Community manager / Ehrenamt fördern?

Hej,
in dem Tread von Nakander (wo es um die Vorstandswahlen geht) hat sich meines Erachtens eine interessante Diskussion entwickelt, den ich gerne in diesen speziellen Tread auslager würde.

Was ich merke, ist das im OSM Umfeld das kümmern um Mapper immer gleich mit “Hierachie” und Einschränkungen verbunden wird.

Ich selbst habe meinen beruflichen Hintergrund in Freiwilligenorganisationen und bin immer wieder davon irritiert. Ich möchte nur mal anmerken, dass es eine solide und erforschte Wissenschaft gibt, die aufzeigt wie Freiwiligenprojekte sich entwickeln können, wie man gewisse Entwicklungen verstärken kann und was für Wegwahlen es gibt.

Nach meiner Meinung lohnt es sich, zu akzeptieren das (einige Teile von) Openstreetmap ein Hobby ist - also auch der soziale Aspekt eine wesentliche Rolle spielt. Es macht doch Sinn, unterschiedliche Interessen zu beobachten und Lösungen zu suchen, wie alle befriedigt werden können. Nehmen wir als Beispiel das “Tagging für den Renderer”: Technisch ist es unerwünscht, dass Menschen das Bedürfniss die Wirksamkeit ihres Handelns auch zu sehen, durch Missbrauch von gerenderten Tags befriedigen. Das “Taggingen für den Renderer” macht viel Ärger. Aber das Ändert ja überhauptnix an der Berechtigung des dahinterstehenden Bedürfnisses: Auch zu Erleben, dass das eigene Handeln eine Wirkung hat.

Ich jedenfalls finde, dass die Frage “wie entwickeln wir das Ehrenamt innerhalb der Openstreetmap” eine wichtige Frage ist - die ersteinmal mit einer Bestandsaufnahme und Diskussion um mögliche Entwicklungspfade beginnen muss.

Nach meiner Meinung ist es auch wichtig, Openstreetmap als Ganzes im Auge zu behalten. Ich glaube, dass Openstreetmap in Deutschland einen “Knackpunkt” erreicht hat, wo die Daten so gut sind, dass es sich für Firmen lohnt zu Openstreetmap beizutragen so dass echte win-win Situationen entstehen.

In Schweden - wo ich mappe - sehe ich das nicht. Schaut man auf Pascals Länderauswertungen, bin ich immer wieder überrascht, woher die Beiträge stammen und wieviele Lücken es gibt - und wie wenig die Daten daher in diesen “postiven Verbesserungsstrudel” geraten können.

Dass es nun Menschen / Gremien und Instrumente geben kann, die sich Fragen stellen: “Wie entwickeln wir die Openstreetmap” strategisch, so dass sich die Mapperbasis verbreitert? sehe ich als kein Problem.

Es tauchen immer wieder gute Ideen auf: In Schweden sind z.B. die Jäger als “Kartierungsnahe Gruppe” identifiziert - weil Sie sowieso ständig Garminkarten ergänzen, um sich im Gelände orientieren zu können. Wenn nun die Community die Möglichkeit hätte, hier Gespräche mit den Jägercommunityvertretern zu führen könnte man spannende Entwicklungsprojekte anstossen und so diese win-win Situationen zu schaffen. (Beispielsweise strukturierte Medienarbeit, vielleicht angepasste Versionen von Editoren, einfache Kartengeneratoren a la Nop etc)

Bisher enden solche Ideen immer in einem “mach mal” - wobei von vorneherein klar ist, dass es für Einzelpersonen zu viel ist und sie auch das know-how brauchen.

Insofern verstehe ich nicht, wieso die Frage “sich strategisch um die Neurektrutierung von Mappern kümmern” immer die Tendenz hat, mit “Hierachien” gleichgesetzt wird.

Das Problem imho ist, dass es vermeintlich unvereinbare Positionen unter den Mappern gibt. Auf der einen Seite z.B. “Ich will keinen Chef, der mir in meinem Hobby sagt, was ich tun soll.”, wie Nakaner heute schrieb und auf der anderen Seite die Befürworter von einer richtungsgebenden Instanz (Gold-Tagging-Standard etc). Da diese Gruppen nicht fassbar sind, es also kein Gremium oder ähnliches gibt und sie auch größenmäßig nicht bekannt sind, ist ein Kompromis kaum möglich. Die OSMF ist zahlenmäßig und auch strukturell nicht geeignet, einen Querschnitt der Mapper abzubilden und irgendwelche, die Mapper treffende Entscheidungen zu fällen. Jeder der sich da als Community Manager (ehrenamtlich) engagieren will und wie von Dir vorgeschlagen bestimmte Ziele/Entwicklungen verfolgt, wird sich in die Nesseln setzen.
An Bestandsaufnahmen bzw. Diskussionen mangelt es übrigends nicht. :wink:
Bisher funktioniert der Laissez-faire Ansatz recht gut, aber ob das auch für die Zukunft gilt, wird sich zeigen.
Die zunehmende (wirtschaftliche) Bedeutung von OSM, die Du in Deinem Post auch ansprichst, erhöht die Anziehungskraft auf Leute, die nicht dem alten Mapper-Stereotyp entsprechen. Da die weniger mappen und mehr “gestalten”, werden wir wohl irgendwann mal Auswirkungen davon spüren. Die Themen Gender und Code of Conduct werden ja gerade eifrig diskutiert. Und diese Dinge, und nicht nur die genannten, erfordern mehr Durchsetzungsfähigkeit, als sie momentan vorhanden ist. Je nachdem wie die Wahl ausfällt, ändert sich das vielleicht bald und wir bekommen dann einen "Gender Community Manager*in " :wink:

Da sieht vermutlich auch niemand sonst ein Problem.

Natürlich geht es um die Diskussion bei der OSMF nicht wirklich um das, sondern eben doch darum ob OSM von oben herab gesteuert werden soll oder nicht. Einerseits sieht jeder mit ein bisschen wirtschaftlichen Interesse einen grösseren Vorrat an Gratisarbeitskraft die nur richtig gesteuert werden muss, und anderseits sehen Leute Jobs für sich in genau das zu ermöglichen.

“Gute Ideen” sind sehr billig, und im OSM Umfeld kannst du eigentlich davon ausgehen, dass das jede “Gute Idee” schon 10-mal vorgebracht worden ist. So zum Beispiel Zusammenarbeit mit Gruppen bei denen es Synergien, gleichgelagerte Interessen etc gibt, machen wir (die SOSM) natürlich schon, und neben den einzelnen Mappern, die das eh schon machen, ist das eine klassische Aufgabe von lokalen OSM Organisationen.

Software Entwicklung braucht Zeit, sprich entweder opfert jemand seine Freizeit oder man bezahlt. Es ist schon seit Jahren klar, dass wir im wesentlichen das Potential ausgeschöpft haben an Leuten die bestehende Projekte und Infrastruktur pflegen und weiterentwickeln. Es ist halt schon viel attraktiver was Neues zu machen für ne Weile, als die Aufgaben zu machen die nicht so im Rampenlicht stehen. Es hilft dabei auch nicht, dass die einzige Gruppe die im grösseren Stile SW-Entwicklung bezahlt im OSM Umfeld (HOT) sich konstant weigert irgendwas an der zentralen Infrastruktur zu verbessern .

Simon

Ich glaub, das kommt von dem Wort “strategisch”.

Das klingt für mich und vermutlich auch viele andere so, als ob jemand sich nicht selbst die Arbeit machen will, sondern sich darüber Gedanken machen, wie andere die Arbeit machen sollen.

Das heisst, man muss entweder irgendwie anfangen, mit Geld um sich zu werfen, damit man bezahlte Arbeitskräfte herumkommandieren kann, oder man schafft sich irgendwie eine Hierarchie von Freiwilligen.

Sicherlich kann es auch andere Bedeutungen geben für das Wort, aber OpenStreetMap zieht schon seit Jahren bei fast jeder Vorstandswahl ein paar Kandidatinnnen und Kandidaten an, bei denen man den Eindruck hat, die wollen eigentlich hauptsächlich später im Lebenslauf stehen haben, wie sie bei OSM das Steuer herumgerissen und strategisch Leadership bewiesen haben. Dass es OSM ist, ist dabei total sekundär; das sind generische Managertypen, die könnten genausogut Leadership bei Ärzte ohne Grenzen machen oder bei Microsoft. Das sind so Typen a la “meine Lösung sucht ein Problem”.

Das ist meine Assoziation mit “strategisch”.

“Community Manager” ist auch so ein Wort, das findest Du hauptsächlich bei Unternehmen, die irgendwie freien Content von ihren Kunden (die sie “Community” nennen) abzocken. Die halten dann die Leute bei Laune und verschenken ab und zu mal einen Luftballon, damit Aufmerksamkeit und Content weiter fliessen. Ich könnte mir schon vorstellen, dass man bei OSM der Community manchmal ein bisschen auf die Beine helfen kann, aber bitte nicht von jemandem, der vorher in der Wirtschaft “Community Manager” war.

Bye
Frederik

Hi, der ursprüngliche post greift vielleicht etwas zu kurz und mir ist auch nicht ganz klar was das eigentliche Ziel ist (ex. Mapper besser einbinden / neue Mapper gewinnen, …).
Ähnlich wiewoodpeck/Frederik mag ich das Wort “strategisch” auch nicht unbedingt und sehe da immer die Gefahr des Aufblähens wie Wikipedia, wo gefühlt durch Organisatoren wenig konkretes am Primärprojekt passiert (mehr Beitragende, bessere Artikel, …) aber eben deutlich Verwaltungskopf ausbildet. Auch da passieren trotzdem spannende Dinge (wikidata, Fotoshootings …), nur neue Autoren lassen sich trotzdem schwer finden.

Meine banale Erfahrung ist: Fang wirklich selbst (klein) an und nimm dir nicht zu viel vor. Wenn andere das gut finden, was du machst, werden sie dir helfen, dich unterstützen und “nachamen”. Was gut ist setzt sich durch. Das ist auch bei der Gewinnung von neuen Beitragenden nicht anders. Stecke dir keine konkreten Ziele (Zahlen), sondern mach was dir Spaß macht (Auftritte auf Konferenzen / …). Aber, hab bitte auch keine zu hohen Erwartungen an Wirkung, denn in der Werbung spricht man ja oft von der 1%-Rücklaufquote.

Übrigens gibt es solche Aktivitäten durchaus bei OSM, nur eben typisch dezentral und chaotisch. Wir haben Stammtische & Mapping-parties, Leute im wikiteam, im blog, im presseteam, sowie SIGs für Wissenschaft, Katastrophenschutz, öffentliche Verwaltung, … und natürlich lose Grüppchen mit Leidenschaft für spezielle OSM-Objekte (Eisenbahn, Schiffahrt, 3D, …). Dort überall können Leute andocken und tuen das aus meiner Erfahrung auch.
Kurzum: allen Unkenrufen zum Trotz (diversity, Verbindlichkeit vs. Chaos, …) ist das derzeit offenbar nicht missionskritisch (Daten werden erfasst und gepflegt) und es gibt nach wie vor ein breites Spektrum an Leuten die von der Idee hinter OSM begeistert sind und sich ihrem Ort verbunden fühlen.

+1 woodpeck
+1 !i!

Dem kann ich mich nur voll anschließen

Der Absatz von !i! hat mir besonders gut gefallen, weil er auch meinen Intensionen entspricht.

Leider musste ich aber feststellen, dass es schon lange selbesternannte kleine “Communitymanager” gibt. Wenn man sich so manche Änderungssatzkommentare ansieht, kommt einem da der Kaffee hoch.

Da werden Communitymitglieder massiv unter Druck gesetzt ihre Änderungen zurückzunehmen oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu ändern. Es werden Taggingschemas zur alleingültigen Lösung erklärt und das WIKI zum Gesetz erhoben, an das sich gefälligst alle zu halten haben. Das Mapping für Router und Renderer ist fast schon Selbstverständlichkeit.

Ich will jetzt nicht sagen, dass ich das WIKI und Taggingschemas völlig ignoriere. Ich orientiere mich daran, nehme es aber nicht als alleingültiges Mantra. OSM ist für micht ein interessantes und nützliches Hobby, das mir bis jetzt auch noch Spaß macht. Und ich wünsche mir , dass das auch so bleibt.

Sollte sich das Projekt aber weiter in Richtung Kommerzialisierung und vom Laissez faire Ansatz wegentwickeln, habe ich zum Glück noch ein, zwei andere Hobbys auf die ich dann meine Aufmerksamkeit legen kann. Dieses Projekt lebt von vielen Mappern, die nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen und die sollte die OSMF fördern und unterstützen und nicht managen.

Gruss

OSM-ESA

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Mit der FOSSGIS als lokales OSMF Chapter ist ja evtl. im kommenden Jahr etwas mehr Schwung möglich https://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?id=60729

Du bringst nun ganz genau mein Fragezeichen auf den Punkt.

Ja - natürlich ist es richtig, dass ich mir “Gedanken darüber mache, wie andere die Arbeit machen sollen” - das aber in einem gesellschaftlichen Kontext. Natürlich finde ich, dass der Ansatz offener Daten und die Idee durch Kooperation etwas grösseres als das Teilprojekt zu erschaffen, ein ganz grundlegender Wertegrund sind.

Ich finde es daher ausgesprochen gut, wenn Menschen anfangen, sich Gedanken zu machen. Wenn ich hier beispielsweise merke, dass ein kleiner Verein anfängt, Badeplätze in Googlemaps zu mappen, gehe ich da hin - nicht um zu sagen, wie sie es tun sollen, sondern um Fragen zu wecken. Ganz höre ich dabei die Botschaft “ist ja toll! Wir haben uns auch schon gefragt, ob wir wirklich mit der einen Karte zufrieden sind”… Dabei ist mir eigentlich egal, ob die Daten tatsächlich in der Openstreetmap landen, ich möchte als Gesprächspartner zur Verfügung stehen und Möglichkeiten aufzeigen. Und wenn dann mündige Entscheidungen dagegen getroffen werden: Auch gut. Genau das Akzeptieren mündiger freier Entscheidungen unterscheidet meines Erachtens strategisches zivilgesellschaftliches Handeln von strategischem wirtschaftlich Handeln.

Ja klar, ist es dann strategisch, diese Erfahrungen zu sammeln und zu systematisieren und von guten Beispielen zu berichten. Es wäre strategisch, nicht nur für das Erleichtern des Beitragens (wie z.B. beim editor-ID) sondern auch für Arbeitshilfen, Flugblätter und andere Dinge, die dem einzelnen vor Ort helfen können, nach externer Unterstüzung zu fragen.

Tja, wenn jede gute Idee schon 10mal geäussert wurde, frage ich mich, warum ich davon nix mitkriege? OSMweekly jedenfalls hat fast nie Meldungen a la “Mapper X hat bei Xverein einen Vortrag gehalten”, die ich in irgendeinerweise adaptieren könnte. Gleichzeitig erlebe ich, wie sehr viele Menschen solche Ideen entwickeln… (EDIT: Kein Vorwurf gegen die tolle Arbeit der Wochennotitz - nur eine Bestandsaufnahme, dass das Thema für mich nicht viel diskutiert wird).

Und was mich an Deiner Äusserung am meisten erstaunt ist der Gegensatz. Es gibt etwas was ich im weitesten Sinne als “Bildung” bezeichnen würde. Man kann die Idee haben, das es sinnvoll und nützlich ist, in der Gesellschaft gewissen Fragen zu wecken - ohne gleich ergebnisorientiert irgendetwas “erreichen zu wollen”. Wenn sich Menschen mit den Fragen beschäftigen (etwa: mit wem teile ich meine Kentnisse?) werden sich auch Menschen für das interessieren, was wir tun und als mündige freie Menschen an einem Kooperationsprojekt mitarbeiten. Denn Openstreetmap ist ein offenes Kooperationsprojekt zu dem die Idee einer “Freiwilligenarmee” meines Erachtens garnicht passt.

Die menschliche Zivilisationsgeschichte baut schliesslich auf diese Möglichkeit zu sozialen Interaktion.

Weil ich dieses Ideal habe finde ich ja auch die Idee, das ein communitymanager eine hierarchische Funktion hat, so abwägig. Für mich ist das eher ein Bildungsreferent (oder wie heisst das auf neudeutsch? socialknowledgemanager?)

Hallo,

auch wenn es vom Thema abdriftet.

Ich persönlich habe das als Redakteur auch nicht als Vorwurf verstanden. :wink: Es eine Vortragssammelseite im OSM-Wiki, aber wenn die Leute weder dort noch auf anderen Kommunikationskanälen über sich berichten, erfahren wir weder davon noch können wir es dann verlinken. Meine Vorträge sind im Wiki.

Viele Grüße

Michael