landuse=forest ist eine Manier

Zumindest in Tirol, hier ein paar Zahlen dazu:

Laut OSM Daten

  • stehen Bäume auf 4570 km² Fläche,
  • davon 4515 km² forstwirtschaftlich genutzt (landuse=forest),
  • macht eine Quote von 98,8 %.

Laut ÖWI Daten (Österreichische Waldinventur)

  • stehen Bäume auf 5200 km²
  • davon 3400 km² zählen als Ertragswald,
  • macht eine Quote von 65,4 %.

(Ertragswald heißt die Summe aus Wirtschaftswald und Schutzwald im Ertrag. Baumbestandene Flächen sind hierzulande in der OSM gut erfasst, es ist unwahrscheinlich, dass eine genauere Erfassung die Quoten auch nur annähernd angleicht.)

Wie sieht das andernorts aus?

Nachtrag, die Datenquellen:

Worauf willst Du hinaus? Ist in Tirol zu viel Ertragswald als natural=wood oder evtl. natural=scrub erfasst oder gibt es weniger Wald als von der Waldinventur erfasst?
Nebenbei: “ist eine Manier” sagt mir als gar nichts.

In den aktuellen Daten irgendeine besondere Aussagekraft in landuse=forest hinein zu interpretieren, die über landcover und “hier stehen mehr als 3 Bäume” hinausgeht, ist völlig illusorisch, was man auch schon an diesem Wiki-Artikel sieht.

Ist vielleicht eher Manie gemeint? (Der Begriff „Manier“ wird v.a. im Gegensatz zu „Stil“ gebraucht – nach der ursprünglichen Bedeutung ist Manier ein persönlicher, gesuchter Stil, im Gegensatz zu einem etablierten, wohldefinierten Stil – da das Mappen mit landuse=forest aber weltweit verbreitet ist und hierzulande sogar vorherrscht, ist es mMn keine Manier, sondern ein Stil. Natürlich kann man argumentieren, es sei schlechter Stil … ;))

Ich finde Manier schon ganz passend, bei uns wird das umgangssprachlich auch für eine Unsitte benutzt. :slight_smile:

Teilweise wurde landuse=forest mit großem Nachdruck gepusht, mit der extremen Argumentation daß praktisch alles Nutzwald ist. Also auch wenn ein Wald offensichtlich ungepflegt ist und der letzte menschliche Eingriff 200 Jahre zurück liegt, darf er nicht natural=wood getaggt werden, weil es hat ja in grauer Vorzeit mal ein Bewirtschaftung stattgefunden oder der Besitzer könnte ihn ja wieder nutzen.

Die Zahlen belegen für mich, daß die extreme Interpretation bei OSM meilenweit davon entfernt ist, was Forstfachleute als Nutzwald bezeichnen. Das wiederum ist ein Argument dafür, landuse=forest abzuschaffen, denn offensichtlich ist entweder die Definition forstwirtschaftlich grundfalsch oder Mapper sind schlichtweg nicht in der Lage das richtig einzuschätzen oder beides.

Plädiere für “Chimäre” :wink:
wenn jemand glaubt, die 2 (bzw. 3 mit lancover-dingsbums) unterschiedlichen Tags für baumbestandene Flächen ließen sich jemals großflächig per OSM irgendwie sinnvoll differenziert auswerten.
https://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?pid=823932#p823932

Gute Idee, scrub könnte den fehlenden Anteil von Wald außer Ertrag erklären. Die 537 km² scrub, zwar nicht alles Latschen, aber schon zu einem sehr großen Teil, die könnten die Lücke zwischen OSM und ÖWI quasi restlos schließen. Aber auch schon 10% Abweichung finde ich keinesfalls schlecht, OSM ist da gut unterwegs, was die Landflächen angeht.

Scrub wird hier gern für Latschen verwendet, und nach Blick aufs Karwendel in (allerdings alten) ÖWI Karten, dort als Nadelwald eingezeichnet. Allerdings beziehen sich die (neuen) Zahlen der ÖWI alle auf Hochwald, das schließt Legföhren meines Wissens aus. Auch kommt die Baumart in keiner Aufstellung vor und keine Fläche ist auch nur annähernd von der Größe da umlegbar. Hier - https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/umwelt/wald/schutzwald/bilder/Waldtypisierung/Teil3_Waldtypenkatalog_3.pdf - werden Latschen als Gebüsche geführt. Zum Glück, denn wenn diese Flächen zu wood umgetaggt würden, wachsen dort ja Bäume ganz ungepflegt, dann leiden Wanderkarten, weil auf einmal unpassierbare Stellen (Latschenfilz) drauf nicht mehr erkennbar sind.

@Chrysopras @Nop @Jo Cassel, ich musste schmunzeln, das nicht wegen dem Smiley, sondern wegen der Assoziationen. Wegen der kunsthistorischen Herleitung immer noch! Manieren haben heißt, sich gut benehmen. Ich denke, ich meinte wohl so etwas wie eine Angewohnheit. Anders kann ich mir von Haselnussgebüschen am Straßenrand oder Baumgruppen im Schlosspark nicht erklären, dass die landuse=forest abbekommen, als eben aus einer Manier heraus, weil es guter Stil ist, es so zu machen, oder weil es gutes Benehmen ist, es so zu machen.

Nun, es wird aktuell überlegt, von einigen, nicht von allen, landuse=forest aus dem tagging Repertoire auszuscheiden. Die erste Frage ist, was geht verloren? Also hab ich ein paar Zahlen gegenübergestellt, die den Informationsgehalt der Daten bezogen auf die wirtschaftliche Nutzung veranschaulichen, die so oft ins Feld geführt wird, um an der Unterscheidung festzuhalten. Das Ergebnis überzeugt wenig. Aber das ist nur ein kleiner Flecken Erde. Wie sieht das andernorts aus?

Nun, wegen ähnlichen Dingen (Vergleichen) nur in historischer Sicht hat man hier in Brandenburg z.B. die Schmettausche Karte (erstellt 17hundertirgendwann) digitalisiert und auch Meßtischblätter 1:25.000 (in der Regel die ältesten Ausgaben). Da ging es aber nur um den Vergleich des Waldanteils zu den beiden Zeiträumen. beide gibt es als (verwendbare) WMS-Dienste. Nutzen für OSM geht aber gen Null.

Die beiden anderen viel wichtigeren Kartenwerke wie das in Teilen als Analogkopie verfügbare Deckersche Kartenwerk und die Preußischen Urmeßtischblätter sind leider nicht entsprechend als Zusammenschnitt und WMS verabeitet worden, obgleich für das Waldthema die Aussage der Veränderung der Waldbedeckung viel deutlicher gewesen wäre: Das Deckersches Kartenblatt für die Zeit vor der Separation und die Preußischen Urmeßtischblätter genau in der Zwischenzeit und teilweise danach, gelegentlich mit erheblichen Eintragungen z.B. zu Neuaufforstungen.

Sven

…Fan historischer Karten

Ohne aktuelle Quellen für Vergleiche kann man die Treffsicherheit der Zuschreibung schwer prüfen. Weil aber auch hier ein Faible für historische Karten, da hat uns die Monarchie etwas tolles hinterlassen, es kommt frei haus ins home-office:

Eine waschechte ‘‘landuse-Karte’’, der Franziszeischer Kataster, Legende

Sieht ein wenig wie OSM Carto aus? Auffällig: ‘‘landuse’’ enden stur genau an den Grundstücksgrenzen, so stehen dann Bäume auf weidenfarbenem Grund.

Parallel gibt es eine “natural-Karte”, Franziszeische Landesaufnahme für militärische Anwendung, die sich weniger um Flächenwidmung kümmert, sondern dafür, was on-the-ground vorgefunden wird!

Update: Hier die Kombination aus “landuse=pasture;natural=wood” in den Fluren Eckenwald/Eggenwald: Aufnahme kontra Kataster
Es hätte mich sehr gewundert, wenn sich da in den letzten knapp 200 Jahren dermaßen viel getan hätte - das Gelände ist durchaus steil, an einer Stelle der “Waldweide” eine an die 50m hohe senkrechte Felswand.

Es geht nicht um die Frage der Einschätzung, sondern um das Wissen! Woher soll bei Deinen angenommenen 95 % Nutzwald Otto Normalmapper wissen, welches die restlichen 5 % “Urwald” sind. Dann wäre es in unseren Gefilden pragmatischer, “wood” und “forest” abzuschaffen und mit Mut zur Lücke sämtliche Waldfläche als “forestry” zu mappen. Na dann …

Ciao

tracker51

Deshalb hat dieser Thread hier ja damit begonnen, dass einmal eine amtliche Quelle angeführt worden ist. Von der Einschätzung weicht die ordentlich ab, so um den Faktor 7. Und von dem was in openstreetmap Daten steht, gleich um den Faktor 35.

Die Einschätzung wurde übrigens in einem andren Thread geäußert. Aber sie ist schon länger bekannt. Nop hat nur gezielt den Hebel hervorgehoben, den eine Einschätzung haben kann.

PS: Dass die Differenz so groß ausfällt ist freilich der Topographie der Stichprobe geschuldet. Andernorts kanns ja anders sein, also hier noch einmal die Frage: Wie ist das andernorts?

@Hungerburg

Dennoch bleibt die Frage, woher Otto Normalmapper die Zeit und die Daten hernehmen soll, um “forestry” korrekt zu mappen!

Hält für weltfremd

tracker51

Daher bin ich auch für: Waldfläche → natural=wood. Fertig.

Aktuell ist man gezwungen zu entscheiden: wirtschaftlich ungenutzter Wald (natural=wood) oder bewirtschafter Wald (landuse=forest). Das ist Käse.

Um die forestry-Grenzen können sich Leute kümmern, die davon Ahnung haben und Interesse daran haben. Genau das bewirkt das aktuell laufende Proposal, weshalb ich dafür gestimmt habe. Für mich wäre es eine Vereinfachung.

Ich finde das mit dem einfachen natural=wood eigentlich auch gut. Der Grund, warum ich gegen das Proposal gestimmt habe, ist, dass es m.E. nicht klar genug macht, dass diese forestry-Grenzen für den Normalmapper die absolute Ausnahme sind und wirklich nur zu setzen sind, wenn man exakt die Markierungen am Boden studiert. Durch die Einführung der forestry-Grenzen in einem Atemzug mit der Abschaffung von landuse=forest befürchte ich, dass die Leute anfangen werden, jedes einzelne landuse=forest bei uns durch natural=wood + forestry-Grenze zu ersetzen (“weil forest heisst ja bewirtschaftet und wo die Grenze ganz genau verläuft, kann ja später noch jemand anders eintragen”). Und auf die halbe Million zusätzlichen geschätzten Boundaries hab ich echt keine Lust.

Ist ein bisschen fies von mir, das Proposal abzulehnen, nur weil ich glaube, dass es “falsch benutzt” werden wird. Man könnte sagen: Da kann der Ersteller ja nichts für. Aber ich finde schon. Und ehrlich gesagt unterstelle ich dem Ersteller auch ein wenig, dass sein “boundaries nur mappen, wenn man sie wirklich on-the-ground beobachtet” ein Lippenbekenntnis ist, und dass es ihm gar nicht so unrecht wäre, alle landuse=forest in Deutschland mal mit einer geschätzten Boundary zu umgeben.

Da hätte ich weniger Bedenken, da spricht schon der Bammel des “Normalmappers” vor Relationen und dann auch noch vor Grenzrelationen dagegen.
Da werden sich kaum mehr Spezialisten als bei den Schutzgebieten engagieren und dort braucht man Relationen sogar nur in Sonderfällen.
Weltweit gesehen mag es Gegenden geben, wo die forestry-Grenzen sinnvoll gemappt werden können, in Mitteleuropa mMn weniger.
So wie ich das sehe, sind die landuse=forest-Verteidiger ja auch nicht an Grenzrelationen interessiert.

Genau das sehe ich auch als Problem, nur sozusagen “aus der anderen Richtung”.

Ich will keine zusätzlichen Relationen oder forestry-Grenzen, weil sie alles unnötig kompliziert machen. Trotzdem müsste ich genau das dann für fast jeden kleinen Wald tun, da alle anderen (einfacheren) Möglichkeiten, einen Wald als managed oder forstwirtschaftlich genutzt zu taggen, dann deprecated wären. Auch wenn ich die Grenzen vielleicht gar nicht exakt kenne. Oder habe ich da was übersehen?

Wir haben jetzt schon jede Menge Wald-Multipolygone durch landuse=forest. Ich denke das wird dann eher weniger als mehr.