Grundlegende Probleme von OSM

Angeregt von diesem Artikel würde ich gerne mal eine Diskussion darüber anstoßen, was elementare Probleme von OSM sind, sowie wie diese Probleme evtl. in anderen Kartenprojekten angegangen werden.

Eine ganze Liste an Problemen steht ja schon im obigen Artikel, aber ich würde gerne noch ein paar Punkte hinzufügen:

  • Adressen werden als Text angegeben - Ändere ich einen Straßennamen, muss ich jede Adresse in dieser Straße ebenfalls ändern. Ja, dass es associatedStreet gibt, ist mir bewusst. Das wird aber nur relativ selten eingesetzt und ist auch keine optimale Lösung, da sehr schwer wartbar.

  • Probleme in mehrsprachigen Gebieten - Wir können zwar name:xx angeben, aber auch in Gebieten mit zwei oder mehreren offiziell zu 100% gleichberechtigten Amtssprachen muss immer noch der Standard-“name”-Tag gesetzt werden. Und da steht dann eben eine Sprache zwangsweise vor der anderen, womit ich eine politische Entscheidung treffe. Google Maps hat beispielsweise keinen “Standardnamen”, da wird bei jedem Namen mit angegeben in welcher Sprache er ist, zudem wird auch erfasst, welche Sprachen wo offiziell sind.

  • Adressen sind der Schwachpunkt bei OSM-Daten - Zum Navigieren sind Adressen extrem wichtig. Gerade das ist jedoch der große Schwachpunkt der OSM-Daten. In Deutschland sieht es hier zwar vergleichsweise gut aus, auch wenn die Adresserfassung hier ebenfalls nicht ideal ist. In anderen Ländern ist es hingegen katastrophal. In London oder Rom sind selbst im unmittelbaren Stadtzentrum kaum Adressen erfasst.

Was könnt ihr noch so aufzählen?

Ich bin v.a. erstaunt bis amüsiert über den zitierten Blog-Artikel, der neben ernsthaften Problemen viele eher kuriose Vorwürfe aufzählt. V.a. die darin zuerst genannten Probleme (wie „When the World Needs a Map, Give them a Database“) sind zwar sehr einleuchtend für jeden, dem OSM fremd ist, werden aber mit etwas tieferer Kenntnis von OSM eher fragwürdig. Dasselbe gilt z.B. für Vorwürfe wie „Imports are Difficult“ (Gott sei dank sind sie schwierig, denn voreilige Importe haben OSM schon sehr geschadet!) oder „A Bad Geocoder“ – wer Nominatim schlecht findet, soll einfach mithelfen, es zu verbessern, entweder mit Coding oder mit Testen oder mit Spenden. Auch seine Behauptung, die Changeset-Kommentare seien misslungen (“it was a mess”), ist einfach abwegig – wir benützen hier die Changeset-Kommentare doch recht konstruktiv.

Vielleicht sollte man diesen Blog-Artikel also nicht allzu ernst nehmen. Der Autor hat es nicht geschafft, sein Blog zu konfigurieren (siehe die Hinweise wie „You can add links in your config file“, „Another social link“, „You can modify those links in your config file“ etc. in der Leiste rechts), ebenso scheint er trotz seiner am Artikelanfang recht selbstgefällig ausgebreiteten OSM-Erfahrungen auch bei OSM nie so ganz durchgestiegen zu sein. (Disclaimer: Ich behaupte keineswegs, dass ich bei OSM so ganz durchgestiegen wäre – ich bin nur ein einfacher Mapper – deshalb hüte ich mich aber auch davor, Artikel mit großsprecherischen Überschriften wie “Why OpenStreetMap is in Serious Trouble” zu schreiben.)

Es ist aber natürlich richtig, dass manches in OSM anders oder sogar besser sein könnte. Lasst uns also in Ruhe über echte Probleme reden und wie man sie verbessern kann; Alarmitis (wie in dem zitieren Blog-Artikel) hilft OSM dagegen wohl kaum.

Mhh großteils kann man ihm zustimmen finde ich

überhaupt das:

und das

Dafür werden mich manchen wsl gerne in der Hölle schmoren sehen, aber ich halte dieses “OSM ist eine Database” Geschwafel nicht lange aus. Da werden Daten hinein gepumpt, quasi alles, bald werden wir noch die Kantenlänge des Kopfsteinpflasters eingeben, weil für irgend jemanden könnte es irgendwann interessant sein… Dass auf der anderen Seite ein Großteil der Basics noch nicht mal funktionieren oder überhaupt gezeichnet sind, ist egal.
Evt würde ein Schritt zurück gut tun und sich als Kartenanbieter definieren/aufstellen. Hand aufs Herz 90% (wenn nicht mehr) der User verwenden OSM wegen der Karte und nicht wegen der Database im Hintergrund aus der sie jede Woche ihre Spezialdaten abrufen…

Was mich an der Darstellung von OSM nach außen am meisten stört, ist die „Hauptkarte“ (wir nennen sie halt so) auf osm.org. Sie bildet halt nur einen winzigen Bruchteil von dem ab, was OSM leistet – und immer wieder muss man mit dem Irrtum aufräumen, diese Karte sei das eigentliche Produkt von OSM und direkt mit dem entsprechenden Endprodukt von Googlemaps vergleichbar.

Ich würde mir dort eine Karte mit unterschiedlichsten Layern wünschen, die der Besucher ganz nach Belieben zu- und abschalten kann. Ähnlich wie die POI-Karte, aber noch breiter gedacht. Große Straßen, kleine Straßen, Wälder, Gewässer, Bahnlinien, Tracks, Radwege – das könnte alles individuell schaltbar gemacht werden.

Dann die Beschriftung der Karte! Welchem Mitteleuropäer ist mit einer ausschließlich arabisch beschrifteten Ägyptenkarte genützt? Die Labels müssten auch ein eigenes Layer sein, das sich zwischen Sprachen umschalten lässt. Politisch umstrittene Gebiete ließen sich wahlweise in der einen oder anderen Sichtweise darstellen, damit wäre OSM neutral. Das wäre ein interessantes Nebenthema.

Dann denken wir an die Vielfalt der POIs, die in OSM erfasst sind. Wir könnten die Anzeige von POIs sogar davon abhängig machen, welche gerade geöffnet sind und welche nicht. Wäre das nicht ein umwerfender Nutzen einer Online-Karte?

Aber nein, wir pflegen die immergleiche statische Karte, die ihren schmalen Zweck erfüllt, einen Überblick zu bieten, aber mehr halt auch nicht, und doktern nur kosmetisch daran herum, indem wir für Wälder ab und zu mal einen blasseren Grünton wählen.

Wir ziehen uns dann gern hinter die Feststellung zurück, OSM sei kein Kartendienst, sondern nur eine Datenbank, auf die Kartendienste zurückgreifen können. Das stimmt ja auch fast (ganz stömme es, wenn wir gar keine Karte präsentierten), aber wieso ändern wir das nicht und machen einen auf? Die Datenbank-Idee ist vielen Nutzern zu abstrakt. Die wollen keine Datenbank, die wollen auch kein overpass, die wollen eine Karte. Ich wäre sehr dafür, den Satz an „Beispielen“, als den sich die Karten auf osm.org ja verstehen, zu einem Kartendienst auszubauen, der zeigt, was OSM im Vergleich zu anderen kann. Weil Otto Normal halt einen Kartendienst erwartet und keine Geodatenbank.

Es gibt schon viele interessante Auswertungen, aber die sind so versteckt, dass sie niemand findet. Ich denke an die Waymarked-Trails-Karte, an die POI-Karte, an Walters Boundaries- und PLZ-Darstellungen. Wenn wir das irgendwie auf die OSM-Hauptwebsite bekommen statt es da zu hosten, wo Otto Normal es nur nach mühevoller Suche findet, wäre schon einiges gewonnen, dann würde jeder Besucher der OSM-Website sehen, was für ein interessantes, vielseitiges Projekt das ist.

TL;DR: Möglicherweise ist das personell oder finanziell nicht machbar. Dann gestattet mir wenigstens das Träumen davon.

–ks

Ja, volle Zustimmung! Das wäre doch ein konstruktiver Ansatz. Auch die OpenTopoMap wäre mMn ein heißer Kandidat. Was steht einer solchen Ausweitung der Rendering-Angebote und Services auf www.osm.org denn entgegen – außer finanziellen bzw. Resourcen-Problemen?

Und das ist im Zeitalter von AWS, Google Cloud Computing, Digital Ocean und wie sie alle heißen auch nicht mehr so ein Großes.

Finanziell muss es halt gesichert sein, wobei man hier als OSM vielleicht gleich für mehrere Jahre zuschlägt und den Preis drückt, bzw ist am Beginn schon bekannt wie viel man bezahlen muss. Netflix, UBER, etc laufen auch auf solchen Server.

Ich denke dieses Problem wird nur lösbar sein, wenn wir uns von statischen vorgerenderten Tiles verabschieden. Es gibt so unglaublich viele Anwendungsfälle, die man einfach nicht alle vorrendern kann. Die Technologie dafür (Vektortiles) gibt es ja schon und meist wären die Daten dafür sogar schon in OSM vorhanden.

Und unabhängig davon ist OSM.org wirklich kein besonders tolles Aushängeschild für das Projekt. OSM braucht eine Art Demonstration / Musterbeispiel dafür, wie mächtig die ganze Datenbank ist. Und das gibt es halt nicht. Verglichen mit Google Maps, HERE, Yandex/Apple/Bing Maps wirkt die Karte auf OSM wie aus der Zeit gefallen und ehrlich gesagt auch nicht besonders schön. Da ließ sich Google Maps vor 14 Jahren bereits besser bedienen…

Das Standardargument ist dann immer, OSM ist die Datenbank, bau dir doch deinen eigenen Service. Da steigen aber 99,9% der Leute aus. Ich bin mir absolut sicher, Wikipedia hätte den Markt für (Online)-Enzyklopädien niemals so umgekrempelt, wenn man gesagt hätte “Wikipedia ist in erster Linie eine Datenbank, bau dir doch deine eigene Wiki-Software”.

Hier scheinen ja einige an “OSM-Vergiftung” zu leiden. Aber diskutiert mal ruhig weiter. Bei dem gegebenen Abstraktionsgrad wird garantiert keinerlei Verbesserung erzielt.

Man muss die Probleme auch erstmal beim Namen nennen bzw. überhaupt erst als solche erkennen, bevor man sie lösen kann… Es gibt Dinge, besonders was grundlegende technische Details/Datenstrukturen angeht, die zum jetzigen Zeitpunkt wohl nicht mehr geändert werden können.

Die OSM-Startseite ist aber z.B. ein Problem, dass man realistisch angehen bzw. verbessern könnte.

Siehe http://lists.openstreetmap.ch/pipermail/talk-ch/2018-February/004660.html

@emga cloud basierende Dienste sind wirklich interessant wenn man sie meistens nicht braucht, ein Zustand der bei OSM nicht wirklich vorkommt, braucht man sie tatsächlich so wird es teuer, sogar richtig teuer. TANSTAAFL

Auf was läuft osm jetzt? etwa nicht auf server? Server kann man mieten, ich hoffe für osm das sie keine eigenen gekauft haben, obwohl das die zum teil langen ladezeiten erklären würde.
OSM muss keine Cloud aufbauen aber kann sich ja leistungsfähige Server von oben genannten mieten, sie wie viele Firmen.

Also wie jetzt: gekaufte Server sind langsam, gemietete Server sind schnell? Woher kennt der Server das Bezahlmodell, unter dem er läuft, damit er weiß, ob er grade langsam machen soll (weil gekauft) oder nicht (weil gemietet)?

Entweder Vektortiles oder separate Sätze von transparenten, miteinander kombinierbaren Pixeltiles. Dass wir keine fertigen Einebenen-Tiles für alle denkbaren Kombinationen vorhalten können, ist klar.

–ks

gekaufte, also wenn ich mir als Firma welche kaufe und in einen Raum stelle sind langsam da sie meist alt sind, logisch, da teuer kann ich sie nicht oft austauschen, gemietet ist schnell, da ich den Punkt der Instandhaltung abgebe (outsource) wie beim Mietauto, was für eines bekommst du einen 10 Jahre alten Golf oder einen neuen Golf? Eben.

Man darf seinen Kopf benützen…

Die Frage bleibt offen, auf was läuft osm jetzt?

Ich pfermute, gekaufte Server haben eine längere Nutzungsdauer (nämlich bis sie auseinanderfallen, es soll sich ja gelohnt haben) und sind daher statistisch älter als Mietserver, weil der Vermieter weiß, dass er für alte Hardware kein Geld bekommt.

–ks

korrekt!

Ich sehe da haben sich sowohl ein Finanz- und Computerprofi gefunden, was will man auch mehr …

Ohne dir zu nahe treten zu wollen, erlaube mir den Hinweis, dass die Google-Suche allen Unkenrufen zum Trotze doch recht leistungsfähig ist und findet mit den Suchbegriffen “openstreetmap hardware” u.a. die folgende Seite: https://hardware.openstreetmap.org/

Nachtrag: Es sei der Hinweis gestattet, dass die OSMF aktuell auf der Suche nach einem neuen Datacenter ist https://blog.openstreetmap.org/2018/02/19/osmf-request-for-proposals-data-centre-2018/ Da kann man ja mal Vorschläge machen, nich? :laughing:

Meiner Meinung nach sollte openstreetmap.org auch auf einer ähnliche Seiten starten wie

http://www.openstreetmap.de/

Dort aufzeigen was OSM alles “könnte”.

OSM läuft auf eigenen Servern. Die sind zum Teil relativ “dick”, sowas kriegt man nicht so leicht zu akzeptablen Konditionen gemietet. Der letzte, der gekauft wurde, hatte 7x2 TB NVMe + 2x 400 GB SSD und 256 GB RAM. Unsere Sysadmins holen halt überall noch das letzte raus und bauen notfalls auch selber an den Kisten rum. Wir haben mal überschlagen, wie es wäre, wenn man den gesamten OSM-Hardwarebedarf mit einer typischen Cloudlösung a la “AWS” abdecken wollte, und da kommt man grob auf 4x so hohe Kosten bei vermutlich eher mäßiger Performance und natürlich wesentlich schlechteren Eingriffsmöglichkeiten im Problemfall.

Was die Frage “mehr Map-Styles auf der Startseite” betrifft, so gibt es hier eine Faustregel für neue Layer, die von Dritten auf deren eigenen Servern betrieben werden: https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Featured_tile_layers/Guidelines_for_new_tile_layers - für den Einbau neuer Styles direkt in die OSM-eigene Rendering-Plattform ist vermutlich das Problem, dass das dann vom Datenbankschema immer genau zu dem passen muss, was der Standard-Carto-Style auch braucht, bzw. man sich auf etwas einigen muss, das für alle geht.

Bye
Frederik