Schreiben des BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V

Das Foto sollte verdeutlichen, dass (lebenrettende) Hydranten jederzeit gut auffindbar sein sollten. Georg hat das mit seinem Kommentar ja auch nochmal klar gemacht. Insofern kann man über den Geheimhaltungsansatz des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V nur den Kopf schütteln.

Für mich stellt sich allerdings die Frage, wer denn überhaupt die öffentlichen OSM-Hydrantendaten nutzt? Wenn ja, wie und in welcher Form? Und wäre es nicht prinzipiell besser, die den Feuerwehren intern vorliegenden Hydrantendaten zu verwenden?

Gruß Klaus

Seht ihr den Unterschied zwischen “Wenn ich an jedem einzelnen Hydranten vorbeifahre kann ich mir ein Netz der Trinwasserversorgung nach 5 Jahren sowieso zusammenreimen!” und “Mit einer einzelnen Abfrage kann ich übers Internet das ganze Netz abfragen!” echt nicht?

Nicht das ich den Aktionismus von KRITIS da sinnvoll fände, aber es ist halt ein Unterschied ob die Daten analog und räumlich verteilt oder digital zentral vorhanden sind.

Auf der diesjährigen FOSSGIS wurde ein Projekt vorgestellt mit dem dynamisch Einsatzkarten für die freiwillige Feuerwehr aus OSM-Daten generiert werden. Die Karten werden dabei für jeden Einsatz automatisch anhand der jeweiligen Einsatzmeldung generiert. Das Verfahren ist nicht perfekt aber ein großer Fortschritt. Bis dahin gab es nur statische Karten für wenige, besonders gefährdete Objekte und ansonsten hatte man keine Ahnung was einen erwartet und musste das erst vor Ort durch Augenschein in Erfahrung bringen. Den ganzen Vortrag gibt es hier:

https://www.youtube.com/watch?v=1__IjaP1EY8

Natürlich sind die Daten so einfacher nutzbar, das ist ja auch Sinn der Sache. Die Frage ist:

Sind offen ersichtliche Daten über Objekte in der Öffentlichkeit überhaupt rechtlich schützbar? Bisher zum Glück für OSM nicht, aber das wäre auch sehr absurd.

Ist es für gezielte Angriffe auf die Trinkwasserversorgung wirklich nötig, alle Hydrantenstandorte zu kennen? Braucht man dafür wirklich Informationen, die sich nicht mit vertretbarem Zeitaufwand auskundschaften lassen, insbesondere wenn man bedenkt, dass schon für einfache Einbrüche Häuser wochenlang ausgekundschaftet werden.

Es ist völlig illusorisch anzunehmen, man könnte Infrastruktur schützen, indem man öffentlich sichtbare Informationen geheim hält und darauf vertraut, dass die niemand sammeln und zusammen führen kann. So ein Denken ist in der analogen Welt der 90er beheimatet. In 5 Jahren kauft man sich einfach eine billige 360°-Kamera, montiert die auf dem Autodach, fährt einmal die Hauptstraßen im Viertel ab und lässt die Analysesoftware drüber laufen und schon hat man alle Hydrantenstandorte mit wenigen Stunden Aufwand => Sicherheit im Eimer.

Wir können nur alle zu unser Sicherheit hoffen der BDEW erkennt möglichst früh, dass er auf dem Holzweg ist und macht sich frühzeitig über ernst zunehmende Sicherheitsmaßnahmen Gedanken. Sonst wird er es wohl auf die harte Tour lernen müssen.

Sehr interessant! Vielen Dank für den Link!

Sehr schwieriges Thema - was mappen wir? Konsens herrscht darüber, dass das, was wir mappen, (idealerweise vor Ort) verizierbar sein soll und von ausreichender Lebensdauer. Aber auch darüber hinaus scheint sich die Community freiwillige Selbstbeschränkungen aufzuerlegen, um beispielsweise den Freizeitspaß anderer (keine Geocaches), eine bedrohte Art (keine Adlerhorste) oder Opfer von häuslicher Gewalt (keine “geheimen” Frauenhäuser) zu schützen.

Ausser dem BDEW sind in der letzten Zeit zum Beispiel auch ein Schützenverein (“bitte unseren Schießstand im Wald löschen, sonst bricht da einer ein”) und das britische Militär (“was können wir tun, damit unser Munitionsdepot nicht auf der Karte erscheint”) bei uns vorstellig geworden. In beiden Fällen haben wir nicht gelöscht und stattdessen argumentiert, dass die Information ohnehin öffentlich ist.

Zumindest bei dem Schießstand im Wald ist es natürlich schon ähnlich wie bei den Hydranten - jeder, der vorbeiläuft, sieht den Schießstand, aber erst durch OSM wird eine Abfrage “gib mir mal alle Schießstände im Wald fernab von Straßen und Bebauung, damit ich nachts in Ruhe einbrechen kann” möglich. Ich teile die Ansicht, dass eine Sicherheit, die auf “es weiss ja keiner” fußt, keine Sicherheit ist - besser, man geht davon aus, dass alle wissen, wo der Schießstand ist, und baut halt eine ordentliche Alarmanlage ein. Aber ich verstehe auch, wenn Leute sich Sorgen machen, und manchmal muss man vielleicht wirklich den Nutzen gegen die Risiken abwägen.

Bei den Hydranten und der örtlich sogar begeisterten Nutzung durch die Feuerwehren allerdings scheint mir der Ausgang einer solchen Abwägung offensichtlich.

Bye
Frederik

Ein sehr gutes, weil schlechtes Beispiel*. Reale Aggressionen gg. Schiessstände und/oder Jäger sind meiner langjährigen Erfahrung im ländlichen Umfeld nach weit geringer als Aggressionen ggü.Wanderern und Joggern etc. VON den Schiessständen aus.
Insofern glaube ich, dass eine Karte bspw. “aggressiven Tierschützern” oder richtigen Kriminellen herzlich wenig nützt. Ich bin bisher von Aggressionen verschont geblieben, aber ich kann versichern, dass ich im Traum nicht drauf käme einen Schiessstand aufgrund von OSM- oder anderen öffentlichen Daten anzusägen. Sondern aus persönlichen direkten Gründen gegen echte reale Personen und nicht irgendwelche anonyme Jäger.

Und zum Thema noch: Wasserentnahme(!)stellen sind für Kriminelle genauso Bullshit. Wenn ich als Krimineller was reissen wöllte, dann ääh, brauche ich keine Entnahmestelle sondern gehe an die Quelle. Wenn das wer merkt, geschenkt, giftiges oder kein Wasser ist kein wirklich signifikanter Unterschied und 'ne Talsperre vergiften ist mit Abstand was der wirklich einfacheren Übungen.
Man muss isch einfach mal Gedanken machen, wie man signifikant oder terroristisch oder wie auch immer einen Hydranten sinnvoll sabotieren kann. Mir fällt da genau nix nachhaltiges ein.

  • schlechtes Beispiel übrigens auch, weil nicht nur OSM voll von “bösen” Daten ist. Ich kann mir auch (und nicht nur bei OSM) eine Liste an Autobahnbrücken holen, wo ich unauffällig und mit gutem Fluchtweg Backsteine auf die Strasse werfen kann.

Fazit: Wir mappen nicht nur keine Jägerstände und keine Hydranten mehr sondern machen unseren Laden einfach zu Edit[1].

P.s. das hab ich so ähnlich woanders schonmal geschrieben.

Nachtrag: [1] anders gefragt: was sind denn unverfängliche Daten? Ein einzelner Baum irgendwo aufm Feld? Da mach ich als Terrorist 'ne Abfrage und säg den um, habterdavon. Sonst noch was, was ich real nicht irgendwie sabotieren kann?

Ich glaube, hier liegt ein Mißverständnis vor. Mit “Schießstand” meinte ich eine Einrichtung, in der das Schießen auf Pappscheiben o.ä. geübt wird und in der oftmals auch Waffen und Munition für die Mitglieder des Schützenvereins gelagert werden. Das Bedrohungsszenario ist hier nicht “Tierschützer sägen uns an”, sondern “Kriminelle beschaffen sich auf einfache Weise Schusswaffen”. Wovon Du redest, das ist ein Hochsitz.

Bye
Frederik

Die ja sicherlich in einem alarmgesicherten Tresor mit SMS-Benachrichtigung gelagert werden. Ein einfacher Waffenschrank wäre an einem abgelegenen Ort ja schon grob fahrlässig. :wink:

Letztlich haben wir es mit zwei Irrtümern zu tun.
Irrtum 1: “Geheimhaltung von (Geo)Daten schafft Sicherheit.” Dies ist falsch weil zum einen Einrichtungen wie Frauenhäuser, Schießstände und Hydranten genutzt werden soll und damit nicht vollständig geheim gehalten werden können.
Irrtum 2: “Geheimhaltung von (Geo)Daten schafft keine Sicherheit.” Dies ist falsch, denn Geheimhaltung erschwert den Missbrauch oder schafft einen Zeitraum in dem ein Missbrauch unwahrscheinlich ist.

Der BDEW ist dem Irrtum 1 verfallen, während wir als Verfechter von freiem Daten eher dem Irrtum 2 verfallen.

Davon unabhängig müssen wir darauf beharren, dass wir “Sicherheit durch Geheimhaltung” nicht unterstützen. Andernfalls glaube ich, dass sich Haftungsrisiken gegenüber OSM und gegenüber einzelnen deutlich erhöhen.

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