Mapping von Bewässerungen

Hallo,


Bild: Tröpfchenbewässerung in einem Weinberg

es ist heiß und (auf Schwäbisch würde man sagen) furztrocken zur Zeit (zumindest in Baden-Württemberg). Da bei uns im Ort schon seit Wochen die letztes Jahr installierte Bewässerungsanlage 24/7 die Weinberge automatisch bewässert, kam mir die Idee, dass man das doch mappen könnte. Mit der Idee bin ich nicht allein. In OSM sind schon laut Taginfo zwei Tags für die Bewässerung in Gebrauch, für die keine Doku und fast keine Diskussion aufzufinden ist:

irrigation=yes wird an Kanälen und Rohrleitungen bewässert, die Wasser zur Bewässerung transportieren. Es wird u.a. in Spanien und v.a. der Türkei verwendet. Es wird an 1456 Ways und 3 Nodes verwendet. Es tritt in folgenden Kombinationen auf 1445 waterway=, 1353 source=, 488 layer=, 442 tunnel= und weitere Tags. landuse=* nur sieben Mal.

irrigated=* wird an landwirtschaftlichen Nutzflächen landuse=farmland/vineyard/orchard/… verwendet. Es wird 4367 Ways, 1 Node und 56 Relationen verwendet. Folgende Tags hängen oft auch noch an irrigated=-Objekten: 4420 landuse=, 3143 source=, 2516 note=, 2290 clc:code=, 761 crop= und weitere Tags. [1]

Nach einem Blick in den Overpass-Turbo war schnell klar, dass trotz fehlender Dokumentation irrigated=* das Tag meiner Wahl wird. Also schaute ich mir die Values von irrigated=* genauer an (Taginfo, Datenstand gestern):
3151 no
1133 yes
139 center_pivot
1 drip [das stammt von mir]

clc:code=* war schon ein Hinweis – meistens stammt dieses Tag aus den Corine-Landcover-Imports, eine Reihe an Imports aus den CORINE-Datensätzen zur Landnutzung. In Finnland wurde i.d.R. irrigated=no getaggt. [2] In der Region Veneto in Italien wird irrigated=* auch verwendet. Dort stammt es aus einem manuellen Import (vermutlich WMS-Abzeichnen) amtlicher Daten (Bots kleben keine Flächen an Straßen :slight_smile: ). irrigated=no wurde dort nicht verwendet.

In den Weinbergen, um die es mir ging, wurden im Winter 2013/14 Schläuche für die Tröpfchenbewässerung installiert. Das Wasser stammt aus dem “Wäschbrunnen” in Hausen a.d.Z., der laut Gerüchten 11 l/s “schütten” soll und wird über eine Leitung in die Gewanne Fröschberg, Brennerle, Förtrich, Winterhälde und weitere Gewanne gepumpt, welche abwechselnd bei Sommertrockenheit bewässert werden.

irrigated=yes war mir zu simpel. In Anlehnung an irrigated=center_pivot habe ich irrigated=drip erfunden. Das ist vom englischen drip irrigation (Tröpfchenbewässerung) abgeleitet. Und da ich eine Hang zu Details habe, bin ich heute Morgen die Hälfte der bewässerten Fläche mit dem Rad abgefahren und habe geschaut, welche Weinbergsparzellen genau an der Bewässerungsgemeinschaft teilnehmen (das sind mehrere Dutzend Bewirtschafter und eine dreistellige Zahl an Grundstückseigentümern). Das erfolgte mit meinem Garmin und zur Kontrolle durch Zählen der Weinbergszeilen von markanten Objekten (Weinbergshäuschen, Wegkreuzungen, …) aus. Temporäre Brachflächen (Weinberge werden meist alle 25 bis 40 Jahre gerodet und neu gepflanzt) habe ich als bepflanzt betrachtet, aber das ist eine eigene Diskussion.

Mit den gewonnen Erkenntnissen habe ich dann aus einem großen Weinbergsmultipolygon Dutzende kleine Flächen erstellt, weil alle paar Grundstücke einer nicht an der Gemeinschaft teilnimmt und seinen Weinberg nicht bewässert. Diese Bewirtschafter haben meist auch keine andere Bewässerungstechnik installiert.

Das Ergebnis visualisiert diese Overpass-Abfrage. Es werden nur Weinberge im Overlay gerendert. Weinberge ohne irrigated=* werden weißlich, mit Bewässerung grünlich und ohne gelblich gerendert.

Neben Tröpfchenbewässerung gibt es noch weitere Bewässerungsarten:

  • center_pivot wird vor allem in ariden Gebieten eingesetzt und schafft runde grüne Felder
  • Überkronen-Beregnung wird bei niederen Kulturen (Gemüse, Wiesen, Fußballplätze) eingesetzt. Im Obstbau setzt man es zur Frostschutzberegnung ein, aber das ist für mich keine Bewässerung, sondern dient dem Schutz vor Spätfrösten.
  • Unterkronen-Beregnung mit Mikrosprinklern. Funktioniert wie Überkronen-Beregnung, aber mit kleineren Radien (ca. 2 m) und auf Kniehöhe. Einsatz im Weinbau (ganz selten, meine Familie hatte eine Anlage bis letztes Jahr, dann haben wir den Weinberg aufgrund von Wachstumsstörungen gerodet) und Obstbau. Irgendwo müssten im Archiv meiner Eltern noch Fotos von 1997, 2003 und 2004 herumliegen.
  • Fluten von Feldern (ein besserer Name fällt mir nicht ein). Ziemlich einfaches und uraltes Verfahren.

Nicht immer ist die Bewässerungstechnik fest installiert. Beim Ackerbau (Gemüse, Kartoffeln) sind oft nur die Leitungen entlang der Wege fest installiert. Die Rohre und Sprinkler werden immer wieder auf- und abgebaut, da diese sonst bei manchen maschinellen Arbeiten im Weg lägen. Hier muss man sich in der Gegend auskennen, am Wegesrand nach Schächten suchen und auf herumliegende Bewässerungsrohre achten oder zur passenden Jahreszeit einfach spazieren gehen oder Rad fahren.


Bild: Am rechten Bildrand liegen schon die Bewässerungsrohre bereit. Auf der Fläche werden oft (Früh-)Kartoffeln angebaut, diese werden zur Bewässerung und bei Spätfrösten beregnet. Foto: Mapillary/changchun1, CC-BY-SA

Ich lade hiermit alle ein, mit dem Tag irrigated= bei landwirtschaftlichen Nutzflächen die Bewässerungstechnik zu erfassen.*

Man kann neben der Bewässerungstechnik auch noch die Art der Wasserzufuhr erfassen. Bei Tröpfchenbewässerung kann man zwischen einer zentralen Wasserversorgung (Rohrleitungen entlang von Wegen, durch die von einem Speicherbecken das Wasser in die Parzellen gepumpt wird) und einer Versorgung durch Tankwagen, die dann solange (u.U. mehrere Stunden) an der Parzelle stehen, bis sie leer gelaufen sind, unterscheiden. Ich habe noch nicht genau darüber nachgedacht, wie man das taggt.

Viele Grüße

Michael

PS Wer nicht bewässern kann, der ruft den Rasenfärber. (Video auf Deutsch, englischsprachiges Video)

[1] Kurios: 12 building=, 1 was:landuse=
[2] ich habe nicht gezielt nach irrigated=yes in Finnland gesucht, das war ein flüchtiger Eindruck

Gehört IMO nicht in die Datenbank.

Hundekottütenspender auch nicht. Braucht doch keiner. Die Kacke verrottet auch von alleine. :slight_smile:

Im Ernst, die Information, ob eine Parzelle bewässert wird/werden kann oder nicht, kann man vor Ort überprüfen. Dazu sind weniger Fachkenntnisse nötig als für diverse Spielereien im Eisenbahntagging. Es gibt auf dem Markt Karten, die diese Information darstellen. Mir fällt dazu der Schulatlas von Klett ein. Dort wurden bewässerte Flächen hellgrün dargestellt, darüber die Kultur (z.B. Obst, Südfrüchte) als Symbol-Signaturen. Aus rechtlichen Gründen kann ich leider kein Bild hier einbinden.

Wenn sie Landschaftprägend sind, von weiten sichtbar als Orientierung dienen können, sollten sie auf jeden fall erfasst werden…

z.B. im Luftbild sichtbar:

http://binged.it/1ht1DmX

Sven

Für Bewässerungsleitungen, die ortsfest und oberirdisch sichtbar sind, gibt es schon Tags. Die von mir beschriebenen Zuleitungen bis zur einzelnen Parzelle laufen unterirdisch, weshalb ich sie beim Verlegen nicht gemappt habe.

OSM konzentriert sich wegen des S immer ziemlich arg auf Siedlungen. Dazu gehört auch die Kulturlandschaft (also die vom Menschen geprägte Landschaft). landuse=farmland ist ziemlich oberflächlich. Leider ändert sich hierzulande auf vernünftig bewirtschafteten Flächen jährlich die Kultur (Sonderkulturen wie Spargel, Hopfen, Wein, Obst, … ausgenommen) – auch Fruchtwechsel genannt. Deshalb mappe ich nicht mit crop=* die Kultur (z.B. Weizen, Mais, Zuckerrüben, Gerste, Kartoffeln, Roggen, …). Ich könnte es nicht aktuell halten.

:laughing:

Wieviele Monate geben wir der Waldecke noch?

–ks

Sehr, sehr viele Jahrzehnte… Ich glaube nicht, daß sich die Landeswald-Revierförsterei von ihrem Forsthaus trennen wird… Da würde nähmlich die Bewässerung voll drüberfahren… (das einzelne Gehöft im Wald)

:smiley: Sven

Da steht nen Haus drinnen, d.h. vermutlich noch etwas länger :slight_smile:

Ich finde die Frage nach der Bewässerungsanlage viel interessanter. Denn auf dem Schrägluftbild/Vogelperspektive ist davon nichts (mehr) zu sehen.

och, der nutzwert der info ist größer als straßen als flächen zu mappen :stuck_out_tongue:

grüße von lutz

Wem oder was schadet es denn?

bliebe die Frage, wann das Schrägluftbild aufgenommen ist… aus meiner Kenntnis der Ecke und dem Gefühl nach, ist das Schrägluftbild sehr viele Jahre älter als die 2012 Bing-Befliegung. Auch jüngere LGB-Befliegungen zeigen deise Anlage: http://bb-viewer.geobasis-bb.de/?zoom=8&lat=5763159.42802&lon=425977.36569&layers=00B0FFFFF0000FFFFTFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFTTTF

Sven