Hallo,
ich weiß nicht mehr, wer mich letztes Wochenende auf dem Hackweekend in Karlsruhe auf das Paper “Ableitung eines routingfähigen Bahnnetzes aus nutzergenerierten Gleisdaten (OpenStreetMap) durch Generalisierung” im DGPF Tagungsband 23/2014 zur “Gemeinsame Tagung 2014 der DGfK, der DGPF, der GfGI und des GiN” hingewiesen hat. In dem Paper wird erklärt, wie man aus den Gleisbündeln, die man in Bahnhöfen und auf mehrgleisigen Strecken hat, routingfähige Graphennetze erzeugt, bei denen es pro Strecke nur einen Graphen (und nicht zwei oder noch mehr parallele) gibt. Ein Beispiel für so eine Anwendung sei das DB-Zugradar. Aber der Inhalt des Papers sei hier nicht relevant, sondern die Personen, die es veröffentlicht haben und der indirekt dahinter stehende Konzern. Zwei der Verfasser, Robin Giese und Hermann Vogt, arbeiten laut Fußnote bei Hacon. Hacon ist die Firma, die die Fahrplanauskunftssysteme (und vermutlich noch viel mehr dahinter) für die Deutsche Bahn AG entwickelt. Also ein Stück weit so etwas wie Mentz, bloß mit der DB als Großkunde.
Schluss mit dem Gerede um den heißen Brei, ich komme zur Sache. Im DB-Zugradar findet man generalisierte Eisenbahnstrecken und ich vermute, dass diese Daten aus OSM stammen. Beweisen können wir das nur mit unseren eigenen Easterggs. Eastereggs sind Fehler in den Daten, die kein anderer hat. Kartenverlage nutzen solche Eastereggs oder Trap Roads, um Urheberrechtsverletzer zu überführen.
Die Deutsche Bahn nutzt an vielen Stellen OpenStreetMap, aber meistens handelt es sich um nicht-öffentliche Dienste wie das interne GIS. Die einzigen, mir bekannten Ausnahmen sind der Infopoint zur Schnellfahrstrecke Leipzig/Halle–Erfurt und ein Stadtplan im Berliner Hauptbahnhof. Extern (lies: Open-Data) und auch intern ist die Bahn sehr knausrig und geheimtuerisch, was die Herausgabe von Daten betrifft. Da ist es kein Wunder, dass die Entwickler des Zugradars auf die Idee kommen, OSM als Datenquelle zu benutzen. Selbst im Paper ist die Rede von
Nicht mal den “eigenen Leuten” gibt man Zugang zu den eigenen Daten. Wer mehr über den Umgang der Bahn mit ihren Daten wissen möchte, dem sei die OSMDE029 OSM Talk: User Bigbug21 und die Eisenbahn empfohlen.
Dass die Bahn OSM nutzt, aber nichts zurückgibt, ärgert mich ein wenig. Solang das aber rechtlich ok ist, habe ich damit kein Problem damit. Sollte sich jetzt aber herausstellen, dass im Zugradar OSM-Daten stecken, dann ist eine korrekte Anwendung der ODbL-Lizenz das Mindeste. Diese fordert die Nennung von OSM und die Freigabe der abgeleiteten Daten (also besagte generalisierte Graphen) unter der ODbL. Mir fehlen gerade die Kenntnisse, um auf die Schnelle ermitteln zu können, ob das Graphen-Overlay aus Vektor- oder Rasterdaten besteht. Wenn es Vektordaten sind, wäre die Forderung nach der Weitergabe der Daten erfüllt.
Derzeit habe ich nur einen Beweis. Südlich des Bahnhofs Trebbichau (eigentlich ein Haltepunkt) gibt es einen deutlichen Fehler in der Gleislage in OSM. Südlich des Bahnübergangs gibt es zwischen den beiden Seen einen Versatz von ca. 26 m quer zur Gleisachse. Weiter nördlich gibt es einen Versatz von ca. 16 m. Das ist ziemlich viel. Wenn man im DB-Zugradar nun so weit wie möglich heranzoomt, stellt man fest, dass es dort denselben Fehler gibt.
Ein Blick in die History verrät, dass die Strecke im Januar 2011 von den alten Bing-Bildern abgezeichnet wurde. Diese hatten gerne mal nennenswerte Lagefehler und waren schlechter aufgelöst. Eine Interpretation, welches Gleis das Hauptgleis im Bahnhof dieser eingleisigen Strecke ist und welche Gleise noch in Betrieb sind war schwerer als heute. Die Bing-Bilder in dieser Gegend zu dieser Zeit wurden etwa um das Jahr 2001 bis 2003 aufgenommen. Im letzten Jahrzehnt wurden in Deutschland hunderte Kilometer an Überhol- und Ausweichgleisen stillgelegt und abgebaut.
Mein Gefühl sagt mir, dass das nicht der einzige Ort ist, womit wir die DB überführen können. Ich bitte euch daher, mir zu helfen. Schaut euch in OSM Bahnstrecken außerhalb von Ballungsgebieten (d.h. mapperarme Gegenden) an. Sucht nach Fehlern in der Lage, falschen Knicken usw. Eingleisige Strecken dürften mehr Treffer bringen. Ich schätze, dass wir in Ostdeutschland mehr Treffer haben werden als im Westen.
Eine lustige Seite hat dieser Fall auch. Besagte Strecken Köthen–Aken ist zwar noch im Eigentum der DB, wird aber mittlerweile von der Deutschen Regionaleisenbahn betrieben. Das stand bis heute Abend nicht in den OSM-Daten.
Falls ihr Strecken findet, die schon lange nicht mehr von DB-Zügen befahren oder von DB Netz betrieben werden, aber im Zugradar angezeigt werden, dürft ihr diese mir gerne melden.
Viele Grüße
Michael