Friedhöfe und deren Religion

Hallo,

ich habe festgestellt, dass (zumindest bei mir in der Ecke) viele kommunalen Friedhöfen eine Religion zugewiesen ist, obwohl diese aber ja konfessionslos sind.
Gleiches gilt auch für die Friedhofskapellen, da diese einen Place of worship darstellen.

Meine Frage: soll man bei beidem religion=none taggen um explizit die Religionslosigkeit abzubilden?

LG Martin

Es gibt religion=multifaith für Friedhöre, die keiner bestimmten Religion zugeordnet sind. Friedhöfe, die damit versehen sind, werden z.B. in der Standardkarte auch entsprechend mit einem neutralen Symbol (Grabsteine) dargestellt, anders als bei religion=christian (Kreuze) oder religion=jewish (Sterne). Das gleiche Zusatzattribut (religion=multifaith) kann man bei building=chapel auch verwenden.
siehe auch: https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Key:religion
religion=multifaith scheint mit in diesem Zusammenhang passender als religion=none zu sein.

so völlig neutral sind auch kommunale Friedhöfe nicht, die stehen trotzdem ziemlich in jüdisch/christlicher Tradition, auch wenn sie sich neutral sehen :wink:

Wenn man religion weglässt, kommen auch Grabsteine auf der Karte zum Einsatz.
Gerade mal nachgeschaut bei zwei Friedhöfen, der städtisch betriebene ohne religion-Angabe mit Grabsteinen, der evangelisch betriebene mit Kreuzen.
Im Prinzip ist es wohl eher eine operator-Angabe, weil ich kaum vermute, dass man die heute zahlreicheren Menschen mit abweichender Religion nicht begraben würde, aber dazu müsste man einen Blick in die jew. Satzungen werfen …

was ich meinte, z.B. gibt es im Hinduismus keine Grabsteine. Alleine schon der Gedanke, dass es einen Friedhof und einen Grabstein gibt, dazu noch eine Kapelle, ist in Deutschland dem starken christlichen Einfluss geschuldet.

Für mich gehört die Angabe einer Religion nur dann zu den notwendig zu taggenden Informationen, wenn es für den Benutzer Sinn macht, also eine religiöse Einrichtung die ich gezielt aufsuche, weil es einer bestimmten Religion zugehörig ist OK. Ein historischer Kirchhof um eine katholische Kirche herum ok. Ein historischer Judenfriedhof auch ok. Aber für alle kommunalen Friedhöfe definitiv nicht OK, da sie eben nicht explizit einer bestimmten Reloigion gewidmet sind. Ob sich nun einzelne … viele Angehörige bestimmter Religionen aufgrund eigener Vorstellungen von Bestattung ggf. andere Bestattungsplätze suchen, ist m.e. belanglos.

Erstaunlicherweise findet religion=no eine höhere Verwendung als religion=multifaith, es ist sogar im wiki als de-facto-tag erwähnt, taginfo sagt:

religion=none 190nodes 1675ways 65relations
vs.
religion=multifaith 211n 556w 15r

Der Punkt warum ich das Thema aufgreife: Es ist mir bei StreetComplete aufgefallen, dass auch für Friedhofskapellen als place-of-worship nach dem Religionstag gefragt wird, beim “korrekten” mappen landet dann multifaith dran, obwohl es der de-facto-tag ja eher die rechtliche Situation beschreibt…

Klar, weil das Tool nicht weiß, dass dieser place_of_worship eine “Friedhofskapelle” ist.

Insofern sollte man vielleicht einen Schritt zurückgehen:

Ist es denn überhaupt sinnvoll auf kommunalen Friedhöfen in Deutschland die zentrale Friedhofskapelle/Aussegnungshalle oder:
https://de.wikipedia.org/wiki/Trauerhalle
als place_of_worship zu taggen - um dies mit einem 2 Tag dann wieder zu relativieren?

+1. Ich sehe nicht, warum „normale“ kommunale Friedhöfe in Deutschland ein *religion=*-Tag bekommen sollten. Sicherlich zeigen sie (wie von Dieter zu recht betont wurde!) eine deutliche Prägung durch christliches Brauchtum, und sei das auch nur der Brauch, überhaupt Grabsteine zu setzen. Aber dieser Usus wird gerade wegen seiner Verbreitung nicht als christlich empfunden oder deshalb gewählt. Daher denke ich, dass religion= zumindest in Deutschland nur bei „besonderen“ Friedhöfen sinnvoll ist.

Das ist ein guter Punkt. Eine Aussegnungshalle, die von der Kommune betrieben wird, ist eine Örtlichkeit, in der Bestattungsfeierlichkeiten je nach den Wünschen der Angehörigen stattfinden. Dass die meisten davon einigermaßen christlichem Brauchtum folgen, manche anderen religiösen Bräuchen folgen und dass vielleicht noch ein Kreuz an der Wand angebracht ist, bedeutet nicht automatisch, dass es sich um eine richtige Andachtstätte handelt (mancherorts soll ja auch in Amtsstuben ein Kreuz an der Wand hängen ;)). Mir scheinen das eher kommunale, zweckgebundene Gebäude zu sein … keine Andachtsstätten. Und ja, ich sage das nicht, weil ich unchristlich wäre, sondern gerade, weil ich verwandt- und bekanntschaftlich viel mit Vertretern mehrerer Religionen zu tun habe ;). Diese fühlen sich in einer Aussegnungshalle nicht auf heimischem Boden, sondern empfinden diese meist deutlich als kommunale Einrichtung, die man eben benutzt, in der aber der städtische Mitarbeiter das Sagen hat und in der es weltlich zugeht.

Etwas anders sieht es aus, wo auf dem Friedhof eine richtige Kirche oder Kapelle steht, die auch von einer Kirchengemeinde verwaltet wird; das ist tatsächlich eine Andachsstätte.

Ich sehe also entscheidende Unterschiede (a) im operator – ist es die Kommune bzw. eine andere weltliche Einrichtung, oder ist es eine Glaubensgemeinschaft?, sowie eventuell (b) in der Nutzungsvielfalt – finden dort nur Trauerfeiern statt oder auch andere, eindeutig religiöse Veranstaltungen? Ein religiöser operator oder wenigstens eine gewisse Vielfalt religiöser Veranstaltungen sprechen für ein amenity=place_of_worship; wo aber ein weltlicher Träger vorliegt und auch ausschließlich Trauerfeiern stattfinden, ist amenity=place_of_worship nicht sinnvoll und daher dann auch religion=* unnötig.

Im Kern sehe ich das ganz genauso wie Andreas König + Chrysopras.

Der allen Normalsterblichen offene “kommunale Standard-Friedhof” in D benötigt KEIN religion=-Tag
und die dortige Trauerhalle ist KEIN place_of_worship
(und klar gibt es auch zahlreiche andere Fälle, jüdischer Friedhof, Friedhof und Kapelle eines christlichen Klosters, etc. bei denen ein Tagging bis runter zum denomination=
-Tag sinnvoll und angebracht ist)

Auf diesem Dorffriedhof z.B. hatte ich dies vor Jahren (trotz des eindeutig christlichen Bezugs im Ortsnamen “St. Ottilien”)
https://www.openstreetmap.org/way/184936998/history
auch schonmal geändert.

Unsere Dokumentation scheint mir da wenig hilfreich, vgl. auch diese deja-vu-Disk aus 2013:
https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Talk:Friedhofmapping#Friedhofskapelle.2FAussegnungshalle
Vielleicht gibt es jetzt und hier die Möglichkeit dies mal zu klären und zu verankern?

m.E. wenn es ein Kreuz an der Wand gibt, in einer Aussegnungshalle, dann ist religion=christian durchaus angebracht. Wenn dagegen auf spezifische Symbolik verzichtet wird, oder evtl. Symbole mehrerer unterschiedlicher Religionen verwendet werden, dann ist multifaith oder was in der Art passend.
Es gibt wohl keinen atheistischen Segen, oder wie seht ihr das?
Kreuze in Amtsstuben und Schulen sind ebenfalls christliche Symbole, wobei ich zugebe dass dadurch nicht unbedingt die Schule oder Behörde zur christlichen Behörde wird :wink:
In einer Kapelle oder Aussegnungshalle oder Andachtstätte etc. sehe ich das aber anders.
Kreuze in Schulen und Behörden sind eigentlich auch nicht ganz koscher, da ist die Trennung von Staat und Kirche nicht mehr völlig klar umgesetzt.

@dieterdreist: was die “Aussegnungshalle” anbelangt, ist dies in der Einleitung des von mir in #8 verlinkten Wikipedia-Artikels brauchbar formuliert:
“Im Hinblick auf kirchliche Bestattungen spricht man auch von einer Aussegnungshalle oder Friedhofskapelle, selbst wenn das Bauwerk nicht im Eigentum einer Kirche steht.”
(Aussegnungshalle ist dort Redirect auf Trauerhalle)

Wenn hier spitz- bzw. kreuzfindig argumentiert wird, “Da hängt (oder steht oder liegt) aber ein Kreuz an (oder in oder vor oder hinter) der Trauerhalle, das sollte dann auch auf die Karte”, dann wird das leider nix, mit einer vernünftigen im Konsens erstellten OSM-Dokumentation zum Mapping kommunaler Friedhöfe in D …

was soll denn an einem Kreuz spitzfindig sein? Das ist völlig klar ein Bezug aufs Christentum. Übrigens auch in den Amtsstuben, frag doch mal nach in Bayern :stuck_out_tongue:

Auf einem kommunalen Friedhof ist es wurscht, ob das Ding Aussegnungshalle heißt. Eine konfessionslose Trauer- oder Abschiedsfeier kann darin trotzdem stattfinden und auf Wunsch werden sogar religiöse Symbole abgehängt. Das kann man bei diversen Bestattungsinstituten nachlesen.

Im Zusammenhang mit Religion sollte man sich gut überlegen, was man schreibt. Koscher hat seinen Ursprung in den jüdischen Speisegesetzen (koscheres Fleisch, koschere Zubereitung usw.), auch wenn es mittlerweile Eingang in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch (nicht ganz koscher im Sinne von bedenklich) gefunden hat. Christliche Symbolik ist dann wohl eher per se nicht koscher. :wink: