sowie Aussagen zum Thema bat: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG), Google und OpenStreetMap. Den fehlenden Vierten (Microsoft wars nicht) habe ich vergessen, da ich nach den Äußerungen des Leiters des BKG mein Konzept noch etwas ungeschrieben habe.
Mein Beitrag begann mit einer kurzen Historie des Projekts, dem Ziel einer freien Weltkarte, was wir erfassen (natürlich auch Hausnummern), Hinweis auf die lizenzkostenfreie Nutzung unserer Daten und den sich daraus ergebenden Nutzen auch für Wissenschaft und Forschung un deren rege Nutzung. Ich habe weltweit 100.000 Beitragende erwähnt, davon die Hälfte in Deutschland, also quasi derzeit die führende Nation.
[Mir ist klar, dass in einer Community nur 10% wirklich dauerhaft was machen und der Rest irgendwann zu Karteileichen geworden ist. Aber bei uns dürfte der Anteil der Aktviten bedeutend höher sein als beim ADAC und der wirft mit Zahlen in einer ganz anderen Größenordnung um sich]
Dann konnte ich mir aufgrund der Äußerungen des BKG (Nutzung des Geoportal des Bundes durch interessierte Bürger) nicht verkneifen, daß, im Gegensatz zu Frankreich und USA in Deutschland es kaum eine Unterstützung durch öffentliche Geodaten für unser Projekt gibt und ich in diesem Bereich das Gefühl einer Kirchturmpolitik und Kleinstaaterei habe. Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg (LGL-BW) verweigert mir eine Nutzung amtlicher Luftbilder für OSM-Zwecke selbst gegen die Bereitschaft, wie ein kommerziellen Unternehmen dafür zu bezahlen.
Danach fragte mich der Minister, ob wir auch die Klingelschilder erfassen würden. Ich verneinte dies, erwähnte aber, dass ich z.B. bei einem Tierarzt auf dem Land mit Leuchtreklame neben der Adresse folgendes vom Praxisschild erfasse: Name, Telefon, Sprechstundenzeiten.
Danach kam die Frage, wie bei OSM mit dem Datenschutz umgegangen wird. Ich bezog mich auf eine der Ethikregeln des Chaos Computer Clubs: [http://www.ccc.de/hackerethics]
öffentliches nützen - privates schützen
Von dieser Antwort war der Minister sehr überrascht, denn er wusste bis zu diesem Zeitpunkt wohl nicht, dass auch “Hacker” sich für den Schutz der Privatsphäre einsetzen.
Danach war die vorgegebene Rednerliste beendet und es konnten sich die anderen Teilnehmer zu Wort melden. Recht schnell wurde eigentlich nur noch von Bildern, Hausfassaden und Verpixelung (auch kompletter Personen) geredet. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit warb für ein Zentrales Widerspruchsregister für Geodatendienste, der Bundesinnenminister differenzierte nach Datenerfassern, Datenverknüpfern und Datenveröffentlichern, die Medien sahen die Panaoramafreiheit gefährdet, Wer hat den höherwertigen Widerspruch: Mieter, Vermieter ?
Was ist bei Wohnungseigentümergemeinschaften, was wenn der Vermieter nicht will, aber der Kneipenbesitzer im Erdgeschoss will, … der widersprechende Mieter zieht irgendwann aus, …, kann man nach einer Fassadenverschönerung ein neues Bild ohne Baugerüst beantragen?
Sightwalk verwies auf seine Kamerahöhe von nur 1,90, Goggle begründete eine Kamerahöhe von 2,90 mit der freien Sicht auf Verkehrsschilder, dia dann auch automatisiert für ein Kataster ausgewertet werden können. Außerdem läge ein Gutachten vor, wodurch sich bei einer Fahrt nahe der Straßenmitte die “gefühlte Kamerahöhe” am Straßenrand auf 1,90 verringere !!!
[Philipp Schindler hat BWL studiert. Da fällt mir wieder etwas aus meiner Studienzeit an der Uni Karlsruhe ein:
Ein Herz für WiWis - Eine Initiative der Fachschaft für Informatik]
Jens Best (http://streetview.mixxt.de/ , Aktion verschollene Häuser) zitierte jede Menge Gesetzestexte und sonstige Juristerei zugunsten der Rechtmäßigkeit seines Vorhabens mit inzwischen 500 angemeldeten Fotografen. Er fühlte sich durch eine angebliche Beleidigung seiner Person durch den Bundesdatenschutzbeauftragten geehrt.
Er will seine Bilder in alle Geodatendienste reinstellen und meinte, dass die OSM-API hierfür noch nicht so richtig geeignet wäre!!!
Die Teilnehmer wurden in alphabetischer Ordnung um den Tisch verteilt. Zu meiner Linken saß der Vorsitzende des Düsseldorfer Kreises, eine informelle Vereinigung der obersten Aufsichtsbehörden, die in Deutschland die Einhaltung des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Bereich überwachen. Ich hatte in meinen Unterlagen eine Leistungsbeschreibung und Preisliste des LGL-BW für Hauskoordinaten dabei, was unserem Hausnummernmapping nach dem Karlsruher Schema entspricht, und habe dies ihm gezeigt. Nach einem kurzen Blick meinte er, daß dies nicht unter den Datenschutzt fällt. Ich werde auf jeden Fall mir dies nochmal schriftlich bestätigen lassen.
[zur Information: Die Geodaten einer Adresse kosten 0,15 € ab der 10.001. Adresse 0,075 € und ab der 100.001. Adresse 0,0375 €. Bei der landesweiten Abnahme aller 2,5 Millionen Adressen gilt der Deckelbetrag von 32.000 €. Der Mindestbestellwert beträgt 100 €.]
Damit besteht eigentlich für uns kein großer Handlungsbedarf, wenn darauf geachtet wird, daß keine “Klingelschild-Mapping-Daten” oder sonstige persönliche Informationen in den Datenbestand kommen. Für mittels OpenLayers “aufgesetzte” fragwürdige Dienste oder wenn unser Datenbestand kopiert und erweitert wird, können wir keine Verantwortung übernehmen.
Auch nach der Aussage des Bundesdatenschutzbeauftragten sind “traditionelle Geodatendienste” von dem ganzen Rummel wohl nicht betroffen.
Ich werde in den nächsten Wochen mit Hilfe der beim Spitzengespräch geknüpften Kontakten abklären, ob die Erweiterung unserer “goldenen Regeln”
- Nicht von anderen Karten kopieren
- Spaß haben!
um eine Zeile
- öffentliches nützen - privates schützen
die Eckpunkte des BMI erfüllen.
Mir ist folgendes bewusst geworden:
Die Datenschutzbeauftragten sind auch für die Informationsfreiheit zuständig. Wenn der Datenschutz bei uns ok ist, kann man sich erkundigen, was die Informationsfreiheit für unser Projekt bedeutet.
Dafür bitte einen neuen Thread aufmachen. Hier geht es nur um die Eckpunkte und den Schutz persönlicher Daten.
Grüße
Joachim