Längst abgerissene Bahnstrecke löschen oder verbessern?

Hallo,

ich bräuchte da mal Feedback zu einer Sache, bevor ich was mache das man vielleicht nicht machen sollte :wink:

Im Rhein-Lahn-Kreis gab es mal eine Kleinbahn, betrieben von der Nassauischen Kleinbahn AG (siehe auch Wikipedia-Artikel und Route 1765740 in der OSM). Diese wurde vor ein paar Jahrzehnten still gelegt und alle Gleise demontiert.

Auf einigen Teilen des alten Bahndamms befinden sich mittlerweile Radwege, auf anderen verlaufen Feldwege. Es gibt jedoch auch einige Stellen, an denen absolut nichts mehr von der Strecke vorhanden ist, z.B. weil sich dort mittlerweile Wohngebiete, Straßen, usw. befinden.

Trotzdem wurde die Strecke auch an solchen Stellen in die OSM eingezeichnet, z.B. die Linien 226801106 und 379484835, und mit raylway = abandoned getaggt.

Natürlich ist es nett in der OSM die Information eingetragen zu haben, dass da mal ne Bahn war; aber was bringt das wenn man vielleicht höchstens noch bei Archäologischen Ausgrabungen was davon findet?

Vor allem aber: Was bringt das, wenn diese Linien in miserabelster Qualität eingezeichnet wurden? Quer durch damals schon existente Häuser, aber dafür nicht über Brücken die man noch heute sehen kann, weit weg von einem früheren Bahnhof (siehe auch Kartenfehler Nr. 236105) und - besonders nervig beim Mappen - zusätzlich parallel zu den bereits gezeichneten Wegen die heute stellenweise auf dem Bahndamm verlaufen (zum Glück gibt es Filter in JOSM), also sinnloser Weise doppelt.

Ich vermute fast, dass da jemand von einer recht groben Karte abgezeichnet hat - ein GPS-Track, Bing oder die aktuellen Daten der OSM konnten da jedenfalls nicht als Orientierung gedient haben, leider bekomme ich in JOSM die Quelle nicht angezeigt.

Nun habe ich im Forum quer gelesen und bin auf verschiedene Meinungen gestossen, die die mir am meisten zusagt ist: Wenn es in Realität nicht mehr existiert dann sollte es raus, schließlich sind auch gelöschte Daten noch in der Datenbank archiviert. Allerdings las ich auch, dass man sehr vorsichtig sein sollte, wenn man etwas löscht, weil jeder etwas anderes für wichtig hält und außerdem, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das was ich lösche jemand anderes wieder einträgt.

Was mache ich da nun am besten?

Das schlechteste und letzte, was man tun sollte, ist löschen.

Irgendjemand hat die Linie erfasst und hatte vielleicht nicht so gute Quellen. Du könntest also die Streckenführung verbessern und das Tagging ggf. anpassen (wenn die Linienführung sichtbar ist aber die Gleise weg: railway=abandoned)

Siehe: http://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Key:railway

Es gibt durchaus auch historische Informationen in OSM, auch wenn es Leute gibt, die das heftig abstreiten, siehe z.B. www.historic.place. Und es gibt eine Menge Eisenbahnenthusiasten, die sich auch auch für ehemalige Streckenführungen interessieren.

Gruß,
Zecke

Das Wiki sagt zu railway=abandoned

http://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Tag:railway%3Dabandoned

Dort wo nichts mehr vom Streckenverlauf erkennbar könnte es demnach also weg.

Die englische Version geht aber noch weiter:

Letzterer Link verweist dann auf folgende Diskussion zu dem Thema:
http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Talk:Railways#Abandoned_railways_where_all_evidence_has_been_removed

Edit: und auf diesen älteren Thead im deutschen Forum: http://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?id=21330

IMO taggen wir was da ist. Wenn man noch Reste sieht kann das gerne getagged werden. Wenn davon aber nichts mehr da ist und die Wege durch Häuser gehen etc. finde ich kann man das löschen.

Ich bin auf jeden Fall für löschen, wenn die Sache längst überbaut ist und daher jeder, der den Editr an der Stelle aufmacht, um das Wohngebiet zu mappen, erst mal einen “WTF-Moment” hat, weil er sich über eine Bahnstrecke wundert, die quer durchläuft (“wusste gar nicht, dass hier eine U-Bahn ist?”).

Wenn man als “Experte” noch Überbleibsel der Strecke sehen kann - Böschungen, vielleicht mal ein Bahnsteig usw. - dann kann man es stehen lassen (einigen ist sowas sehr wichtig), aber ich persönlich bin eher ein Freund davon, das zu mappen, was da ist (die Böschungen und den Bahnsteig) anstatt das, was man aufgrund dieser Begebenheiten mutmaßt.

Bye
Frederik

Auf jeden Fall lassen.

Auch sollte man bei der Aussage

vorsicht walten lassen. Ein eingefleischter Eisenbahnfan hat eine andere Sicht auf die Dinge und erkennt Spuren und Reste, die andere nicht sehen.

Die Kartenanwendung, die das auch auswertet: OpenRailwayMap

wird mittlerweile in anderen Foren: z.B. DrehscheibeOnline recht gut genutzt. Eben weil es hier diese Möglichkeit gibt.

Sven…

Es gibt aber auch “Datennutzer” die ehemalige Strecken darstellen: OpenRailwayMap ( http://www.openrailwaymap.org/?lang=de&lat=50.98805921090644&lon=13.637243807315826&zoom=18&style=standard ) Hier ist z.B. die Verbindung zwischen Kesselsdorf und Grumbach “verloren” gegangen. Es handelt sich ja auch meist um historische Strecken, die eventuell einen Wanderweg haben und durch Tafeln begleitet sind. Ich würde diese Informationen nicht löschen.

Ich würde in diesen Fällen den Wanderweg mappen (der da ist) und nicht die Eisenbahn (die nicht mehr da ist).

Bye
Frederik

Wenn das aber dazu führt, dass die DrehscheibeOnliner jetzt plötzlich eine Chance sehen, endlich das Eisenbahnnetz von 1924 in Deutschland zu rekonstruieren, dann sollte man dem rechtzeitig Einhalt gebieten :wink: wenn irgendwas nur verifizierbar ist, indem ich im Eisenbahnmuseum die alten Pläne angucke, dann muss für die Daten eine andere Heimat als OSM gefunden werden.

Bye
Frederik

Nun die Nutzung auf DSO ist allgemein zu sehen… nicht nur auf alte Strecken begrenzt… Auch bei Neu- und Umbauvorhaben er Bahn wird mittlerweile auf die OpenrailwayMap verlinkt.

Sven

Oha, also ist das Thema etwas komplizierter.

Um es nochmal klar zu stellen: Ich meine die Stellen an denen die Strecke weg ist. und was ich mit “weg” meine ist definitiv weg (überbaut, nicht mehr sichtbar, wie auch immer … weg).

Zum Beispiel:
Hier befindet sich ein Wohngebiet wo einst die Strecke war, weiter südlich (über die Industriestraße hinaus, dazwischen ist der Bahndamm jedoch sichtbar) wurde aufgeschüttet und ein Tennisplatz drauf angelegt, im Anschluss daran (noch etwas südlich) ist ein Asphaltwerk, durch dessen Bau mehrere Meter Erdreich - inkl. Bahndamm - abgetragen wurden. Hier befindet sich die Landstraße, im weiteren Verlauf die Bundesstraße auf der alten Strecke, hier ebenfalls ein Wohngebiet.

Sicher mag ein eingefleischter Eisenbahnfan auch Karten von früher haben, deren Lizenz eine Übertragung in die OSM erlaubt, aber sollen in der OSM wirklich nicht mehr existente Dinge erfasst werden? Immerhin sind Teile der Strecke schon auf den Karten der Landesvermessungsämter von 1953 nur noch als Böschung nicht aber mehr als Bahnstrecke vorhanden.

Ich würde gern hingehen und würde, wie woodpeck es sagt, den Wanderweg eintragen und der Route “Nassauische Kleinbahn” hinzufügen) und die (aufgrund der Ungenauigkeit) parallel geführte Strecke in diesem Bereich entfernen. An Stellen an denen noch etwas im Gelände sichtbar ist würde ich die Linie mit railway = abandoned stehen lassen und soweit ich den Verlauf kenne verbessern, aber nicht der Route hinzufügen.

Tja, und dann lese ich im von TEL0000 verlinkten Thread, dass in der Wikipedia so nicht mehr vorhandene Bahnstrecken dokumentiert werden - ok, also lass ich die Finger von der Strecke.

Nun möchte ich aber doch wissen wo man die Grenze zieht?

Bei mittelalterlichen Handeslrouten? Abgerissenen Gebäuden? Grenzen alter Herzogtümer oder des römisches Reichs (mal von sichtbaren Resten des Limes abgesehen)?

Ja ich weiß, das ist jetzt etwas provokativ ausgedrückt aber irgendwie finde ich es seltsam, dass auch nicht mehr vorhandenes drin bleibt und nicht einfach über die Versionierung geregelt wird - also wenn man löscht dann isses weg, wenn man es wieder sehen will dann schaut man eben in die Chronik.

Naja man kann in JOSM ja filtern :wink:

OSM ist eine Datenbank für viele unterschiedliche Interessengruppen - Autofahrer, Eisenbahnfreunde, Inlineskater, Mountainbiker, ÖPNV-Benutzer, Segler. Jede Interessengruppe hat ihre Bedürfnisse und das umfasst manchmal auch unsichtbare Wege zur Vervollständigung eines geschlossenen Netzes - z.B. Fähren, ohne die es kein Routing geben kann. Bei stillgelegten Eisenbahnstrecken gibt es manchmal einen unsichtbaren Zwischenabschnitt, der aber für die Geschlossenheit des Netzes wichtig ist.

OSM ist eine Datenbank mit einer API und das minimiert den technischen Aufwand zur Instandhaltung. Wenn jede Interessengruppe ihren eigenen Datenbankserver betreiben müsste, dann wäre der Schulungs- und Wartungsaufwand dafür sehr groß und die Redundanz (stillgelegte Eisenbahn und Radweg) sehr hoch.

Deshalb ist es die Aufgabe des Datennutzers, diejenigen Daten aus der großen Datenbank herauszufiltern, die seinen Anforderungen entsprechen. Es gibt bei allen Daten unterschiedliche Qualitätsniveaus - Straßen, deren Name mit dem offiziellen Straßenverzeichnis übereinstimmt, fehlende Hausnummern (eine Ordnungswidrigkeit, die 250 Euro kostet), inoffizielle Ortsbezeichnungen und Informationen aus der Lokalzeitung. Es bringt nichts, mehr als eine Million Nutzern ein einheitliches Niveau in Bezug auf Quellennutzung vorzuschreiben - das ist kaum kontrollierbar und bleibt deshalb eine theoretische Richtlinie.

Nötig wäre eine Art Qualitätslevel für jeden einzelnen Datensatz:
0 = in OSM eingetragen
1 = per Literatur nachprüfbar
2 = per Luftbild überprüft
3 = vor Ort überprüft
4 = durch amtliche Quellen bestätigt

Dann könnte jeder Datennutzer sich diejenigen Daten heraussuchen, die seinen Anforderungen entsprechen, ohne die anderen Datennutzer (durch Löschungen) zu beeinträchtigen.

Wenn ich ganz viel Zeit hätte würde ich als erstes die Strecke dem alten Verlauf anpassen und als stillgelegt taggen. Im zweitem Schritt würde ich mir überlegen, was ich mit den überbauten Abschnitten mach. Durch dieses Vorgehen kann man ggf. durch OSM Archäologie den Verlauf rekonstruierten.
Und wenn ich keine Zeit hätte, würde ich es lassen wie es ist.

Wie wäre es mit einem neuen Schlüssel für alles, was mal war aber heute nicht mehr vorhanden ist, z.B. oldstuff:railway “da war mal eine Eisenbahn” oder oldstuff:romean “wenn man hier gräbt, könnte man römische Steine finden”, vielleicht sogar sowas am roten Platz in Moskau: oldstuff:aeroway “hier ist M.Rust gelandet”
Voraussetzung ist, dass die Server durch die vielen neuen Daten nicht überlastet werden.

Hallo chkalch,

tagg sie doch als railway=razed (das ist eine Stufe unter abandoned).

Wo man nichts, wirklich nichts, (d.h. keine Baumreihe, keinen Damm, keinen Einschnitt, …) mehr sieht, befürworte ich als Eisenbahnmapper die Löschung.

Viele Grüße

Michael

Wäre es nicht sinnvoller, für historische Objekte eine zweite Datenbank zu betreiben?
Damit wären alle Konflikte beseitigt und man könnte neben historischen Bahnstrecken auch ehemalige Straßen, Kanäle, Dörfer, Fabriken und Bergwerke erfassen.
Für die wenigen Nutzer historischer Daten dürfte die Einbindung einer zweiten Quelle kein großes Problem sein.
Die Idee wurde vermutlich schon diskutiert, aber ich konnte gerade keine Referenz finden.

Fälle wie die da will ich nicht in der Datenbank haben. Da wird einfach eine ehemalige Eisenbahnlinie quer durch ein Einkaufszentrum gezogen. Das ist einfach nur verwirrend.

Ja, aber der Relativismus darf nicht so weit gehen, dass wir nicht mehr existiernde Objekte mappen. Die gehören in ein separates Projekt. Nur weil viele unterschiedliche Interessengruppen gern eine praktische Datenbank hätten, um ihre Partikluarinteressen irgendwie auf einer Karte sichtbar zu machen, heisst das nicht, dass wir OpenStreetMap für alles hergeben sollten oder werden.

Dinge, die nicht mehr existieren, haben keinen Platz in OSM, Punkt. Wenn dann eine Gedenktafel aufgestellt wird “hier stand mal ein Haus”, dann mappen wir die Gedenktafel, nicht aber das Haus. Wenn die Bahnschienen durch einen Fahrradweg ersetzt werden, dann mappen wir den Fahrradweg und nicht die Bahnschienen.

Jeder, der etwas anderes will - ein Projekt für historische Daten zum Beispiel - der kann die OpenStreetMap-Software benutzen und sich mit Gleichgesinnten eine eigene Datenbank aufsetzen, so wie es z.B. die Leute von OpenHistoricalMap tun.

Bye
Frederik

Leider habe ich noch nie eine logische, nachvollziehbare Erklärung für diese Aussagen gelesen.
Und wo Punkt und Pasta uns in Deutschland hingebracht haben sehen wir ja…

grüße von Lutz

Das sorgt nur für Chaos, etwa wenn jemand jetzt anfangen würde, die historische Altstadt Frankfurts vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg einzuzeichnen. Da wüsste keiner mehr, was jetzt aktuell und was historisch ist; die Karte würde faktisch nicht mehr wartbar werden.