Map what's on the ground

Hier im Forum habe ich nun schon mehrfach Interpretationen (zuletzt hier) des Grundsatzes Map what’s on the ground gelesen, die darauf hinauslaufen, den Grundsatz als “Only map what’s on the ground” zu lesen.

Lese ich mir den Grundsatz (sowohl in englischen Original als auch in der deutschen Übersetzung) durch, dann besagt diese Regel jedoch allein, dass wir uns im Zweifelsfall für den vor Ort sichtbaren Namen entscheiden, nicht aber, dass es irgendwie verpönt oder “falsch” wäre, “unsichtbare” Dinge zu mappen.

Woher kommt die strengere Interpretation?

Die Liste der Pseudo-Grundsätze läßt sich durchaus noch verlängern:

  • Only map what’s on the ground.
  • Wir mappen nicht für Renderer.
  • Wir mappen nicht für Router.

Die Pseudo-Grundsätze werden oft angeführt, um gemappte Sachverhalte zu rechtfertigen oder zu diskreditieren. Je nachdem was gerade benötigt wird.

Gruß Klaus

Die Grundsätze haben schon ihre Berechtigung, man beachte aber die kleinen Unterschiede:
“Only” dazugefügt.
Wir mappen nicht (sinngemäß weggelassen: falsch) für den Renderer/Router/…

Das ist halt eine Meinung innerhalb der Community, die von ihren Anhängern gebetsartig gepredigt wird. Ich finde das stumpf, da einige Dinge auch immer wieder hinterfragt werden sollten. Ob solche Meinungen von der Mehrheit vertreten werden, wird gar nicht berücksichtigt.

Das ist aber ein Problem das ich auch bei anderen Open Source Projekten sehe. Es wird unterschiedlich ausgelegt was für Zielsetzungen und Philosophien für ein Projekt gelten und wichtig sind. Ist OSM ein Projekt für eine Datenbank oder doch mehr? Ist die Hauptseite osm.org wirklich nur zur Visualiserung der Daten für Mapper? Steht OSM in Konkurrenz zu anderen Kartenanbietern? Durch Proposals kann man neue Tags einführen oder gilt bedingungslos “erstmal taggen”, damit es sich durchsetzt? Sind Importe böse?
Das werden viele Mitglieder unterschiedlich beantworten, teilweise sogar konträr.

Jeder sollte seine eigene Meinung vertreten dürfen, aber Missionare sind anstrengend. Wenn man sich das Wiki anschaut, dann zeigt sich auch, dass die jeweiligen Verfasser ihre Meinung gerne mit einbringen (da wird unterschieden zwischen “Normalen Mappen” und “Armchair Mapping”, das natürliche mehrere Nachteile hat. Dass es auch Vorteile gibt wird außen vor gelassen).

Die Ideen für die sie stehen haben ihre Berechtigung. So etwas verkürzt darzustellen ist unpräzise und teilweise sogar falsch. Natürlich mappen wir auch für den Renderer, da wir konsistente Tags wählen, die anerkannt sind und damit für Renderer auswertbar sind. Wir mappen auch nicht für einen einzigen Renderer, das Konzept muss generalisiert bleiben. Natürlich darf nicht missbraucht werden, dass einige Tags dargestellt werden, um “falsche” Attributierung vorzunehmen, sodass etwas auf eine bestimmte Art und Weise dargestellt wird. Das alles kann man in so einen Stichpunkt reininterpretieren oder eben auch nicht.

Wo siehst du einen Unterschied in der “Strenge” der Interpretation?

Die “on the ground-rule” besagt wohl ursprünglich, das wir uns beim Mappen von Dingen bei Konflikten an das halten, was “on the ground” auf Schildern steht/sichtbar ist. Sie sagt nichts darüber aus, ob wir ein Objekt überhaupt mappen wollen.

Die “only whats on the ground”-Regel würde beinhalten, das wir nur die Objekte mappen, die man auch on the ground sehen kann. Das wäre also strenger, weil es Aussagen darüber treffen würde, welche Objekte wir haben wollen, und nicht nur wie wir sie im Konfliktfall attributieren.

ich bin übrigens für beide Regeln und undogmatische Auslegung, tendierend aber zur strengeren “only”-Regelung. Aber undogmatisch.

Ich würde die Auslegung nicht auf die Spitze getrieben sehen. Es gibt Vereinbarungen wie bestimmte Dinge zu mappen sind, daran soll sich grundsätzlich gehalten werden. Gibt es bei einzelnen Tags Auslegungsmöglichkeiten, dann sollten diese Grundsätze zur Anwendung kommen.
Wir mappen was wir sehen, bezieht sich m.E. z.B. auf den Namen, steht am Schild XY, dann sollen wir XP mappen, auch wenn im Adressbuch AB steht. Dies halte ich z.B. bei Firmenschildern etc. für fragwürdig und im Einzelfall für überdenkenswert.
Genauso wie die Aussage, dass wir nicht für Renderer mappen, trifft z.B. beim ÖPNV (highway=bus_stop) schon nicht zu.
Die Aussage, wir mappen nicht für Router sollte auch nur in den Fällen gelten, in denen ein Tag dem “wiki” vollkommen entgegenläuft. Z.B. sollen Kreisverkehre nicht gestückelt werden, andererseits gibt es einen Kreisverkehr, der mit unterschiedlichen Spuren und Abbiegespuren innerhalb des (ampelgeregelten!!) Kreisverkehrs beim Routing völlkommen daneben hauen würde, da hierin auch turn:lanes angegeben werden.

Also man sollte diese Regeln “mit Augenmaß und Verstand” beachten.

Es könnte aber auch sein, dass das Bedürfnis, die Sache für den Renderer oder Router hinzubiegen, darauf hinweist, dass mit dem Tagging Sachverhalte nicht berücksichtigt werden, die für Nutzer (neuerdings) relevant sind.

Du hast recht dass die “on the ground” Regel das nicht so eng sagt. Es gibt aber zzt. wohl keinen griffigeren Begriff?

Eine Suche im **englisch **Wiki ergab folgende Aussagen zu “was gemappt wird”:

Map_Features “OpenStreetMap represents physical features on the ground (e.g., roads or buildings) using tags attached to its basic data structures (its nodes, ways, and relations)”
Features "In OpenStreetMap, a feature is a physical element in the landscape that can be mapped. This can include both natural and man made objects, but OpenStreetMap is all about mapping real and current features of the real world. We don’t include opinionated data like ratings, historical or hypothetical features. "
Any_tags_you_like “Entities in the OpenStreetMap database should relate to some geographical property or object with geographical qualities”
Good_practice “Do also not map objects if they are not there anymore because such features can not by verified.”
Good_practice “Things such as local traffic rules should only be mapped through the objects which represent these rules on the ground, e.g. a traffic sign.”

Ich verdeutliche das gern noch einmal an einem Text-Beispiel:

Aus der Aussage “Ortsnamen von Schildern (…) werden (…) so eingegeben, wie sie auf den Schildern stehen” kann nicht ohne weitere restriktive Auslegung zu der Aussage “Wir mappen nur das, was man vor Ort sehen kann” gekommen werden. Wesentlich ist dabei das Wort “nur” im zweiten Zitat. Dies fügt der ersten Aussage eine neue Semantik hinzu. Wenn Du das erste Zitat liest (noch deutlicher wird es, wenn Du Dir den Kontext der ersten Zitates vergegenwärtigst) wird klar, dass aus der “Im Zweifel entscheiden wird uns für die vor Ort sichtbare Variante”- Aussage nicht geschlussfolgert werden kann, dass eine Sichtbarkeit (vor Ort) Voraussetzung für das Mappen schlechthin ist. Dazu bedarf es einer engeren, strengeren Auslegung - für die es weiterer Argumente oder Grundsätze bedürfte.

Okay, das ist ein interessanter Ansatz, wie man zu einer strengeren Auslegung kommen kann. Aus diesem Kontext heraus ist für mich nachvollziehbar, wie jemand zu der strengeren Auslegung kommen kann - man darf dann halt nur nicht mit dem (alleinigen) Hinweis auf “map what’s on the ground” argumentieren.

Mit persönlich (um auch einen Standpunkt zu beziehen) wäre das allerdings zu einengend. Ich halte z.B. Routen des ÖPNV oder Telefonnummern von Geschäften für sinnbringende Informationen in einer Karte. Sie dürften dann aber nicht eingezeichnet werden, weil wohl kaum einer Straße “vor Ort” anzusehen ist, welche Buslinie auf ihr verkehrt.

Die physischen Objekte sind zwar die Basis, wären aber allein viel zu wenig für ein sinnvoll nutzbares GIS.
Schon ein Wald ist ein virtuelles Gebilde: Vor Ort stehen nur Bäume.

Damit wird es erst möglich, ein sinnvolles System zu erstellen.
Was aber (und vor allem was nicht) geografisch orientierte Eigenschaften sind, darüber lässt sich trefflich streiten.

An der Haltestelle steht ein Schild mit der Busnummer. Nach der strengen only-Regel dürften wir jetzt nur das Schild mappen, und nicht die Straßenwege, über die der Bus fährt. Daher bin ich ja für die undogmatische Auslegung der Regeln. Im Grunde sind wir halt doch ein freies Projekt.

So war das “vor Ort” nie gemeint.

Wie ein Bus fährt, kann man sich vor Ort anschauen. Die Telefonnummer eines Geschäfts steht auf der Quittung, wenn man dort einkauft. Alles on-the-ground mapping.

Was aber zum Beispiel nicht damit vereinbar ist, sind irgendwelche Planungen von Straßen, die irgendwann mal gebaut werden oder auch nicht. Das kann man sich nämlich vor Ort nicht ansehen, es gibt keinerlei Hinweise darauf.

Dann fallen aber Dinge wie die Staatsgrenzen (von allem über AL4 garnicht erst angefangen) auch da raus. Die sind im Schengen-Raum auch nicht so, das man die überall sieht. Trotzdem brauchen wir sie auf jeden Fall.

Bei Grenzen (und auch bei den Postleitzahlen) macht man, soweit ich weiß, eine Ausnahme. Die sind zwar, abgesehen von vereinzelten Grenzsteinen, auch nicht sichtbar, aber für eine Straßenkarte absolut wichtig.

Geplante Strassen sind prima, vor allem wenn der Verlauf klar is. Jemand hat möglicherweise die korrekten Informationen und trägt diese ein. Wenn man jede Strasse erst einmalen würde, wenn sie da ist (oder günstigenfalls in Bau), da fiel in der Vergangenheit meiner Erfahrung nach recht viel hinten runter. (Und, ja, mittlerweile geht das mit zunehmender Mapper- und Navi-besitzerzahl schneller)
Ich nutze für proposed gerne Notes, aber das is auch nich optimal, da die nich jeder täglich liest…
Mist sind imho Renderer wie Mapnik, die proposed übelst prominent anzeigen, bspw.: http://www.openstreetmap.org/note/283375#map=16/50.8810/11.8492&layers=N das braucht kein Mensch…

Bei diesem Beispiel wird besonders deutlich, dass die “Map what’s on the ground” Regel teilweise sehr stark von der bewährten OSM-Praxis abweicht.

Ansonsten dürfte es z.B. Access-Tags oder maxspeed nicht geben. Statt maxspeed=30 müßten wir etwas in der Art “weißes rundes Schlild mit rotem Rand und schwarzer Beschriftung 30” taggen. Das daraus eine zulässige Höchstgeschwindigkeit wird und nicht z.B. die Mindestgeschwindigkeit ist rein die Interpretation des Schildes aufgrund der StVO. Auch die Ausdehnung der Beschränkung ergibt sich rein aus StVO.

Auch footway, cycleway und motorway dürfte es nicht geben, da sie auch nur durch lokale Rechtslage definiert. Das was man für einen Radweg hält, könnte bei entsprechender Rechtslage z.B. auch ein Fahrweg für Paketzustellung per Elektrokarre sein.

Statt Fahrspuren dürfte man nur die Fahrbahnmarkierungen erfassen, denn das man sich nicht z.B. mittig über der Linie fahren soll, ergibt sich erst als Interpretation nach StVO.

Man mag argumentieren, dass man manches statt aus der Rechtslage aus einer Verkehrsbeobachtung ableiten kann. Dann wäre aber z.B. maxspeed=70 in so mancher Tempo-30-Zone und bicycle=yes auf so manchem beschilderten Fussweg realitätsnäher.

Die Regel “Don’t map your local legislation, if not bound to objects in reality” sollte zumindest in Form ihrer jetzigen Beschreibung verworfen werden. Die Regel selbst könnte man ggf. beibehalten, sofern man durch die Gesetzgebung definierte Flächen (wie z.B. Naturschutzgebiete), Linien oder Punkte als reales Objekt ansieht. Die Fläche z.B. ist ja durchaus in Realität vorhanden, nur Ihre Begrenzung ist in Realität oft nicht erkennbar.
Oben geschilderte Problematik bezüglich nötiger Interpretationen nach StVO betrifft nur die derzeitige Beschreibung und nicht die Regel selbst, denn die StVO ist natürlich an die Straßen als Objekte gebunden.

Da die Regel “Map what’s on the ground” nun offenkundig nicht “Only map what’s on the ground” bedeutet - die Diskussion hier zeigte ja deutlich, dass anders argumentieren werden müsste, wenn dieses Ziel erreichen werden wollte - bedarf es noch nicht einmal einer “Ausnahme”.