De jure vs. de facto

Wie ist das bei admin boundaries geregelt? Welche Grenze ist bei verschiedenen Ansprüchen die (für OSM) gültige?

Bei der Serbisch-Kroatischen Grenze ist aktuell de jure für Kroatien eingetragen (Anspruch Kroatien). Für Serbien ist de facto eingetragen. Müsste es nicht für beide Staaten de facto sein (ground-Prinzip)?

de jure https://www.openstreetmap.org/way/597966823
de facto https://www.openstreetmap.org/way/464444239

Aktuell würde es beim Übereinanderlegen beider Staaten Überlappungen sowie Niemandsland geben. Ich glaube das kann nicht das Ziel sein.

Im Fall der deutsch-niederländischen Grenze ist es so, dass Deutschland und die Niederlande sich an der Stelle tatsächlich überlappen. Von daher denke ich, dass das bei SRB/HR auch ein gangbarer Weg wäre.

Edit: Ich sollte vielleicht besser präzisieren: Für beide Staaten ist jeweils die eigene Sichtweise eingetragen.

M.E. wäre es wünschenswert , beide Versionen zu haben und jeweils durch entsprechende Attribute zu kennzeichnen, wessen Grenzaufassung es ist, etc.

Das ist es ja bereits.

597966823: note=“De jure Croatia-Serbia border (Croatian claim)”
464444239: note=“De facto Croatia-Serbia border (Serbian claim)”

Ich gehe mal davon aus, dass es östlich der Donau keine kroatischen/EU- Grenzposten gibt, weshalb die “Serbian claim”-Grenze auch als de facto bezeichnet wird. Es ist ja OK, dass es die de jure-Grenze gibt, aber die ist eben auch nur de jure, existiert also nur auf dem Papier. Ich bin der Meinung, dass die Kroatien AL2-Relation auch die de facto-Linie haben sollte.

Bei der deutsch-niederländischen Grenze sehe ich das etwas anders. Bei beiden Grenzauffassungen ist nicht vermerkt, welche de facto ist, also sind beide de jure oder beide de facto. Das macht durch die EU-Zugehörigkeit beider Länder wahrscheinlich eh keinen großen Unterschied in der Praxis. Bei Serbien-Kroatien hingegen gibt es ja anscheinend einen Konsens über den de facto-Status.

Ein weiterer Gedanke, der mir gerade kommt: Was du als “de jure” bezeichnest, ist ja auch nur aus Sicht von Kroatien. Serbien hingegen hat eine andere Ansicht, was “de jure” ist bzw. was ihnen zusteht.

Korrekt.
De jure bezieht sich immer auf die Sicht einer Partei. Das de facto von Serbien impliziert gleichzeitig auch de jure (Serbien). Es gibt also zwei Parteien mit unterschiedlichen Sichtweisen und in diesem Fall hat sich in der Realität die eine Partei durchgesetzt/Fakten geschaffen.

I am Dutch, so, sorry, not in German:

The Dutch-German boundary up north in the Eems-Dollard area might not be that interesting to us, as the conflict is fully into the sea.

However: as of the natural gas, some kilometer below the sea surface, in a gas field crossing these disputed borders, there has been a dispute already since decades. Without (re)laying the ‘de jure’ border there has been agreement (‘de facto’) how to split the proceeds of the natural gas exploited there, from the same gas field…:slight_smile:

Je nachdem, wen man fragt … :sunglasses:
Ist Liberland schon ins Niemandsland eingetragen? :laughing:

Hallo. On the aerial flights on the larger magnification I see, that Serbia probably controls of the territory east of the Danube https://a3.geosrbija.rs/ (I see border zone) , up to Ilok. I wonder why there are still two boundaries visible? If it’s historical border for Croatia, maybe this claim boundary should be less visible https://www.openstreetmap.org/way/597966823#map=10/45.7330/18.9107 ? The disputed areas are any access from the Croatian side https://geoportal.dgu.hr/? This abstract shape of the border https://www.openstreetmap.org/way/597966823#map=10/45.5982/18.8676&layers=N results from the former course of the Danube riverbed? In my opinion, the map should show the actual state, not the course of the border on the Danube from 300 years ago.
I see it like that: Croatian claim, Serbian has this area in possession. I’m not a historian, so my approach to the topic may be wrong. As is really definitely the best local knowledge.

Automatic translation
Hallo. 199/5000
Auf den Luftflügen in der größeren Vergrößerung sehe ich, dass Serbien des Territoriums östlich der Donau kontrolliert wahrscheinlich https://a3.geosrbija.rs/ (sehe ich eine Grenzzone), bis zu Ilok. Ich frage mich, warum noch zwei Grenzen sichtbar sind? Wenn es eine historische Grenze für Kroatien ist, sollte diese Anspruchsgrenze vielleicht weniger sichtbar sein https://www.openstreetmap.org/way/597966823#map=10/45.7330/18.9107? Die strittigen Gebiete sind jeder Zugang von der kroatischen Seite https://geoportal.dgu.hr/? Diese abstrakte Form der Grenze https://www.openstreetmap.org/way/597966823#map=10/45.5982/18.8676&layers=N ergibt sich aus dem ehemaligen Verlauf der Donau Flussbett? Meiner Meinung nach sollte die Karte den tatsächlichen Zustand zeigen, nicht den Verlauf der Donaugrenze vor 300 Jahren.
Ich sehe es so: Kroatische Behauptung, Serbisch hat dieses Gebiet in Besitz. Ich bin kein Historiker, daher kann meine Herangehensweise an das Thema falsch sein. Wie ist wirklich das beste lokale Wissen.
Regards

Hier mal das offizielle, immer noch geltende Statement der Osm Foundation:
https://wiki.osmfoundation.org/w/images/d/d8/DisputedTerritoriesInformation.pdf

Gruss
walter

:smiley:

Kroatien sprach aber auch von “virtuellen Grenzverletzern”. Hmm, wenn Kroatien das Gebiet angeblich gar nicht beansprucht, wie kann es dann eine Grenzverletzung geben? Ich glaube die Kroaten sind letztendlich, irgendwie dann doch mit dem Serbien-Anspruch einverstanden.

Also de facto bleibt es beiderseitig de jure. :slight_smile:

Vielen Dank für den Link.
Ich denke dort steht eigentlich alles, was nötig ist für die Entscheidung:

*National borders are particularly sensitive. Currently, we record one set that, in OpenStreetMap
contributor opinion, is most widely internationally recognised and best meets realities on the
ground, generally meaning physical control. *

Ich denke, wenn man mit der Definition arbeitet, muss an beide Länder die de facto Grenze. Die de jure-Grenze kann ja weiterhin bestehen und wenn Mapnik das entsprechend darstellen würde (transparent oder gestrichelt), wären beide Seiten zufrieden.

„note“ sind Hinweise an andere Mapper, das mindeste wären „description“ tags (Hinweise an die Datenkonsumenten / Kartennutzer), aber eigentlich meinte ich einen maschinenlesbaren, formal definierten Weg, kein Freitext-Geschreibsel

OK, verstehe. Mir ist jetzt kein tag bekannt, der das abdecken würde.

Was wäre denn da praktikabel?

claim=yes
claim:party=Croatia|Serbia|… oder claim:ref=AL(2)-Relation-ID
claim:state=de jure|de facto
claim:description=…

müsste man mal gründlicher drüber nachdenken, aber sofern es zB ein place Objekt für das Land (bzw. Objekt) gibt, könnte man das z.B. als member in die boundary Relation übernehmen mit entsprechender Rolle, zB. claimed_by oder “version” oder so.

Zur Abwärtskompatibilität würde man die bisherigen Grenzen im tagging belassen, und die alternativen ggf. mit tags versehen, die klarmachen, dass es eine Mindermeinung bzw. nicht vor Ort antrffbare Version ist (und z.B. kein boundary=administrative sondern legal_administrative oder alternative_administrative oder so, damit man sie nicht aus Versehen rendert sondern nur wenn man explizit will)

Bitte nicht, ein de jure Attribut führt nur zu noch mehr Streit, und hat in der Praxis so oder so keine Bedeutung da Staaten völlig frei sind irgendwas zu behaupten.

wurde nicht letztens erst medienwirksam erklärt, das osm “mapping on the ground” auch bei grenzen betreibt. da ging es doch um china und einer der Spratly-Inseln die von china defacto besetzt ist. und ich denke mal bei kroatien und serbien die sich eine eu außengrenze teilen wird man doch bestimmt eine defacto grenze (luftbild) feststellen können. bei den beispiel (kroatien/serbien) halte ich zumindest “de jure”-grenzen für nicht angebracht.

Denke ich auch. Es sollte generell nur die de facto-Grenze als OSM-gültige Grenze genutzt werden. Bei Kroatien und Serbien geht es eigentlich nur um den Flusslauf der Donau. Kroatien besteht auf dem “alten”/historischen Flusslauf, Serbien geht vom “neuen”/begradigten Flusslauf aus. Ich sehe das in dem Fall wie die Serben, da die Grenze durch eine Wasserscheide definiert wird. Und wenn die sich ändert, ändert sich auch die Grenze. Aber meine Meinung ist da auch unerheblich. Entscheidend ist, was “on the ground” stattfindet und da ist die Grenze nunmal entsprechend dem neuen, begradigten Flusslauf.

Ich bin dennoch dafür, eine Möglichkeit für de jure-Grenzen bereitzustellen und damit eine klare Unterscheidung zu ermöglichen. So wie es jetzt ist, führt das nur zu Edit-Wars oder Situationen wie hier, wo die Grenze zu Überlappungen und Niemandsland führt, was einfach nicht der Realität entspricht.

Holland-Deutschland
Bei Holland-Deutschland habe ich durch den Hinweis von @Martin Borsje etwas nachgelesen. Der von ihm angesprochene Vertrag von 2013 beinhaltet auch eine Übereinkunft für eine de facto “Zuständigkeitslinie”, welche keinen Verzicht auf die bisherigen Ansprüche darstellt. Dadurch dass der Vertrag ein Staatsvertrag ist und es ein entsprechendes Gesetz dazu gibt, ist diese “Linie”/Grenze gültig und sollte imho bei OSM neu gezeichnet werden. Die beiden alten Grenzen würden dann einen de jure-Status bekommen.

http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/074/1807450.pdf

Kapitel II Art. 6 (Seite 13) beschreibt die Lage der “Linie”.

Das Problem gibt es woanders noch öfter: Zwischen Nepal und Indien z.B. ändern Grenzflüsse alle paar Jahre nach Überschwemmungen den Verlauf um hunderte Meter bis Kilometer. Beide Staaten reklamieren Grenzverläufe von vor vielen Jahren für sich, maßgebend (de facto) ist aber die “line of control”, die aktuelle Flussmitte. Die kann sogar in OSM falsch eingetragen sein, wenn kein neueres Luftbild verfügbar ist und der Fluss inzwischen schon wieder sein Bett verlegt hat.

Klar sind die Staaten frei, alles mögliche zu behaupten. Manche beanspruchen z.B. auch mehr als die 12Seemeilen exklusive Nutzung der Bodenschätze im Meer, und wo die Basislinie verläuft auf deren Grundlage die Seegrenze festgelegt wird, bestimmen auch die Staaten selbst (AFAIK). Allerdings untergraben sie ihre eigene Glaubwürdigkeit und machen sich lächerlich, wenn sie komplett abstruse Forderungen aufstellen. Ich würde die Claims auch nicht unbedingt auf der Standardkarte darstellen (vielleicht schon), aber in den Daten wären sie auf jeden Fall interessant, und überprüfbar sind sie auch.